Den Einwand kann ich nicht abtun, das stimmt schon. Ich habe da auch tatsächlich nicht die ausgesprägtesten Kenntnisse zur Historie des BGB.Schnitte hat geschrieben: ↑Donnerstag 30. Januar 2025, 22:15Das Argument ist zirkulär: Es setzt die Bindungswirkung des Antrags voraus, begründet sie aber nicht. Der Erklärungsempfänger kann nur deshalb auf das Angebot der anderen Seite vertrauen, weil es im BGB eine Vorschrift gibt, die eine Bindung des Antragenden an sein Angebot vorsieht. Wenn wir in einem Rechtssystem leben würden, in dem Angebote grundsätzlich bis zur Annahme frei widerruflich sind (so z.B. im common law), dann gäbe es auch keinen Anlass für den Erklärungsempfänger, auf das Angebot zu vertrauen.
Ist das historisch so begründet worden? - Könnte man des jedoch nicht auch so sehen, dass die Rechtsordnung diese Bindung gerade deshalb vorsieht, weil der andere Teil darauf vertrauen können soll bzw. dieses Vertrauen vor der Kodifikation eines solchen Bindungssystems ohnehin bestand und daher die rechtliche Kodifikation daher dem gesellschaftlichen Geschäftsverkehr entsprach?; das erscheint mir durchaus im Sinne eines Rechtsfriedens förderlich, erst recht falls (und das weiß ich tatsächlich nicht genau, dafür zu wenig Rechtsgeschichtskenntnisse zum BGB) derAT des BGB ebenso wie das alte Schuldrecht noch stark auf das römische Recht zurückgehen sollte, das sich - so meine begrenzte Erinnerung - auch anhand von Streitigkeiten auf Märkten u.ä. entwickelt hat.
Dass unsere Rechtsordnung anders operiert als die Rechtsordnungen des common law ist insoweit nicht verwunderlich, da der Rechtskreis des common law typischerweise deutlich weniger auf (kodifizierte) Vorgaben zum Rechtsverkehr setzt und es gerade wesentlich stärker allein auf tatsächlich getroffene Vereinbarungen zwischen den Parteien ankommt. Vorschriften zum Vertragsschluss sind - obschon ich das mehr für das US-amerkanische Recht als für das englische beurteilen kann, da mag es womöglich anders sein, wobei ich davon nicht ausgehe - allenfalls dort zu finden, wo es sich um strenger regulierte Bereiche handelt (insbesondere Finanzierungsgeschäfte/privates Bankrecht). Das wird auch dadurch deutlich, dass ein Vertragsschluss schon andere Voraussetzungen hat als nach dem BGB - nämlich "consideration". Wegen Letzterem ist die Schenkung sowohl die Handschenkung als auch das Schenkungsversprechen im common law (jdf. US-amerikanischem Recht) gerade kein Vertrag.