Allgemeiner Politik-Thread

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Strich
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von Strich »

Nimmt irgendein Jurist die PKS ernst?
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FKN993
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von FKN993 »

Strich hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 15:46 Nimmt irgendein Jurist die PKS ernst?
Also die Beteiligtenzahlen und die ethnischen Differenzierungen müssen ja irgendwo herkommen? Der Deckel und oder das Etikett ist in dem Zusammenhang doch nicht so wichtig? Entscheidend ist doch mehr welchen Aussagewert man ihr zubilligt? Zumindest liegt er für mich darin, dass diese erfassten Zahlen nicht willkürlich zustande gekommen sind. Welche Schlussfolgerungen man daraus zieht, ist für mich eine andere Frage.
Iriss
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von Iriss »

Strich hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 14:34 Hier ist mir irgendwie ein Post abhanden gekommen ^^
@Famulus: Ich meine, dass es keinen messbaren Effekt von Filterblasen und Echochambers gibt. Die Macht von social media zu medialen "Aufhetzung" der Bevölkerung wird wahrscheinlich regelmäßig überschätzt. Das zeigen wohl auch alle Untersuchungen zu dem Thema. Ich weiß, ist kontraintuitiv aber das war mein letzter Stand. Es gab dazu auch ne Kurzgesagt-Folge, wenn ich mich richtig erinnere.
..undFacebook-Zuckerberg,Musk-X-Trump-Truth! Bildzeitung,Fox-News- machen das alle nur zum Spaß.
Nein sie haben Interessen
Es entstehen Parallelwelten.Die liberale Demokratie wird demokratisch abgeschafft.
Zuckerberg will jetzt endlich die echte Meinungsfreiheit.
Wie kam es zum Brexit?
Wie schon geschrieben hier, die demokratischen Parteien diffamieren ihre Vorschläge gegenseitig-manchmal allein aus parteipolitischen Gründen,davon profitiert die AfD.
Und das Rezept der AfD wurde treffend von Prof. Piper erkannt.
Ihre Lösungen sind ganz einfach, aber entweder völlig unterkomplex oder eben nicht verfassungskonform.
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von FKN993 »

"Ihre Lösungen sind ganz einfach, aber entweder völlig unterkomplex oder eben nicht verfassungskonform:"

Das ist ein wichtiger Punkt: "https://www.youtube.com/watch?v=dRO5V6p1dns"
Man muss sich mal die Kommentarspalte durchlesen. Aber die unterkomplexen oder einfachen Lösungen begeistern die Menschen aber sehr. Und zwar so sehr, dass sie ständig blaue Herzchen schreiben? Unglaublich! Sie haben mit diesem Unfug eine richtige Fanbase kreiert.

Stichwort: Nicht verfassungskonform
Das ganze Parteiprogramm, zumindest habe ich das alte gelesen, ist übersät mit angestrebten Grundgesetzänderungen. Dass das so ist, ist für mich ein Ausdruck der bloßen Dummheit und Respektlosigkeit diesem Land und dieser Verfassung gegenüber. Die würden ja, wenn sie denn könnten, wirklich überall die Axt anlegen. Da das apriori aber der Mehrheiten wegen nicht umsetzbar ist, frage ich mich, was sowas soll?

Unterm Strich: Es sind plumpe Störenfriede. Und ich denke auch, dass diese Feindseligkeit ihr gegenüber indirekt und zugleich ungewollt auch sehr stark zu ihrem Erfolg beigetragen hat. Hätte man mit Ruhe und Gelassenheit auf sie reagiert, vielleicht hätten sie dann nicht medienwirksam so stattgefunden, dann hätte man sie selbst nicht so sehr bestärkt in ihrer Selbstwahrnehmung. Solche Versuche wie Art. 18, 21 GG gegen sie ins Feld zu führen, oder diese behauptete Wannseekonferenz, waren unglaublich gutes Marketing. Das Unwort des Jahres namens "Remigration" haben sie ja jetzt sogar im Programm stehen. Das kann man ja nur als offene Provokation verstehen.

Dieser Konflikt verläuft inzwischen so unreif: Das liegt auf dem mutmaßlich unterstellen Niveau der Kommentarspalte. Hilfe!
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von Strich »

FKN993 hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 15:57
Strich hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 15:46 Nimmt irgendein Jurist die PKS ernst?
Zumindest liegt er für mich darin, dass diese erfassten Zahlen nicht willkürlich zustande gekommen sind.
Ja da wäre ich schon raus.
Beispiel: Beschuldigter fährt ohne Fahrerlaubnis Auto, weil er das weiß und die Polizei täuschen will, tackert er auch noch ein falsches Nummernschild ans Auto. Versichert ist das Ding nicht. Auf dem Fahrtweg kollidiert er mit mehreren Straßenbegrenzungspfosten (Schaden 2.000 €) und fährt davon. Betrunken war er auch, 1,0 ‰.

Was meinst du, wieviele Straftaten, oder "besser", Akten das für die Polizei und für die StA sind?
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von FKN993 »

Strich hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 17:13
FKN993 hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 15:57
Strich hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 15:46 Nimmt irgendein Jurist die PKS ernst?
Zumindest liegt er für mich darin, dass diese erfassten Zahlen nicht willkürlich zustande gekommen sind.
Ja da wäre ich schon raus.
Beispiel: Beschuldigter fährt ohne Fahrerlaubnis Auto, weil er das weiß und die Polizei täuschen will, tackert er auch noch ein falsches Nummernschild ans Auto. Versichert ist das Ding nicht. Auf dem Fahrtweg kollidiert er mit mehreren Straßenbegrenzungspfosten (Schaden 2.000 €) und fährt davon. Betrunken war er auch, 1,0 ‰.

Was meinst du, wieviele Straftaten, oder "besser", Akten das für die Polizei und für die StA sind?
Wollte nur darauf hinaus auszudrücken, dass es eine bestimmte Bevölkerungsgruppe gibt, die wirklich überproportional im Vergleich zu einer anderen Gruppe häufig mit der Polizei in Kontakt gerät. Und dieser Trend nimmt erkennbar zu seit einer bestimmten Jahreszahl. Und diese Entwicklung lässt sich jedenfalls nicht so einfach vom Tisch wischen und genau das greifen sie letztlich auch ständig auf. Will man es aus ihrer Sicht verübeln? Inzwischen sind es aber fast zehn Jahre: Und ich würde behaupten, dass diese Partei ein Problem wieder an die Oberfläche gebracht hat, was zuvor sicher nicht in diesem Ausmaß so existierte.

Klarstellend: Ich persönlich habe grundsätzlich nichts gegen Zuwanderung. Wollte damit nur sagen, dass auf solchen Zahlen die Argumentation dieser Partei entsprechend aufbaut. Das ist ja ihr Nährboden, um ständig und andauernd diese Ressentiments zu schüren. Damit hat sie ja augenscheinlich den größten Erfolg, denn abgesehen davon, wüsste ich sachlich nämlich wirklich nicht, was sie ansonsten wählbar machte?
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von KMR »

FKN993 hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 17:39
Strich hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 17:13
FKN993 hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 15:57
Strich hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 15:46 Nimmt irgendein Jurist die PKS ernst?
Zumindest liegt er für mich darin, dass diese erfassten Zahlen nicht willkürlich zustande gekommen sind.
Ja da wäre ich schon raus.
Beispiel: Beschuldigter fährt ohne Fahrerlaubnis Auto, weil er das weiß und die Polizei täuschen will, tackert er auch noch ein falsches Nummernschild ans Auto. Versichert ist das Ding nicht. Auf dem Fahrtweg kollidiert er mit mehreren Straßenbegrenzungspfosten (Schaden 2.000 €) und fährt davon. Betrunken war er auch, 1,0 ‰.

Was meinst du, wieviele Straftaten, oder "besser", Akten das für die Polizei und für die StA sind?
Wollte nur darauf hinaus auszudrücken, dass es eine bestimmte Bevölkerungsgruppe gibt, die wirklich überproportional im Vergleich zu einer anderen Gruppe häufig mit der Polizei in Kontakt gerät. Und dieser Trend nimmt erkennbar zu seit einer bestimmten Jahreszahl. Und diese Entwicklung lässt sich jedenfalls nicht so einfach vom Tisch wischen und genau das greifen sie letztlich auch ständig auf. Will man es aus ihrer Sicht verübeln? Inzwischen sind es aber fast zehn Jahre: Und ich würde behaupten, dass diese Partei ein Problem wieder an die Oberfläche gebracht hat, was zuvor sicher nicht in diesem Ausmaß so existierte.

Klarstellend: Ich persönlich habe grundsätzlich nichts gegen Zuwanderung. Wollte damit nur sagen, dass auf solchen Zahlen die Argumentation dieser Partei entsprechend aufbaut. Das ist ja ihr Nährboden, um ständig und andauernd diese Ressentiments zu schüren. Damit hat sie ja augenscheinlich den größten Erfolg, denn abgesehen davon, wüsste ich sachlich nämlich wirklich nicht, was sie ansonsten wählbar machte?
Das ist das Problem. Du bist Jurist, du denkst zu rational, du denkst es müsste einen (rationalen) Grund geben, aus dem der gemeine Wähler Partei X seine Stimme gibt. Der Wähler denkt aber nicht rational, Politik ist irrational - rational sind allenfalls dann in Teilen die Entwürfe ausarbeitenden Referenten in den Ministerien, wobei das auch wiederum vom Ministerium abhängt. Ansonsten gäbes es mindestens die Hälfte aller außenpolitischer Probleme nicht. Die Wähler entscheiden zum weit überwiegend Teil nicht rational.
Nicht nach Inhalten, sondern allein nach dem, was sie fühlen, nach Emotionen, völlig egal, ob diese der Realität entsprechen. Alle Industrienationane sind verschuldet, wenn du Bürger fragst, sagen sie alle, dass das schlecht sei etc, gleichzeitig wollen in Wirklichkeit die Leute das. Denn Verschuldung abbauen hieße Sparen (oder Steuern erhöhen, aber das will auch keiner), hieße weniger Geld ausgeben, weniger Leistung in irgendeiner Form, sei es im Rahmen der Leistungsverwaltung, der Subvention, der Infrastruktur, der Sozialversicherung, des Militärs, des Personals oder oder oder. Es ist der Kern der Absurdität der Demokratie. Die funktionierende Demokratie setzt neben der reinen Partizipation eigentlich eine Art aktive/informierte Partizipation voraus, die es - so es sie womöglich mal historisch gab - nicht gibt. Denn letzteres setzt voraus, dass die Bürger, der Souverän, sich mit den gegenwärtigen Problemkomplexen auseinandersetzt, Hintergründe versucht zu verstehen, ggf. Historie, vergleichend andere Staaten betrachtet, die ähnliche Probleme haben oder hatten und gelöst haben usw und darauf basierend sich die Wahlmöglichkeiten anschaut und die Vorschläge, die ihn am meisten als Lösung zu dem Problem überzeugen wählt.. Das macht aber keiner/kaum einer. Der weit überwiegende Teil der Bürger macht das übrigens auch nicht mangels Zeit nicht, sondern schlicht, weil es ihn nicht interessiert, weil er resigniert der Überzeugung ist es habe ohnehin keinen Nutzen/keinen Einfluss, was er wählt/denkt o.ä Es ist schlecht eine Farce. Dass das nicht von Bedeutung ist, siehst du auch in allen Wahlprogrammen. Es wird ein Dutzend Sachen genannt, was alles gemacht werden soll. Niemand äußert sich aber mal ansatzweise, wie das überhaupt ansatzweise finanziell funktionieren soll, die wundervoll seit Monaten propagierten Schlagzeilen zum Bürgergeld regeln das nicht, lassen sich aber gut dem Wähler verkaufen. Massive Einsparungen bei beim Bundeszuschuss zum Müll-Umlagesystem der DRV, der einen Riesenteil der Bundeshaushaltes ausmacht hingegen schon. Aber das kommt wieder beim Wähler emtional schlecht an, denn die Rentner sind eine der wichtigsten Wählergruppen und auch wenn alternative Möglichkeiten zur Rentengestaltung womöglich viel besser wären, ist das denen egal, denn es spricht sie emotional nicht an.
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von FKN993 »

Das würde ich nicht so zurückhaltend formulieren:

Die Funktionsfähigkeit einer repräsentativen Demokratie setzt für mich essenziell und an erster Stelle voraus, dass sowohl eine verstandes- als auch vernunftorientierte Teilhabe der Wähler stattfindet: Unser System geht von einem mündigen einsichtigen Bürger/Wähler aus. Das entspricht im Idealbild dem Menschenbild Kants: Ein freies sozialgebundenes Individuum, was zum vernünftigen Verstandesgebrauch fähig ist. Das Idealbild des Wählers müsste damit folgendes sein:

Aufgrund der garantierten Informationsfreiheit besteht damit quasi eine Obliegenheit für den Einzelnen sich bewusst zu informieren und sich darauf aufbauend in Gebrauch seiner Meinungsfreiheit reflektiert eine Meinung zu bilden. Das tut er idealerweise in einem öffentlichen Raum, frei von staatlichen Einflüssen, und kann dieses reflektiert gewonnene Konglomerat dann im Rahmen seiner Wahlrechts ideal mit seiner Wahlstimme, entsprechend dem Art. 38 GG, in seiner Stimme ausdrücken. In der Gesamtheit wäre das für mich die ideale Repräsentation. Hinzutreten muss aber das Vertrauen einerseits in die Institutionen und andererseits muss der Wählerwille entsprechend geachtet werden. Wenn diese drei Voraussetzungen auch nur ansatzweise erfüllt sind, dann kann man von einer starken und damit funktionierenden Demokratie sprechen.

Sollte es aber so sein, wie du es beschreibst, dann müsste man konsequenterweise sagen, dass das System - zumindest aktuell - gescheitert oder besser erkrankt ist? Nach meinem Verständnis befinden wir uns gerade in einer starken Krise des Parlamentarismus; einer Vertrauenskrise. Muss zugeben, dass ich Bauchschmerzen bekomme, wenn ich Weidels Wahlkampfauftritte verfolge und diese grölende Menge da tobt, wenn sie feststellt, dass die Altparteien ihren Wohlstand zerstört hätten. Die Frau wäre wahrscheinlich sogar in der Lage dazu den Leuten glaubhauft zu machen, dass die Pyramiden von Gizeh eigentlich die ersten Stromgeneratoren waren. Das ist für mich das schlimme. Glaube, dass du wirklich recht hast: Wer A sagt, muss auch B sagen. Das wollen die Leute aber nicht. Wenn das aber tatsächlich der "Massenbefund" sein soll, dann ist derzeitige Befund aber ein anderer als oben beschrieben: In jenem Moment, in dem der Wahlzettel in die Urne gefallen ist, wars das für viele schon? Es ist doch völlig absurd und widersprüchlich: Auf der einen Seite schimpfen die Menschen und fühlen sich unverstanden und nicht abgeholt, wählen Protest, und auf der anderen Seite sind sie nicht bereit sich wirklich einzubringen? Ist der Wähler zu bequem oder verwöhnt? Oder hat er sich letztlich schon so sehr von der Demokratie entfremdet?

Für mich ist letztlich grauenhaft zu ertragen und auszuhalten, wie schnell eine funktionierende Parteidemokratie in Schieflage geraten kann:

"https://www.rnd.de/politik/umfrage-alic ... VISRQ.html"

Das sagt doch eigentlich alles, oder?

Ich finde ja schon das schwierig hier auszuhalten. Die Frage ist jetzt: Wie kommt der Karren wieder aus dem Dreck?
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von KMR »

FKN993 hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 19:48 Das würde ich nicht so zurückhaltend formulieren:

Die Funktionsfähigkeit einer repräsentativen Demokratie setzt für mich essenziell und an erster Stelle voraus, dass sowohl eine verstandes- als auch vernunftorientierte Teilhabe der Wähler stattfindet: Unser System geht von einem mündigen einsichtigen Bürger/Wähler aus. Das entspricht im Idealbild dem Menschenbild Kants: Ein freies sozialgebundenes Individuum, was zum vernünftigen Verstandesgebrauch fähig ist. Das Idealbild des Wählers müsste damit folgendes sein:

Aufgrund der garantierten Informationsfreiheit besteht damit quasi eine Obliegenheit für den Einzelnen sich bewusst zu informieren und sich darauf aufbauend in Gebrauch seiner Meinungsfreiheit reflektiert eine Meinung zu bilden. Das tut er idealerweise in einem öffentlichen Raum, frei von staatlichen Einflüssen, und kann dieses reflektiert gewonnene Konglomerat dann im Rahmen seiner Wahlrechts ideal mit seiner Wahlstimme, entsprechend dem Art. 38 GG, in seiner Stimme ausdrücken. In der Gesamtheit wäre das für mich die ideale Repräsentation. Hinzutreten muss aber das Vertrauen einerseits in die Institutionen und andererseits muss der Wählerwille entsprechend geachtet werden. Wenn diese drei Voraussetzungen auch nur ansatzweise erfüllt sind, dann kann man von einer starken und damit funktionierenden Demokratie sprechen.

Sollte es aber so sein, wie du es beschreibst, dann müsste man konsequenterweise sagen, dass das System - zumindest aktuell - gescheitert oder besser erkrankt ist? Nach meinem Verständnis befinden wir uns gerade in einer starken Krise des Parlamentarismus; einer Vertrauenskrise. Muss zugeben, dass ich Bauchschmerzen bekomme, wenn ich Weidels Wahlkampfauftritte verfolge und diese grölende Menge da tobt, wenn sie feststellt, dass die Altparteien ihren Wohlstand zerstört hätten. Die Frau wäre wahrscheinlich sogar in der Lage dazu den Leuten glaubhauft zu machen, dass die Pyramiden von Gizeh eigentlich die ersten Stromgeneratoren waren. Das ist für mich das schlimme. Glaube, dass du wirklich recht hast: Wer A sagt, muss auch B sagen. Das wollen die Leute aber nicht. Wenn das aber tatsächlich der "Massenbefund" sein soll, dann ist derzeitige Befund aber ein anderer als oben beschrieben: In jenem Moment, in dem der Wahlzettel in die Urne gefallen ist, wars das für viele schon? Es ist doch völlig absurd und widersprüchlich: Auf der einen Seite schimpfen die Menschen und fühlen sich unverstanden und nicht abgeholt, wählen Protest, und auf der anderen Seite sind sie nicht bereit sich wirklich einzubringen? Ist der Wähler zu bequem oder verwöhnt?

Für mich ist letztlich grauenhaft zu ertragen und auszuhalten, wie schnell eine funktionierende Parteidemokratie in Schieflage geraten kann:

"https://www.rnd.de/politik/umfrage-alic ... VISRQ.html"

Das sagt doch eigentlich alles, oder?
m.E. ist das System in der Form gescheitert. Ich halte auch die Parteiendemokratie im Besonderen für ein starkes Problem entgegen jeglichem Idealismus dem die Forschung dem Konstrukt der Partei beizumessen versucht. Alles, was die Staatsrechtler zu Parteien vertreten, mag zwar zutreffen, entsprich jedoch einem Ideal, das in der historischen Entwicklung mal bestand, nicht jedoch heute. In dieser historischen Entwicklung war es aber auch so, dass über einen langen Zeitraum gerade nicht die heutigen Wahlgrundsätze galten; soll heißen, dass lange Zeit wohlhabende und damit nicht selten besser gebildete Menschen allein oder wesentlich mehr (bspw. im preußischen Dreiklassenwahlrecht) Einfluss hatten. Im Grunde würde eine Art Zulassung zur Wahl das Problem lösen können, aber das wäre zum einen schwer demokratisch quasi nicht zu legitimieren. Normaleweise sollte es bei der BTWahl darum gehen, wer gewählt wird / aus wem sich das Repräsentativorgan zusammensetzt. Stattdessen geht es nur noch um die Frage, welche Partei wird gewählt.

Das Verhältnis zwischen Wählern und Repräsentanten ist in Deutschland über dies übermäßig schwach und schlecht. Obwohl es in den USA weniger Repräsentaten gibt bei einem Vielfachen der Einwohnerzahl, gibt es eine wesentlich stärkere Bindung zwischen Representative und Constituents. Der Repräsentant des Wahlkreises (dort ausschließlich Mehrheitswahlrecht) engagiert sich zum einen für Politik, die für seinen Wahlkreis gut ist (vgl. auch der mit der jetzigen Wahl ausgeschiedene Senator von West Virginia Joe Manchin der als Demokrat Klimaregulierungen etc. blockiert hat, weil sein Staat u.a. von Kohle abhängig ist). Zudem berücksichtigen die dortigen Repräsentaten oder deren Büros Anliegen von deren Wählern etc. und unterstützen ggf. bei Problemn. Dort ist es "normal", dass wenn jemand Probleme mit Behörden o.ä. hat, er ggf. sich an seinen Abgeordneten wenden kann, um Unterstützung zu erhalten. Bei uns agieren die Repräsentanten weit mehr der eigenen Partei als ihres - soweit sie ein Wahlkreismandat haben - Wahlkreises verpflichtet. Ja, Art. 38 GG sagt dem Ganzen Volke verpflichtet, das widerspricht sich dennoch nicht. Es gibt eine erhebliche Verselbstständigung der Parteien weit über die ursprünglich vorgesehene Funktion zur Willensbildung hinaus. Wer sich realiter mal mit einer Partei beschäftigt hat, begonnen auf lokaler Ebene, stellt fest, dass ein großes Mysterium von Blödsinn und Ineffektivität ist und nach typisch deutscher Bürokratie müffelt. Das gesamte System ist unfassbar langsam und ineffektiv. Es ist auch schlicht - trotz des Argumentes der produktiven Parlamentsarbeit - nicht nachvollziehbar, weshalb einzig Fraktionen Ausschusstimmrechte erhalten usw. Es ist unglaublich schwierig für Personen außerhalb des Etablissements der Parteien nicht nur in das Legislativorgan einzuziehen, sondern dann auch dort überhaupt etwas anstellen zu können. Es gab erst kürzlich eine kurzen Abschnitt dazu zu dem einzigen Abgeordneten des SSW im Bundestag, der gerne wiedergewählt werden will. Es ist ja total schön, dass diese die dänische Minderheit vertretene Partei geschafft hat einen Abgeordneten entsenden zu können. Allerdings kann er eben ausschließlich beratend tätig sein und hat kein Stimmrecht (in Ausschüssen) und das obwohl er ganz normal demokratisch gewählt wurde. Auch dass nur Fraktionen feste Redezeiten u.ä. haben, warum? Funktionieren andere Parlemente, die derartiges nicht vorsehen signifikant schlechter? Das ist mir nicht bekannt. Weder in den USA, wo es diese Beschränkung nicht gibt (freilich dafür andere, aber das kann hier dahinstehen) noch z.B.: in UK stellt das ein Problem dar. Auch in UK ist die Bindung Repräsentant / Wähler deutlich ausgeprägter.
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von Joshua »

scndbesthand hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 11:53
Joshua hat geschrieben: Montag 13. Januar 2025, 21:42 Das Problem kann man nicht auf luftige Metaebenen des Affektiven "auslagern". Immer mehr Menschen haben die übermäßige Zuwanderung insbesondere aus muslimischen Kulturkreisen satt. Deswegen wählen sie AfD. Die etablierten Parteien haben das Problem einer Sprengung ökonimischer, sozialer, v.a. aber kultureller Integrationsgrenzen konsequent ignoriert - daher tragen sie die Hauptschuld an dem AfD-Aufschwung.
Ich beziehe mich nicht auf „Verantwortlichkeiten“, sondern auf subjektive Begründungsansätze des Wählers. Die, die eine harte Migration über alles setzen, wählen sachbezogen AfD. Dabei wird aber nicht richtig nachgedacht, weil es nie um nur ein Thema gehen kann. Die, die richtig nachdenken, können eigentlich nicht AfD wählen weil sie sich auf vielfacher Ebene schaden: steuerlich, wirtschaftlich, wenn der eigene Arbeitsplatz am Export hängt, außenpolitisch, weil die Politik globaler Unsicherheit Vorschub leistet, als junger Mann, wenn man selbst wehrpflichtig wird etc. Wenn trotzdem AfD gewählt wird, findet eben keine rationale Abwägung mehr statt, sondern es spielen Emotionen die Hauptrolle. Eben Wut und Angst.

Das ist doch einigermaßen einleuchtend? In gutsituierten Gegenden mit Wohlstand, wenig Arbeitslosigkeit, guten Schulen, hoher Eigentumsquote (=wenig Wut und Angst) ist die AfD schwach. In sozialen Brennpunkten mit prekären Verhältnissen, hoher Ubsicherheit und sozialen Konflikten (=viel Wut und Angst) stark.

Deswegen bedient die AfD solche Emotionen auch konsequent. Weil sie von ihr profitiert. Es geht nicht um Lösungen. Lösungen sind schlecht.

Also müssen die Ursachen dieser Emotionen bekämpft werden, was eine überaus komplexe Aufgabe ist.
So, wie du es jetzt formulierst hast, ist es für mich logisch stringent und überzeugend. Heißt: Wenn du das Irrational-Affektive, den emotionalen "Überschuss" der Pro-AfD-Wahlentscheidung darauf beziehst, dass das sachthemenbezogene "Pro" (Migration) nicht objektiv nachvollziehbar (d.h. in Auswertung der anzunehmenden objektiven Interessen des Median-AfD-Wählers) gegen die vielen "Cons" (devotes Einknicken vor dem kalten Globalismus a la Musk; Steuer- und Sozialpolitik, unzreichende Berücksichtigung der Umweltfrage usw.) abgewogen wird, dann haben wir 0,0 Dissens!

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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von FKN993 »

Moment, du würdest in die Allgemeinheit der Wahl eingreifen und das Wahlrecht an bestimmte Voraussetzungen koppeln? Aber das würde das Problem doch nicht lösen: Die Wahlbeteiligung liegt ungefähr stabil im Durchschnitt bei 76 %. Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung (Wer fehlt an der Wahlurne?): Das Ergebnis überrascht eigentlich wenig: In den prekäreren Wohnlagen, dort wird am meisten Links gewählt, wird deutlich weniger gewählt als spiegelbildlich in den besser situierten Gebieten. Wenn Wohlstand aber grundsätzlich mit Bildungsstand korreliert, dann wäre ein entsprechender Eingriff damit am Ziel vorbei; es würde nichts nützen. Also Wahlrechtsprivilegien halte ich für nicht geeignet. Im Gegenteil: Stellte man sich das vor, dann würde man diesen Teil der Bevölkerung bewusst aus der Bevölkerung ausschließen. Einen vergleichbaren Ansatz kenne ich von Dr. Markus Krall, das ist aber ein Neoliberaler: Der wollte das Wahlrecht an das Nettoeinkommen anbinden. Sowas ist schlichtweg sozial nicht vertretbar. Aber rein hypothetisch hielte ich das auch für nicht richtig.

Anderer Betrachtungswinkel: Vielleicht sind wir nur etwas überfordert, um mit der Entwicklung der AfD umzugehen: Auch wenn ich am Bild der Protestpartei so gern festhalten mag, so muss man doch feststellen, dass sie das schon lange nicht mehr ist. Sie ist mittlerweile ein integraler Bestandteil der Bevölkerung, denn schließlich liefert sie in allen Landesparlamenten inzwischen stabile Wahlergebnisse. Anstelle die Kraft auf die Bekämpfung ihrer zu verschwenden, denke schon, dass es Verschwendung ist, und über affige Verbotsverfahren nachzudenken, muss man diese Ergebnisse letztlich mal akzeptieren. Teilweise wird auch noch das Framing der "etablierten Parteien" verwendet: Die AfD ist aber mittlerweile in der Bevölkerung angekommen etabliert und zwar so sehr, dass man über ihr Verbot diskutiert. Wie gesagt: Ich bin unglaublich unzufrieden mit der Lage derzeit: Aber ist die Demokratie wirklich schon jetzt gescheitert, weil einem das Ergebnis nicht gefällt? Wenn Demokratie doch auch bedeutet, dass die Minderheit das Recht haben muss zur Mehrheit zu werden, dann könnte man doch genauso sagen, dass gerade diese "Spaltung" der Gesellschaft eine hohe Funktionalität der Demokratie bescheinigt? Das mag dem einen oder anderen nicht passen, aber Demokratie ist Pluralismus, der auch, so schwer es fällt, respektiert oder zumindest toleriert werden muss.

Mhm, vielleicht müsste man wirklich dort ansetzen, wo es dem Anschein nach fehlt: Vielleicht müsste man über mehr direkte Integrationskonzepte nachdenken?

Vielleicht wäre das denkbar durch parteilose "Bürgermandate" oder "Berufsbezogene Mandate? Drittstimme gefällig? Vielleicht eine Möglichkeit, um mehr politische Integration zu gewährleisten?
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von Joshua »

Um mal zu den demokratischen Diskursgrenzen und ihren Folgewirkungen zurückzukommen:

Polen etwa nimmt so gut wie keine Muslime auf - weder als Arbeitsmigranten noch als Flüchtlinge (ieS).

Siehe hier: https://www.spiegel.de/wirtschaft/sozia ... 21207.html
Und hier: https://www.deutschlandfunkkultur.de/al ... r-100.html

Das Ergebnis:
"Mit einer Anzahl von etwa 30.000 Muslimen in Polen ist das stark katholisch geprägte Land einer der EU-Staaten mit dem geringsten muslimischen Bevölkerungsanteil (weniger als 0,1 %)."

https://de.wikipedia.org/wiki/Islam_in_ ... nd_Belarus

Kein führender deutscher Politiker und kein mir bekannter Journalist ist bisher auf die Idee gekommen, Polen wegen dieser Politik aus der EU werfen zu wollen.

Man lässt hier das harmlos anmutende "Framing" zu, dass es sich eben um ein katholisch-konservativ geprägtes Land handele, dessen durchaus sympathische Bürger sich ihre Idenität bewahren möchten...

Für Deutschland würde das so niemals akzeptiert werden.

Hier wäre der betreffende Wunsch nach Identitätsbewahrung gegen eine in ihren Folgewirkungen als wenig kalkulierbar empfundene Zuwanderung insbesondere aus muslimisch geprägten Kulturkreisen "rechtsradikal" oder gar "nazistisch" (zur Erinnerung: Nazis, das waren die Verbrecher, die 6 Millionen unschuldige jüdische Menschen ermordet haben, womit eine Restriktion der Zuwanderung NICHTS gemein hat).

Wenn man solche Punkte wie eine restriktive Zuwanderung per se dem demokratischen Diskurs entzieht, indem man die betreffenden Positionen in eine Schmuddelecke verbannt, fördert man Demokratieverdrossenheit, Ohnmacht und am Ende die AfD.

PS: Ich finde die polnische Position nicht richtig; mir geht es darum, dass die Grenzen "zulässiger" Positionen im demokratischen Diskus nicht ex ante so verengt werden dürfen, dass bestimmte Bürger sich in die Arme wirklich Radikaler flüchten...

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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von FKN993 »

Joshua hat geschrieben: Dienstag 14. Januar 2025, 22:16
Man lässt hier das harmlos anmutende "Framing" zu, dass es sich eben um ein katholisch-konservativ geprägtes Land handele, dessen durchaus sympathische Bürger sich ihre Idenität bewahren möchten...

Für Deutschland würde das so niemals akzeptiert werden.

Hier wäre der betreffende Wunsch nach Identitätsbewahrung gegen eine in ihren Folgewirkungen als wenig kalkulierbar empfundene Zuwanderung insbesondere aus muslimisch geprägten Kulturkreisen "rechtsradikal" oder gar "nazistisch" (zur Erinnerung: Nazis, das waren die Verbrecher, die 6 Millionen unschuldige jüdische Menschen ermordet haben, womit eine Restriktion der Zuwanderung NICHTS gemein hat).
Genau das meinte ich mit der Verpflichtung zum Gebrauch des Verstandes: Es ist die Fähigkeit (und auch Pflicht) in Begriffen zu denken. Das Framing-Gutachten der ARD hat es doch gezeigt: Framing wird bewusst eingesetzt, um damit in den Diskurs einzugreifen. Dadurch wird eine soziale Angst geschaffen und gleichzeitig wird damit in den Sprachgebrauch und letztlich ins Denken eingegriffen. Ertappe mich selbst oft dabei, dass ich genau überlege, wie ich etwas formuliere. Das nervt mich selbst total. RA Ralf Höcker hat das mal auf den Punkt formuliert: In Deutschland gibt es Meinungsfreiheit, aber sie sei inzwischen mit sozialen Kosten verbunden. Und was kommt dabei raus?

Mir kann niemand erzählen, dass die sprachliche Sensibilität dafür fehlt. Die Leute haben damit aber schnell eine Orientierung. Sie wissen, was sie sagen dürfen. Furchtbar. Es gab mal dieses merkwürdige Urteil: So sehr ich Weidel verabscheue: Sie als "dumme Nazischlampe" zu bezeichnen, war aus Sicht des Gerichts eine zulässige Meinungsäußerung? Angenommen, man würde diesen grünen Minister, inzwischen auch bekannt durch ungewollte Werbung für Kosmetiker, als Birkenstocknazi bezeichnen? Wäre das jetzt schon § 188 I StGB?

Und du siehst doch auch wie extensiv der Begriff "des Nazis", und in vor allem in welchen neuen Sinneszusammenhängen, er heute verwendet wird. Eine absolute sprachliche Perversion, die sich letztlich in einer Verballhornung erschöpft, nichts aussagt und die Bedeutung weg von den Opfern dieses Systems lenkt, außer die Meinung des anderen ad hominem zu verunglimpfen. Für mich ist das Missbrauch zu Lasten der Opfer dieses Systems. Es verharmlost sie auch. Ist Alice Weidel wirklich eine Art Ilse Koch?
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von Strich »

Schön zu sehen, dass die PI-News Debatten von 2009 jetzt auch 2024 hier angekommen sind.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
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Re: Allgemeiner Politik-Thread

Beitrag von KMR »

Strich hat geschrieben: Mittwoch 15. Januar 2025, 10:38 Schön zu sehen, dass die PI-News Debatten von 2009 jetzt auch 2024 hier angekommen sind.
Ich musste gerade erstmal schauen, was das heißt.

Dieser Kommentar ist jedoch in keiner Weise hilfreich. Vielmehr unterstreicht er die mittlerweile bestehende Kultur des politischen Diskurses in Deutschland, bei dem gerne sofort auf rechtsextrem verwiesen wird, sobald es um Themen geht, die typischerweise mit diesem Millieu assoziiert werden.

Wir (gut, jedenfalls manche von uns) arbeiten bekanntlich gern rechtsvergleichend auch um Lösungen eigener Probleme zu finden o.ä. Das funktioniert auch für gesellschaftliche Probleme. Eine interessante Feststellung/Erkenntnis beim Vergleich mit dem Einwanderungsland schlechthin: den USA.

Die USA haben große Einwanderungsströme - auch rechtswidriger Art. Der größte Teil der Zuwanderer ist wohl mexikanisch-lateinamerikanischen Hintergrundes, die bekanntlich weit überwiegend katholisch und/oder konservativ geprägt sind. Mit Ausnahme typischer Probleme mit Einwanderung (zitiere den bekannten Slogan "Sie klauen unsere Jobs") gibt es jedenfalls kulturell-religiös wenig Probleme und das obwohl die USA gesellschaftlich überwiegend außerhalb der Metropolen noch deutlich religiöser sind als Deutschland und überwiegen protestantisch geprägt sind, insbesondere der Süden ("bible belt"). Auch die USA haben eine nicht unerhebliche muslime Einwanderungsgruppe. Diese unterscheidet sich jedoch erheblich von der in europäischen Staaten aus verschiedenen Gründen: Sowohl in Nord- als auch Südamerkika gibt es keine muslimisch geprägten Staaten, das heißt die meisten Menschen mit solchem Hintergrund sind georgraphisch gezwungen entweder eine lange (teure) Schiffsreise oder einen (teuren) Langstreckenflug dafür anzutreten. Das führt dazu, dass es sich bei den meisten Muslimen (nicht allen, aber dem größeren Teil) um höhere Bildungsschichten etc. handelt. Gleichzeitig macht diese geographisch Distanz die USA auch weniger attraktiv als Ziel irgendwelcher Fanatiker, da es eben teuer und aufwendig ist, da überhaupt hinzugelangen. Nach Europa und Deutschland kann man über den Landweg (obschon je nach Ausgangsort etwas umständlich) oder den Seeweg über das Mittelmeer, bei dem es ausreicht X km zu schaffen und dann zufälligerweise als schiffbrüchig zu enden und gerettet zu werden - das klappt bei einer Reise über den Atlantik nicht.


Wenn Deutschland einen polnischen Kurs fahren würde, was soll denn irgendjemand dagegen machen? Jedenfalls mittlerweile gäbe es in der EU eine Gruppe, die groß genug, dass sie überhaupt nichts dagegen hat, sondern das eher begrüßen würde. Die Verbündeten Deutschlands haben auch alle kein Problem damit. Der einzige der aufschreien würde ist Pro Asyl und der wohlhabende Progressivismus. Das hier trifft es so gut https://www.youtube.com/watch?v=dUyM-va ... Vmcw%3D%3D
https://www.youtube.com/watch?v=yKiwp9T ... Vmcw%3D%3D

Der moderne Progressivismus ist in gewisser Weise reine Reflektion eines überbordenden Wohlstandes von bestimmten Teilen der Gesellschaft. Eine Perversion, bei der die Wohlhabenden Schichten in der "Wahnvorstellung" leben, dass sie unterdrückt würden und allen so gut gehen solle wie ihnen. Das ist jedoch dadurch bedingt, dass sie selbst es nicht anders kennen. Derjenige, der den Wohlstand geschaffen hat, bspw. der ursprüngliche Gründer des erfolgreichen Familienunternehmens o.ä., hat in der Regel eine ganz andere Einstellung dazu, derjenige weiß, was es erfordert hat, was er geopfert hat, weiß, was er leisten musste und was er dafür bekommen hat. Man sieht es in jeder Diskussion auch um Sozialabgaben, Steuern etc. Es ist eine progressive Forderung solche zu steigern oder weitere Einkünfte dazu heranzuziehen und etwas das nicht jemand fordern würde, der selbst weiß wie er dieser Belastung daran gehindert wird überhaupt Einkünfte zu generieren. Es ist das gleiche Phänomen wenn man das Thema der 1st, 2nd und 3rd generation immigrants betrachtet, das gerade in UK immer wieder ein Thema auch in der Forschung war. Die erste Generation (Gastarbeiter u.a.) sind in der Regel recht integriert und assimilliert, für sie war das selbstverständlich das sie alles geben um Teil ihrer neuen Gesellschaft zu werden, soweit möglich. Die zweite Generation hat diese Werte noch von den Eltern erlebt und kennengelernt, hat mitbekommen wie schwer es ist und versucht es für ihre Kinder einfacher zu machen. Die dritte Generation hingegen hat diesen Bezug nicht mehr und eine deutlich ausgeprägtere Tendenz zu (regiliösem) Fanatismus, Gewaltbereitschaft und sonstigem destruktivem Schwachsinn.
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