Mietminderung bei zwischenzeitlich behobenem Mangel zu Beginn des nächsten Monats?

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Guradon
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Mietminderung bei zwischenzeitlich behobenem Mangel zu Beginn des nächsten Monats?

Beitrag von Guradon »

Hey Leute,

kurze Verständnisfrage:


Wenn am 10. eines Monats ein zur Mietminderung berechtigender Mietmangel auftritt und dieser dann vom Vermieter nach 14 Tagen zum 24. des Monats behoben wird, kann die Minderung dann anhand der darauf folgenden Mietzahlung durchgeführt werden oder müsste das Geld anhand der am Anfang des ersten Monats getätigten Mietzahlung zurückgeholt werden?

Das Zurückholen wäre aufgrund des 814 BGB nur möglich, wenn ich

1. Die Miete unter Vorbehalt überwiesen habe
2. Der Vermieter auch tatsächlich das Geld zurückzahlt, andernfalls müsste ich prozessieren.

Die Möglichkeit des "Zurückholens" erscheint mir unbillig, da ich als Mieter erwartungsgemäß wohl eher den Rechtsweg bestreiten muss um an mein Geld zu kommen. Andererseits steht überall geschrieben, dass eine rückwirkende Mietminderung grds. nicht möglich ist. Ich gehe davon aus, dass damit konkret mein Beispielsfall gemeint ist.


Wäre für eine kurze Aufklärung dankbar :)
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Schnitte
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Re: Mietminderung bei zwischenzeitlich behobenem Mangel zu Beginn des nächsten Monats?

Beitrag von Schnitte »

Die Miete ist ja für den Zeitraum des Mangels kraft Gesetzes gemindert. Wenn sie bereits in vollem Umfang bezahlt ist, besteht für den zuviel gezahlten Betrag ein Bereicherungsanspruch, und der wird dann gegen die nächste Miete aufgerechnet. Jedenfalls wird das in der Praxis ganz überwiegend so gemacht.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

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Torsten Kaiser
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Re: Mietminderung bei zwischenzeitlich behobenem Mangel zu Beginn des nächsten Monats?

Beitrag von Torsten Kaiser »

Guradon hat geschrieben: Donnerstag 16. Januar 2025, 12:12 Hey Leute,

kurze Verständnisfrage:


Wenn am 10. eines Monats ein zur Mietminderung berechtigender Mietmangel auftritt und dieser dann vom Vermieter nach 14 Tagen zum 24. des Monats behoben wird, kann die Minderung dann anhand der darauf folgenden Mietzahlung durchgeführt werden oder müsste das Geld anhand der am Anfang des ersten Monats getätigten Mietzahlung zurückgeholt werden?

Das Zurückholen wäre aufgrund des 814 BGB nur möglich, wenn ich

1. Die Miete unter Vorbehalt überwiesen habe
2. Der Vermieter auch tatsächlich das Geld zurückzahlt, andernfalls müsste ich prozessieren.

Die Möglichkeit des "Zurückholens" erscheint mir unbillig, da ich als Mieter erwartungsgemäß wohl eher den Rechtsweg bestreiten muss um an mein Geld zu kommen. Andererseits steht überall geschrieben, dass eine rückwirkende Mietminderung grds. nicht möglich ist. Ich gehe davon aus, dass damit konkret mein Beispielsfall gemeint ist.


Wäre für eine kurze Aufklärung dankbar :)
Du kannst dir dann die zuviel gezahlte Miete aus dem Monat zurückholen, in der die Miete gemindert war. Das hat nichts mit "Rückwirkung" oder so zu tun.
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Schnitte
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Re: Mietminderung bei zwischenzeitlich behobenem Mangel zu Beginn des nächsten Monats?

Beitrag von Schnitte »

Ich habe die Aussage, eine rückwirkende Mietminderung sei grundsätzlich ausgeschlossen, auch noch nie gehört. In Konstellationen wie dieser kann der Mieter die zuviel gezahlte Miete durchaus kondizieren oder diesen Anspruch gegen die nächste Mietzahlung aufrechnen. Wenn es den Grundsatz „eine rückwirkende Mietminderung ist grundsätzlich ausgeschlossen“ gibt, muss damit etwas anderes gemeint sein.
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Re: Mietminderung bei zwischenzeitlich behobenem Mangel zu Beginn des nächsten Monats?

Beitrag von Torsten Kaiser »

Schnitte hat geschrieben: Freitag 17. Januar 2025, 10:55 Ich habe die Aussage, eine rückwirkende Mietminderung sei grundsätzlich ausgeschlossen, auch noch nie gehört. In Konstellationen wie dieser kann der Mieter die zuviel gezahlte Miete durchaus kondizieren oder diesen Anspruch gegen die nächste Mietzahlung aufrechnen. Wenn es den Grundsatz „eine rückwirkende Mietminderung ist grundsätzlich ausgeschlossen“ gibt, muss damit etwas anderes gemeint sein.
So ist das.
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Torquemada
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Re: Mietminderung bei zwischenzeitlich behobenem Mangel zu Beginn des nächsten Monats?

Beitrag von Torquemada »

Die ältere Rechtsprechung (vgl. m.w.N. das Urteil des BGH vom 16. Juli 2003 - VIII ZR 274/02 [BGHZ 155, 380, 389 = NJW 2003, 2601]) ist durchaus verbreitet dahin verstanden worden, eine "rückwirkende Mietminderung" sei bei vorbehaltloser Mietzahlung im Hinblick auf § 814 BGB (und den analog anzuwendenden § 539 BGB a.F. = § 536b BGB) i.d.R. ausgeschlossen.

Im Urteil vom 4.9.2018 - VIII ZR 100/18 [NJW-RR 2018, 1483 Rn. 9 f.] hat sich der BGH davon aber auch hinsichtlich des § 814 BGB distanziert; die Analogie zu § 536b BGB hatte der BGH schon 2003 verworfen.
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FKN993
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Re: Mietminderung bei zwischenzeitlich behobenem Mangel zu Beginn des nächsten Monats?

Beitrag von FKN993 »

§ 814 BGB anzuwenden wäre mMn auch realitätsfremd. Verursachend für solche berechtigten Rückforderungen ist doch letztlich nur die Rechtsunsicherheit. Wenn der Mieter fahrlässig unangemessen die Miete mindert, dann gerät er doch in Verzug. Ohne es zu wissen: Das ist mit Sicherheit schon in die Hose gegangen.
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