Meinungen?

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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FKN993
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Meinungen?

Beitrag von FKN993 »

https://www.lto.de/recht/hintergruende/ ... chaedigung

Dazu: BGH, Urt. v. 26. Februar 1964, V ZR 105/61

Maßgebliches Argument, wenn ich es richtig verstehe: Würde man §§ 946 ff. BGB als nicht von der Sperrwirkung umfasst sehen, dann könnte auch ein bösgläubiger Besitzer Verwendungsersatz verlangen. So liest es sich zumindest.

Wie seht ihr das?

BGH meint auch, dass schon gar keine Verwendungen vorlägen, da Bauaufwendungen die Sache ja nicht verbesserten oder in ihrem Bestand erhielten.

Frage zum Verwendungsbegriff: Ich weiß es jetzt nicht, aber wirkt sich eine Bebauung nicht immer verbessernd aus? Allein schon deswegen, weil mittelbar dadurch die Möglichkeit der Fruchtziehung (Vermietungsobjekt; Wohnen) entsteht?

Das ist ja ein absoluter Albtraumfall.

Lösung?

Keine Sperrwirkung/weiter Verwendungsbegriff

Problem: § 812: Aufgedrängte Bereicherung: Objektiver oder subjektiver Ansatz? § 242 BGB?

Das ist doch scheiße?
Zuletzt geändert von FKN993 am Samstag 18. Januar 2025, 19:59, insgesamt 1-mal geändert.
KMR
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Re: Meinungen?

Beitrag von KMR »

Das Problem hinsichtlich der Einordnung der Bebauung/(Neu-)Bebauung als Verwendung ist - wie es der V. Senat selbst anspricht -, dass nach der bisherigen Rechtsprechung, die Bebauung etwas anderes ist als die Sanierung eines bestehen Gebäudes mit der Folge, dass eben das Bauwerk im Rahmen des EBV in Bezug auf das Grundstück keine ersatzfähige Verwendung ist, sondern eine eigene seperat zu betrachtende Sache. Siehe auch die Passage in der Originalentscheidung aus 1964:

"der Senat hat es aber in jener Entscheidung als etwas durchaus anderes bezeichnet, wenn der Besitzer auf einem bisher unbebauten Grundstück ein Wohnhaus, eine Lagerhalle oder ein Fabrikgebäude errichtet; dann werde durch den Bau nicht das Grundstück in seinem Bestand verbessert, sondern sein Zustand verändert, indem es fortan für einen Zweck benutzt werde, dem es bisher nicht gedient habe; in solchen Fällen sei die Errichtung des Bauwerks keine Verwendung auf das Grundstück im Rechtssinne, wie sie denn auch im Sprachgebrauch nicht als Grundstücksverwendung bezeichnet werde. Diese Auslegung des Verwendungsbegriffs, die im Schrifttum gelegentlich Ablehnung erfahren hat (Breetzke, NJW 1954, 171; Siebert/Mühl, BGB 9. Aufl. § 994 Anm. 2, unter Bezugnahme auf OLG Breslau HRR 1939 Nr. 1101), ist vom Senat in späteren Entscheidungen aufrechterhalten worden (Urteile v. 23. Oktober 1953, V ZR 38/52, LM BGB § 946 Nr. 6 = NJW 1954, 265, und v. 17. September 1954, V ZR 35/54, LM BGB § 1004 Nr. 14; vgl. ferner Urt. v. 7. Februar 1962, V ZR 194/60, S. 10). Er hält auch nach erneuter Prüfung an ihr fest. Wollte man ganz allgemein die Errichtung von Gebäuden einbeziehen, so würde der Anwendungsbereich der §§ 994 ff BGB in einer Weise erweitert, die ersichtlich nicht mehr dem Zweck der gesetzlichen Regelung entspräche und für die auch kein vernünftiges wirtschaftliches Bedürfnis bestünde."

In der Pressemitteilung führt der Senat selbst an, dass zum einen alles in dem Bereich des EBV umstritten ist und ihm (dem Senat) die große Kritik des Schrifttums an seiner Rechtsprechung bekannt sei. Es indes bislang schlicht an der Möglichkeit mangelte eine andere Rechtsprechung etablieren zu können, da in all der Zeit es kein Fall mehr zum BGH geschafft hat, bei dem die Frage von Bedeutung ist. Obschon beide Parteien bzw. deren Prozessbevollmächtigten für beide Seiten gute Argumente anführen; denn wie zutreffend vom Klägervertreter angemerkt, letztlich hat das Land Brandenburg das Ganze hier verursacht und nicht der (wahre) Eigentümer.

In Anbetracht dieser ebenfalls vom XII. (vormals VIII.) Senat vertretenen Rechtsprechung wäre es spannend, ob sich der V. Senat hier mit diesem konsultieren wird und/oder eine Entscheidung des Großen Senates notwendig ist.

Lorenz fasst das hier alles ganz gut zusamme zu der bisherigen Rechtsprechung und des Streites zwischen BGH und Lit. zum engen (BGH) und weiten (Lit.) Verwendungsbegriff: https://lorenz.userweb.mwn.de/urteile/bghz41_157.htm
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FKN993
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Re: Meinungen?

Beitrag von FKN993 »

Was denkst du denn? Was ist deine Meinung dazu? Das ist eigentlich die Frage.

Früher - bis heute eigentlich - fand ich die herrschende Literatur (substanzverändernde Verwendungen) überzeugender. Wenn man aber genau hinschaut, erkannt man, dass die vom Besitzer herbeiführte "Zustandsveränderung", entsprechend der Systematik der §§ 946 ff. BGB, einem Eingriff ins Eigentum entspricht: Der Besitzer greift in die Nutzungsbefugnis des Eigentümers ein: Konkreter: Eine Substanz- oder Zustandsveränderung kann ja auch einer nicht auszuschließenden Beschädigung (ist es doch immer?) des Eigentums entsprechen.

Ein "enges" Verständnis von Verwendungen: Ich verstehe nicht, warum immer von einem "engen" Verständnis die Rede ist. Die "notwendigen" Verwendungen sind aus sich selbst heraus selbsterklärend: Damit meine ich, dass Verwendungen im Grundverständnis immer notwendig sind. Kosten kann ich in Beziehung zu einer Sache nämlich nur so denken, dass sie für den Gebrauch notwendig sind. Und genau diesem Verständnis folgt auch die Definition samt Schutzzweck des EBV´s. Nützliche und notwendig Verwendungen sind nur zur Unterscheidung wichtig, aber er hätte auch einfach "gebrauchsbezogene" Verwendungen schreiben können. Beziehungsweise hätte er das nicht einmal gemusst, weil sich das systematisch ableiten ließe. So erklärt sich auch meiner Meinung nach der Wortlaut des § 996 (für andere als).

Angenommen, der Besitzer wäre bösgläubig, dann wird das offensichtlich: In dem Fall ließe sich § 823 I BGB anwenden, wenn man den deliktischen Besitzer nicht für schutzwürdig hält. Dass der bösgläubige Besitzer den Schutz des EBVs nicht verdient, ist für mich indiskutabel (aber dennoch mM) und ist auch teleologisch als auch systematisch stimmig. In einem Fall - wie diesem hier - wird das nicht ganz so deutlich, weil man nur - wie der Artikel von LTO - auf die armen Häuslebauer schaut und sie auch nichts dafür konnten.

Die h.L. argumentiert aber grundlegend eigentlich nur mit zwei Argumenten: 1) "Sinn und Zweck" (subjektive Auslegung) sei in einem angemessenen "Ausgleich" zu erkennen. 2) "Historische Auslegung": Angeblich sei der historische Gesetzgeber davon ausgegangen, dass er einem weiten Verständnis folgte. Komisch: Warum hat er das dann nicht so ins Gesetz geschrieben? Das kann ich verstehen, wenn man das Eigentum als "vermögenswerte" Rechtsposition versteht. Das ist aber aus meiner Sicht objektiv völlig belanglos. Letztlich heißt es: Ja, wenn das so sei, dann wäre diese Konfliktlage über das Bereicherungsrecht und damit über die aufgedrängte Bereicherung ja besser auszulösen. Damit gesteht die Literatur eigentlich auch indirekt ein, dass das EBV den Konflikt nicht lösen kann. Eigentlich ist das ein Fall, der überhaupt nicht im Gesetz steht?

Was mir nicht ganz so bewusst war: Da werden im Grunde zwei Fragen gleichzeitig beantwortet und eine richtige Auseinandersetzung findet so auch nicht wirklich statt.

Achja, und kann das Bereicherungsrecht wirklich den Konflikt mit der aufgedrängten Bereicherung lösen? In diesem Fall trifft weder den Eigentümer die Schuld und den Verwender trifft auch keine. Also ist das so gesehen auch keine aufgedrängte Bereicherung. Damit bleibt das Problem auch hier bestehen. Wertungstechnisch ist hier eines klar: Wenn weder der eine und noch der andere irgendwas veranlasst hat, dann ist sowohl der Eigentümer als auch der Besitzer gleichermaßen schutzwürdig. Meine Lösung für den Fall: Man müsste den status quo ante wiederherstellen und selbst wenn das Haus abgerissen wird. Das ist zwar schade für die Familie (das meine ich ernst), aber ihr wirtschaftliches und ideelles Interesse ist hier nicht schutzwürdiger als das weiterhin schutzwürdige Integritätsinteresse des Eigentümers. Also meine abschließende Meinung dazu: Dieser Fall bewegt sich außerhalb des Regelungssystems.
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