Frage zum von der CDU/CSU geplanten gesetzlichen Sexkaufverbot
Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat in der vergangenen Legislatur eine Gesetzesinitiative eingebracht, in der für Deutschland die Einführung eines Sexkaufverbots nach dem sogenannten "Nordischen Modell" verbunden mit einer Freierbestrafung gefordert wurde. Diesbezüglich hat dann auch eine erste Lesung und eine Anhörung stattgefunden, der Antrag ist aber durch die Auflösung des Parlaments der sachlichen Diskontinuität zum Opfer gefallen.
Der Antrag im Deutschen Bundestag: https://dserver.bundestag.de/btd/20/103/2010384.pdf
Eine Rechtsfrage, die sich zum Thema quasi aufdrängt, ist folgende: wie kann es sein, dass man die Ausübung der Prostitution - also den Sexverkauf - nicht verbietet, aber den Sexkauf unter Strafe stellt? Stellt das Angebot der Prostituierten, die ihre Leistung anbietet, nicht die Anstiftung zu einer Straftat gemäß § 26 StGB dar? - Der Vorsatz liegt ja auf der Hand und eine Bewerbung der Angebote kann sogar als öffentlicher Aufruf gewertet werden? - Kann der Anstifter straffrei bleiben? - Die Anstiftung findet im Bereich der Prostitution dann fortlaufend und regelmäßig statt und auch noch gewerbsmäßig. - Kann ein Gesetz den § 26 StGB aufheben oder relativieren?
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Howard
Könnte ein Sexkaufverbot in Deutschland verfassungskonform sein?
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Re: Könnte ein Sexkaufverbot in Deutschland verfassungskonform sein?
Wenn ich es nicht selbst gelesen hätte, dann hätte ich das für einen echt schlechten Witz von dir gehalten. Mit Strafrechtsdogmatik hat das absolut 0,0 % zu tun.
Was geht in denen vor?
Mein Gedanken dazu sind:
Angenommen man würde das machen, dann würde man damit dem fragmentarischen Charakter des Strafrechts nicht entsprechen. Das Strafrecht soll ja eine ultima-ratio-Funktion haben. Das meint ja konkret den äußersten Rand des sozial unerträglichen Verhaltens. Keineswegs darf das Strafrecht als Mittel dazu missbraucht werden, um ungewollte Verhaltensweisen zu verbieten. Wäre das so, dann wäre es ein totalitäres Mittel. Diese Schwelle sehe ich hier klar nicht erreicht und würde auch die Grenzen wirklich verzerren und verwischen. Ich hielte das nicht für verhältnismäßig. Angemessenheit im engeren Sinne würde ja auch bedeuten, dass man den objektiv bestimmbaren Grad der Zweckerreichung mit der Tiefe des Eingriffs ins Verhältnis stellt. Konkret ist es doch so, dass damit ein solches Verbot mittelbar-faktisch dazu führte, dass Prostitution nun doch verboten würde. Würde das als mittelbaren Eingriff betrachten. Zudem ist es evident wertungswidersprüchlich, wenn ich ein Schutzgesetz erlasse, um diesen anerkannten Beruf zu schützen und zu fördern, aber gleichzeitig die Kundschaft verbiete. Für mich ist das einheitlich zu fassen. Das Angebot macht keinen Sinn ohne erlaubte Kundschaft. Das ist auch inkonsequent. Entweder ganz, oder gar nicht. Ansonsten ist das Strafrecht durch die Hintertür. Wenn Strafrecht auch Rechtsgüterschutz sein soll, dann würde man am Ende des Tages damit sogar das Gegenteil erreichen: Man würde die besonders gefährdeten Bereiche in die Heimlichkeit zwingen. Da würde es noch gefährlicher. Also ist das absolut hirnrissig.
Zum anderen ist es doch ein Zirkelschluss: Schließlich entspricht die Berufswahl der persönlichen Freiheit. Es ist ja keine Zwangsprostitution. Das Verbot soll doch aber diese angeblich außer Kontrolle geratenen Zustände verhindern oder beseitigen. Die Person, die sich für den Beruf der Prostituierten entscheidet, nimmt wie jeder andere mit seiner Berufswahl die entsprechenden Folgen in Kauf. Da muss auch differenziert werden: Der Wohnwagen an der Straße ist mit Sicherheit etwas anderes als im Freudenhaus auf dem Kiez: Komme selbst aus Hamburg: Auf Sankt Pauli bestehen diese Zustände so mit Sicherheit nicht. Würde das da vorkommen, dann kann man sich nur vorstellen, was die Angels mit solchen Typen machen. Das traut sich da niemand.
Was die Anstiftung angeht: Man kann sich denken, was man da sagen muss: Welchen Sinn hätte die Akzessorietät denn? Dann müsste man das als Verbrechen ausgestalten und dann muss es so ähnlich sein wie die Gefährdungslage in § 316a StGB. Nur dann, würde das Sinn machen.
Ich finde das völlig absurd. Und inzwischen sollte mehr Sensibilität dafür gewonnen werden, dass das Strafrecht kein Mittel werden darf und soll, um irgendwelche politischen und gesellschaftlichen Wunschvorstellungen umzusetzen. Dafür ist es einfach nicht da.
Und noch ergänzend: Kann der Gesetzgeber denn überhaupt diese Gefährdungslage darlegen? Glaube ich persönlich nicht.
Was geht in denen vor?
Mein Gedanken dazu sind:
Angenommen man würde das machen, dann würde man damit dem fragmentarischen Charakter des Strafrechts nicht entsprechen. Das Strafrecht soll ja eine ultima-ratio-Funktion haben. Das meint ja konkret den äußersten Rand des sozial unerträglichen Verhaltens. Keineswegs darf das Strafrecht als Mittel dazu missbraucht werden, um ungewollte Verhaltensweisen zu verbieten. Wäre das so, dann wäre es ein totalitäres Mittel. Diese Schwelle sehe ich hier klar nicht erreicht und würde auch die Grenzen wirklich verzerren und verwischen. Ich hielte das nicht für verhältnismäßig. Angemessenheit im engeren Sinne würde ja auch bedeuten, dass man den objektiv bestimmbaren Grad der Zweckerreichung mit der Tiefe des Eingriffs ins Verhältnis stellt. Konkret ist es doch so, dass damit ein solches Verbot mittelbar-faktisch dazu führte, dass Prostitution nun doch verboten würde. Würde das als mittelbaren Eingriff betrachten. Zudem ist es evident wertungswidersprüchlich, wenn ich ein Schutzgesetz erlasse, um diesen anerkannten Beruf zu schützen und zu fördern, aber gleichzeitig die Kundschaft verbiete. Für mich ist das einheitlich zu fassen. Das Angebot macht keinen Sinn ohne erlaubte Kundschaft. Das ist auch inkonsequent. Entweder ganz, oder gar nicht. Ansonsten ist das Strafrecht durch die Hintertür. Wenn Strafrecht auch Rechtsgüterschutz sein soll, dann würde man am Ende des Tages damit sogar das Gegenteil erreichen: Man würde die besonders gefährdeten Bereiche in die Heimlichkeit zwingen. Da würde es noch gefährlicher. Also ist das absolut hirnrissig.
Zum anderen ist es doch ein Zirkelschluss: Schließlich entspricht die Berufswahl der persönlichen Freiheit. Es ist ja keine Zwangsprostitution. Das Verbot soll doch aber diese angeblich außer Kontrolle geratenen Zustände verhindern oder beseitigen. Die Person, die sich für den Beruf der Prostituierten entscheidet, nimmt wie jeder andere mit seiner Berufswahl die entsprechenden Folgen in Kauf. Da muss auch differenziert werden: Der Wohnwagen an der Straße ist mit Sicherheit etwas anderes als im Freudenhaus auf dem Kiez: Komme selbst aus Hamburg: Auf Sankt Pauli bestehen diese Zustände so mit Sicherheit nicht. Würde das da vorkommen, dann kann man sich nur vorstellen, was die Angels mit solchen Typen machen. Das traut sich da niemand.
Was die Anstiftung angeht: Man kann sich denken, was man da sagen muss: Welchen Sinn hätte die Akzessorietät denn? Dann müsste man das als Verbrechen ausgestalten und dann muss es so ähnlich sein wie die Gefährdungslage in § 316a StGB. Nur dann, würde das Sinn machen.
Ich finde das völlig absurd. Und inzwischen sollte mehr Sensibilität dafür gewonnen werden, dass das Strafrecht kein Mittel werden darf und soll, um irgendwelche politischen und gesellschaftlichen Wunschvorstellungen umzusetzen. Dafür ist es einfach nicht da.
Und noch ergänzend: Kann der Gesetzgeber denn überhaupt diese Gefährdungslage darlegen? Glaube ich persönlich nicht.
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Re: Könnte ein Sexkaufverbot in Deutschland verfassungskonform sein?
Ich sehe da dogmatisch kein Problem, wenn man das entsprechend regelt. Also anders ausgedrückt: Man stellt dann einfach ausdrücklich klar, dass die Sexarbeiter/innen nicht wegen Beteiligung o.ä. strafbar sind (vgl. bspw. § 258 VI StGB). Das ist für den Gesetzgeber ohne Weiteres möglich, § 26 StGB ist auch nur einfaches Recht und auch kein Ausdruck zwingenden Verfassungsrechts.howardchance hat geschrieben: ↑Montag 7. April 2025, 12:12 Frage zum von der CDU/CSU geplanten gesetzlichen Sexkaufverbot
Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat in der vergangenen Legislatur eine Gesetzesinitiative eingebracht, in der für Deutschland die Einführung eines Sexkaufverbots nach dem sogenannten "Nordischen Modell" verbunden mit einer Freierbestrafung gefordert wurde. Diesbezüglich hat dann auch eine erste Lesung und eine Anhörung stattgefunden, der Antrag ist aber durch die Auflösung des Parlaments der sachlichen Diskontinuität zum Opfer gefallen.
Der Antrag im Deutschen Bundestag: https://dserver.bundestag.de/btd/20/103/2010384.pdf
Eine Rechtsfrage, die sich zum Thema quasi aufdrängt, ist folgende: wie kann es sein, dass man die Ausübung der Prostitution - also den Sexverkauf - nicht verbietet, aber den Sexkauf unter Strafe stellt? Stellt das Angebot der Prostituierten, die ihre Leistung anbietet, nicht die Anstiftung zu einer Straftat gemäß § 26 StGB dar? - Der Vorsatz liegt ja auf der Hand und eine Bewerbung der Angebote kann sogar als öffentlicher Aufruf gewertet werden? - Kann der Anstifter straffrei bleiben? - Die Anstiftung findet im Bereich der Prostitution dann fortlaufend und regelmäßig statt und auch noch gewerbsmäßig. - Kann ein Gesetz den § 26 StGB aufheben oder relativieren?
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Re: Könnte ein Sexkaufverbot in Deutschland verfassungskonform sein?
Klar, der Gesetzgeber kann da mit seinem berühmten Federstrich da natürlich vieles regeln, was ihm so einfällt. Trotzdem darf man es rechtspolitisch dann doch fragwürdig finden, dass die Bestellung einer Dienstleistung strafbar sein soll, die Erbringung der bestellten Leistung aber nicht. Es ist einmal mehr ein Beispiel für die vermehrt um sich greifende Prüderie einer Gesellschaft, die sich für ach so liberal und aufgeklärt hält. Ist ein krasser Gegensatz zur Stimmung von 2001, als das ProstG erlassen wurde.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen…verstoßen nicht gegen göttliches Recht."
--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375 (Leitsatz der Redaktion)
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Re: Könnte ein Sexkaufverbot in Deutschland verfassungskonform sein?
Hier entgeht offenbar vielen die Intention dahinter, die durchaus viel mit der des ProstG gemeinsam hat. Das ProstG hat nicht notwendigerweise etwas mit "liberaler" oder "unprüder"/"prüder" Gesellschaft zu tun, es diente vielmehr primär der Schaffung eines Schutzes der Angehörigen dieses Gewerbes; durch die Legalisierung unterstanden sie fortan der Rechtsordnung und konnten sich entsprechend staatlicher Hilfe bedienen, im Übrigen andere Schutzvorschriften wie die Kondompflicht usw. Soweit man das nachlesen kann, hat jedoch die einzigartige Rechtslage in Deutschland der bis auf wenige verbliebene Ausnahmen fast vollständigen Legalisierung der Prostitution und damit vergleichsweise einzigartigen Rechtslage, nicht (nur) zu der erhofften Wirkung geführt, sondern vielmehr auch zur Ausbreitung des Gewerbes geführt.
Das Konzept des Sexkaufverbots ermöglicht gleich zweierlei: den Schutz der Angehörigen des Gewerbes, die weiterhin straffrei tätig sein, und gleichzeitig die grundsätzliche Bekämpfung des Gewerbes durch - idealerweise - Elimination der Nachfrage infolge der Strafbarkeit. Das ist insoweit nicht verwerflich, dass dieses Gewerbe weit überproportional mit anderer teilss schwerer bis Schwerstkriminalität einhergeht und dieses ggf. unter einem legalen Mantel fördert: Wenn man etwas recherchiert, dann stößt man darauf wie u.a. Menschenhandel (auch von Minderjähringen) nach Deutschland seit Einführung des ProstG wohl erheblich angestiegen sind im Vergleich zu anderen Zielstaaten. Die Opfer stammen dabei zuvorderst aus abgelegeneren Gebieten in Osteuropa. Das ist unter anderem ein Grund, warum andere Staaten, die von der absoluten Prohobition wegwollen/eine effektivere Regelung suchen, kritisch auf die deutsche Regelung schauen und auch im Fall der Abkehr von absoluten Verbote zu anderen Konzepten wie dem Sexkaufverbot überwechseln.
Wenn etwas unter einem legalen Mantel durchgeführt werden kann, dann ist es wesentlich leichter auch illegale Vorgänge hinter diesem legalen Mantel zu verdecken. Die notwendige Kontrolle zur Aufdeckung und Differenzierung von legaler und illegaler Aktivität erfordert einen zu großen Ermittlungsaufwand und bindet viel zu viele Ressourcen; zudem ist das damit einhergehende Leid für die betroffenen des Menschenhandels, ob Erwachsene oder Minderjährige, und ihrer Familien und die damit zusammenhängenden Schleusernetzerke viel zu gravierend, dass man dies staatlich durch Legalisierung dieser gesamten Organisationseinheiten gebilligt werden kann und darf. Das Sexkaufverbot erkennt an, dass man anscheinend kaum es verhindern kann, dass jemand diesem Gewerbe nachgehen will, zugleich gewährleistet es, dass diejenigen, die dies tun, sich ohne Konflikte (infolge einer eigenen Strafbarkeit) an staatliche Stellen zur Erlangung von Hilfe wenden können, wenn sie Opfer von Übergriffen oder anderen Straftaten werden.
Das Konzept des Sexkaufverbots ermöglicht gleich zweierlei: den Schutz der Angehörigen des Gewerbes, die weiterhin straffrei tätig sein, und gleichzeitig die grundsätzliche Bekämpfung des Gewerbes durch - idealerweise - Elimination der Nachfrage infolge der Strafbarkeit. Das ist insoweit nicht verwerflich, dass dieses Gewerbe weit überproportional mit anderer teilss schwerer bis Schwerstkriminalität einhergeht und dieses ggf. unter einem legalen Mantel fördert: Wenn man etwas recherchiert, dann stößt man darauf wie u.a. Menschenhandel (auch von Minderjähringen) nach Deutschland seit Einführung des ProstG wohl erheblich angestiegen sind im Vergleich zu anderen Zielstaaten. Die Opfer stammen dabei zuvorderst aus abgelegeneren Gebieten in Osteuropa. Das ist unter anderem ein Grund, warum andere Staaten, die von der absoluten Prohobition wegwollen/eine effektivere Regelung suchen, kritisch auf die deutsche Regelung schauen und auch im Fall der Abkehr von absoluten Verbote zu anderen Konzepten wie dem Sexkaufverbot überwechseln.
Wenn etwas unter einem legalen Mantel durchgeführt werden kann, dann ist es wesentlich leichter auch illegale Vorgänge hinter diesem legalen Mantel zu verdecken. Die notwendige Kontrolle zur Aufdeckung und Differenzierung von legaler und illegaler Aktivität erfordert einen zu großen Ermittlungsaufwand und bindet viel zu viele Ressourcen; zudem ist das damit einhergehende Leid für die betroffenen des Menschenhandels, ob Erwachsene oder Minderjährige, und ihrer Familien und die damit zusammenhängenden Schleusernetzerke viel zu gravierend, dass man dies staatlich durch Legalisierung dieser gesamten Organisationseinheiten gebilligt werden kann und darf. Das Sexkaufverbot erkennt an, dass man anscheinend kaum es verhindern kann, dass jemand diesem Gewerbe nachgehen will, zugleich gewährleistet es, dass diejenigen, die dies tun, sich ohne Konflikte (infolge einer eigenen Strafbarkeit) an staatliche Stellen zur Erlangung von Hilfe wenden können, wenn sie Opfer von Übergriffen oder anderen Straftaten werden.
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Re: Könnte ein Sexkaufverbot in Deutschland verfassungskonform sein?
Jetzt mal ernsthaft, ohne viel Gesülze:
Gibt es denn eine vergleichbare Situation im Strafrecht/Nebenstrafrecht? Oder wäre das der erste Fall dieser Art?
Wenn Strafrecht Rechtsgüterschutz ist, dann geht ja im Normfall der Anstiftung die durch die Strafnorm unmittelbar abzuwehrende Gefahr auch unmittelbar von der rechtswidrigen Haupttat aus. Die ist hier aber legal und wird gefördert. Der dogmatische und strafbegründende Normalfall ist aber der, dass der Anstifter den Tatentschluss und damit die Kausalität für die Gefahrenlage der Haupttat setzt. Indem Natalia N sich - im Idealfall- aber selbst dafür "entscheidet" ihren gefahrengeneigten Beruf auszuwählen entspricht das ja auch einer Art eigenverantwortlichen Selbstgefährdung; sie hätte ja auch Buchhalterin werden können. Sie ist Freier Ferdinand quasi zuvorgekommen. Finde aber nicht, dass man mit den Ausnahmen (Natalia zwangsweise importiert; Menschenhandel) die strafbewehrte Regel begründen sollte. Also finde ich jetzt.
Wäre das ein Fall im Gefahrenabwehrrecht: Dann wäre doch der Freier F Zweckveranlasser (in dieser Logik). Er würde den Zweck setzen, dass die Gefahr im Milieu erst begründet wird. Warum sage ich das? Während im Gefahrenabwehr es auf die Vorwerfbarkeit nicht ankommt, darf man die persönliche Veratnwortung des Täters, bezogen auf das abzuwehrende Unrecht) nicht vergessen. Das ist eigentlich systematisch absoluter Schrott. Es gibt im Strafrecht einen Zusammenhang zwischen Unrechtstatbestand und persönlicher Schuld. Die Schuld ist hier die, dass derjenige, der zunächst nichts Gefährliches tut, der bloße Beischlafkauf ist objektiv aber nicht gefährlich, trotzdem dafür verantwortlich sein soll?
Nun würde ich aber mal folgendes sagen und klarstellen: Grundrechtsschutz und Gefahrenabwehr sind Fragen des Staates. Mit diesem Gesetzesvorhaben samt Begründung bringt er damit zum Ausdruck, dass er die Gefahr kennt. Frage: Wie wäre es mit dem milderen Mittel, statt hier so einen Ausnahmefall - wenn auch in guter Absicht - zu begründen.
Das mildere Mittel wäre vielleicht eine erhöhte Polizeipräsenz in den Milieus. Man kann jetzt nicht den Ausnahmefall (Wohnwagen an der Straße/Autobahn) zur Strafbegründung heranziehen. Und sind die bisherigen Straftatbestände nicht schon ausreichend? Dachte ich immer. Und wenn der Staat es nicht auf die Reihe bekommt, Grundrechtsschutz zu gewährleisten, dann sollte er das nicht durch völlig ausnahme- und systemwidrige Regelungen auf Dritte abwälzen. Also wenn das kein dogmatisches Problem ist, dann weiß ich auch nicht, wofür man Jura überhaupt noch braucht.
Frage: Gibt es diese Situation überhaupt?
Gibt es denn eine vergleichbare Situation im Strafrecht/Nebenstrafrecht? Oder wäre das der erste Fall dieser Art?
Wenn Strafrecht Rechtsgüterschutz ist, dann geht ja im Normfall der Anstiftung die durch die Strafnorm unmittelbar abzuwehrende Gefahr auch unmittelbar von der rechtswidrigen Haupttat aus. Die ist hier aber legal und wird gefördert. Der dogmatische und strafbegründende Normalfall ist aber der, dass der Anstifter den Tatentschluss und damit die Kausalität für die Gefahrenlage der Haupttat setzt. Indem Natalia N sich - im Idealfall- aber selbst dafür "entscheidet" ihren gefahrengeneigten Beruf auszuwählen entspricht das ja auch einer Art eigenverantwortlichen Selbstgefährdung; sie hätte ja auch Buchhalterin werden können. Sie ist Freier Ferdinand quasi zuvorgekommen. Finde aber nicht, dass man mit den Ausnahmen (Natalia zwangsweise importiert; Menschenhandel) die strafbewehrte Regel begründen sollte. Also finde ich jetzt.
Wäre das ein Fall im Gefahrenabwehrrecht: Dann wäre doch der Freier F Zweckveranlasser (in dieser Logik). Er würde den Zweck setzen, dass die Gefahr im Milieu erst begründet wird. Warum sage ich das? Während im Gefahrenabwehr es auf die Vorwerfbarkeit nicht ankommt, darf man die persönliche Veratnwortung des Täters, bezogen auf das abzuwehrende Unrecht) nicht vergessen. Das ist eigentlich systematisch absoluter Schrott. Es gibt im Strafrecht einen Zusammenhang zwischen Unrechtstatbestand und persönlicher Schuld. Die Schuld ist hier die, dass derjenige, der zunächst nichts Gefährliches tut, der bloße Beischlafkauf ist objektiv aber nicht gefährlich, trotzdem dafür verantwortlich sein soll?
Nun würde ich aber mal folgendes sagen und klarstellen: Grundrechtsschutz und Gefahrenabwehr sind Fragen des Staates. Mit diesem Gesetzesvorhaben samt Begründung bringt er damit zum Ausdruck, dass er die Gefahr kennt. Frage: Wie wäre es mit dem milderen Mittel, statt hier so einen Ausnahmefall - wenn auch in guter Absicht - zu begründen.
Das mildere Mittel wäre vielleicht eine erhöhte Polizeipräsenz in den Milieus. Man kann jetzt nicht den Ausnahmefall (Wohnwagen an der Straße/Autobahn) zur Strafbegründung heranziehen. Und sind die bisherigen Straftatbestände nicht schon ausreichend? Dachte ich immer. Und wenn der Staat es nicht auf die Reihe bekommt, Grundrechtsschutz zu gewährleisten, dann sollte er das nicht durch völlig ausnahme- und systemwidrige Regelungen auf Dritte abwälzen. Also wenn das kein dogmatisches Problem ist, dann weiß ich auch nicht, wofür man Jura überhaupt noch braucht.
Frage: Gibt es diese Situation überhaupt?
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Re: Könnte ein Sexkaufverbot in Deutschland verfassungskonform sein?
Das verkennt völlig die überwiegende Realität. Es ist viel leichter etwas zu kontrollieren und zu sanktionieren, wenn etwas eindeutig als unerlaubt zu identifizieren ist. Wenn man aber anfängt Mengenbegrenzungen zu haben, unerlaubte Empfangspersonen oder unerlaubte Abnehmer, aber die grundsätzliche Tätigkeit vollständig legal ist. Dann wird es viel komplizierter und schwieriger die dabei verwirklichten Straftatbestände wirksam zu verfolgen und damit deren spezialpräventive Wirkung zu entfalten. Deine Ausführungen versteifen sich in strafrechtswissenschaftlicher Dogmatik und ggf. Kriminologie. Untersuchungen in den USA haben gezeigt https://www.youtube.com/watch?v=dUyM-va ... hyohjO8%3D dass der Ruf nach Dekriminalisierung insb. im Bereich sexuelle Dienstleistungen/BtM, Schwächung der Polizei usw. in erster Linie von solchen Leuten ausgeht, die selbst davon nicht mal ansatzweise betroffen sind (iSv auf Seiten der Schwächeren, die davon profitieren), sondern sich diese Leute (die Rufenden) stets auf Seiten derer befinden, die Erwerber/Nutzer dieser Dienstleistungen/BtM sind und/oder aus Eigenverschulden Probleme mit der Polizei haben.FKN993 hat geschrieben: ↑Freitag 11. April 2025, 16:14 Jetzt mal ernsthaft, ohne viel Gesülze:
Gibt es denn eine vergleichbare Situation im Strafrecht/Nebenstrafrecht? Oder wäre das der erste Fall dieser Art?
Wenn Strafrecht Rechtsgüterschutz ist, dann geht ja im Normfall der Anstiftung die durch die Strafnorm unmittelbar abzuwehrende Gefahr auch unmittelbar von der rechtswidrigen Haupttat aus. Die ist hier aber legal und wird gefördert. Der dogmatische und strafbegründende Normalfall ist aber der, dass der Anstifter den Tatentschluss und damit die Kausalität für die Gefahrenlage der Haupttat setzt. Indem Natalia N sich - im Idealfall- aber selbst dafür "entscheidet" ihren gefahrengeneigten Beruf auszuwählen entspricht das ja auch einer Art eigenverantwortlichen Selbstgefährdung; sie hätte ja auch Buchhalterin werden können. Sie ist Freier Ferdinand quasi zuvorgekommen. Finde aber nicht, dass man mit den Ausnahmen (Natalia zwangsweise importiert; Menschenhandel) die strafbewehrte Regel begründen sollte. Also finde ich jetzt.
Wäre das ein Fall im Gefahrenabwehrrecht: Dann wäre doch der Freier F Zweckveranlasser (in dieser Logik). Er würde den Zweck setzen, dass die Gefahr im Milieu erst begründet wird. Warum sage ich das? Während im Gefahrenabwehr es auf die Vorwerfbarkeit nicht ankommt, darf man die persönliche Veratnwortung des Täters, bezogen auf das abzuwehrende Unrecht) nicht vergessen. Das ist eigentlich systematisch absoluter Schrott. Es gibt im Strafrecht einen Zusammenhang zwischen Unrechtstatbestand und persönlicher Schuld. Die Schuld ist hier die, dass derjenige, der zunächst nichts Gefährliches tut, der bloße Beischlafkauf ist objektiv aber nicht gefährlich, trotzdem dafür verantwortlich sein soll?
Nun würde ich aber mal folgendes sagen und klarstellen: Grundrechtsschutz und Gefahrenabwehr sind Fragen des Staates. Mit diesem Gesetzesvorhaben samt Begründung bringt er damit zum Ausdruck, dass er die Gefahr kennt. Frage: Wie wäre es mit dem milderen Mittel, statt hier so einen Ausnahmefall - wenn auch in guter Absicht - zu begründen.
Das mildere Mittel wäre vielleicht eine erhöhte Polizeipräsenz in den Milieus. Man kann jetzt nicht den Ausnahmefall (Wohnwagen an der Straße/Autobahn) zur Strafbegründung heranziehen. Und sind die bisherigen Straftatbestände nicht schon ausreichend? Dachte ich immer.
Frage: Gibt es diese Situation überhaupt?
Gibt es Menschen, die freiwillig sexuelle Dienstleistungen anbieten? Sicherlich, wird es wenigstens eine Person geben. Ist es der überwiegende Teil, jedenfalls initial gewesen? -> wohl nicht notwendigerweise. Ist es grundsätzlich etwas, dass der Staat billigen sollte, wenn es zur Förderung weiterer teils organisierter Kriminalität dient? Wenn es prekräre Arbeitsverhältnisse und prekäre Lebenssituationen fördert? Indes wird auch bewusst gerade nicht die Person sanktioniert, die der Tätigkeit nachgeht, die ggf. auch aus Verzweiflung/Perspektivlosigkeit oder ähnlichem sich zu nichts anderem in der Lage sieht; vielmehr wird derjenige sanktioniert, der das eben fördert. Denn dadurch kann auch gleichzeitig gewährleistet werden, dass sich der/die Dienstleistende ohne die Angst vor der Strafverfolgung die Hilfe staatlicher Sozial- und Förderdienste in Anspruch nehmen kann, um einen anderen Weg einzuschlagen.
- FKN993
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Re: Könnte ein Sexkaufverbot in Deutschland verfassungskonform sein?
Ich wende ein, dass die in Rede gestehende Gefährdungslage bereits im Gesetz steht und zwar konkret in § 232a Abs. VI Satz 1 Nr. 1-2 und 2 StGB. Damit existiert bereits eine Freierstrafbarkeit, die systematisch - ist auch ja nicht zu beanstanden - an den Gedanken der unfreiwilligen und damit erzwungenen und ausbeuterischen und damit verwerflichen Prostitution anknüpft. Satz 2 sieht dann noch eine Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination vor und lässt es mit Satz 2 genügen, wenn Ferdinand leichtfertig verkennt, dass Natalia in ihrer Doppelrolle als OpferIN des Menschenhandels und ProtagonistIN unfreiwillig in diese Tragik gerutscht ist. In dem Fall liegt auf der Hand, dass dieser entgeltlich erworbene Beischlaf nicht freiwillig erfolgt ist. Damit spielgelt sich hier in der Systematik auch meine Argumentation mit der Freiwilligkeit.KMR hat geschrieben: ↑Freitag 11. April 2025, 16:39Das verkennt völlig die überwiegende Realität. Es ist viel leichter etwas zu kontrollieren und zu sanktionieren, wenn etwas eindeutig als unerlaubt zu identifizieren ist. Wenn man aber anfängt Mengenbegrenzungen zu haben, unerlaubte Empfangspersonen oder unerlaubte Abnehmer, aber die grundsätzliche Tätigkeit vollständig legal ist. Dann wird es viel komplizierter und schwieriger die dabei verwirklichten Straftatbestände wirksam zu verfolgen und damit deren spezialpräventive Wirkung zu entfalten. Deine Ausführungen versteifen sich in strafrechtswissenschaftlicher Dogmatik und ggf. Kriminologie. Untersuchungen in den USA haben gezeigt https://www.youtube.com/watch?v=dUyM-va ... hyohjO8%3D dass der Ruf nach Dekriminalisierung insb. im Bereich sexuelle Dienstleistungen/BtM, Schwächung der Polizei usw. in erster Linie von solchen Leuten ausgeht, die selbst davon nicht mal ansatzweise betroffen sind (iSv auf Seiten der Schwächeren, die davon profitieren), sondern sich diese Leute (die Rufenden) stets auf Seiten derer befinden, die Erwerber/Nutzer dieser Dienstleistungen/BtM sind und/oder aus Eigenverschulden Probleme mit der Polizei haben.FKN993 hat geschrieben: ↑Freitag 11. April 2025, 16:14 Jetzt mal ernsthaft, ohne viel Gesülze:
Gibt es denn eine vergleichbare Situation im Strafrecht/Nebenstrafrecht? Oder wäre das der erste Fall dieser Art?
Wenn Strafrecht Rechtsgüterschutz ist, dann geht ja im Normfall der Anstiftung die durch die Strafnorm unmittelbar abzuwehrende Gefahr auch unmittelbar von der rechtswidrigen Haupttat aus. Die ist hier aber legal und wird gefördert. Der dogmatische und strafbegründende Normalfall ist aber der, dass der Anstifter den Tatentschluss und damit die Kausalität für die Gefahrenlage der Haupttat setzt. Indem Natalia N sich - im Idealfall- aber selbst dafür "entscheidet" ihren gefahrengeneigten Beruf auszuwählen entspricht das ja auch einer Art eigenverantwortlichen Selbstgefährdung; sie hätte ja auch Buchhalterin werden können. Sie ist Freier Ferdinand quasi zuvorgekommen. Finde aber nicht, dass man mit den Ausnahmen (Natalia zwangsweise importiert; Menschenhandel) die strafbewehrte Regel begründen sollte. Also finde ich jetzt.
Wäre das ein Fall im Gefahrenabwehrrecht: Dann wäre doch der Freier F Zweckveranlasser (in dieser Logik). Er würde den Zweck setzen, dass die Gefahr im Milieu erst begründet wird. Warum sage ich das? Während im Gefahrenabwehr es auf die Vorwerfbarkeit nicht ankommt, darf man die persönliche Veratnwortung des Täters, bezogen auf das abzuwehrende Unrecht) nicht vergessen. Das ist eigentlich systematisch absoluter Schrott. Es gibt im Strafrecht einen Zusammenhang zwischen Unrechtstatbestand und persönlicher Schuld. Die Schuld ist hier die, dass derjenige, der zunächst nichts Gefährliches tut, der bloße Beischlafkauf ist objektiv aber nicht gefährlich, trotzdem dafür verantwortlich sein soll?
Nun würde ich aber mal folgendes sagen und klarstellen: Grundrechtsschutz und Gefahrenabwehr sind Fragen des Staates. Mit diesem Gesetzesvorhaben samt Begründung bringt er damit zum Ausdruck, dass er die Gefahr kennt. Frage: Wie wäre es mit dem milderen Mittel, statt hier so einen Ausnahmefall - wenn auch in guter Absicht - zu begründen.
Das mildere Mittel wäre vielleicht eine erhöhte Polizeipräsenz in den Milieus. Man kann jetzt nicht den Ausnahmefall (Wohnwagen an der Straße/Autobahn) zur Strafbegründung heranziehen. Und sind die bisherigen Straftatbestände nicht schon ausreichend? Dachte ich immer.
Frage: Gibt es diese Situation überhaupt?
Gibt es Menschen, die freiwillig sexuelle Dienstleistungen anbieten? Sicherlich, wird es wenigstens eine Person geben. Ist es der überwiegende Teil, jedenfalls initial gewesen? -> wohl nicht notwendigerweise. Ist es grundsätzlich etwas, dass der Staat billigen sollte, wenn es zur Förderung weiterer teils organisierter Kriminalität dient? Wenn es prekräre Arbeitsverhältnisse und prekäre Lebenssituationen fördert? Indes wird auch bewusst gerade nicht die Person sanktioniert, die der Tätigkeit nachgeht, die ggf. auch aus Verzweiflung/Perspektivlosigkeit oder ähnlichem sich zu nichts anderem in der Lage sieht; vielmehr wird derjenige sanktioniert, der das eben fördert. Denn dadurch kann auch gleichzeitig gewährleistet werden, dass sich der/die Dienstleistende ohne die Angst vor der Strafverfolgung die Hilfe staatlicher Sozial- und Förderdienste in Anspruch nehmen kann, um einen anderen Weg einzuschlagen.
Wenn aber diese Voraussetzungen wegfallen und aufgeweicht werden sollen, sprich es soll generell und allgemein verboten sein Beischlaf zu erwerben, stört mich klarstellend zwar persönlich nicht, diesem Risiko das zu müssen bin ich seit meiner Geburt zum Glück von der Schippe gesprungen, dann wird dieses Argument/Systematik aber aufgegeben. Da müsste dann schon mehr ins Gesetz geschrieben werden als nur, dass der Ankauf von Sexdienstleistungen strafbar ist. Das Problem ist allerdings, dass jedwede Strafnorm aber ein zu schützendes Rechtsgut voraussetzt. Welches wäre es denn hier nun? Und nun wird das Problem deutlich: Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung gem. Art. 2 I, Art. 1 I GG würde dann selten in Betracht kommen, denn es würde eine Einwilligung vorliegen, sodass es damit schon am Eingriff fehlt. Das BVerfG hat schon oft klargestellt, dass es mit dem Grundrechtsschutz nicht vereinbar sei den Einzelnen vor sich selbst zu schützen. Damit existiert auch ein Recht auf Selbstgefährdung. Dann bliebe noch Art. 1 I GG übrig? Aber das würde sich dann wieder auf die Situation beschränken, wenn Natalia dazu ausgenutzt und missbraucht würde; das trifft ja im Kern stets den Fall der Verdinglichung eines Menschen. Und damit ist eigentlich schon Schluss?
Kann ja nachvollziehen, was der emotionale Kern der Thematik ist. Habe 4-Blocks (gute Serie) gesehen und deswegen habe ich eine rudimentäre Vorstellung davon, was den Fall betrifft, der oben im Gesetz steht. Allerdings gehts mir eher darum, dass man solche dogmatischen Brüche nicht Schule machen lässt. Fängt man einmal damit an, dann war das nicht der letzte Tatbestand dieser Art. Und genau in diesem gesetzgeberischen Verhalten, erkenne ich wie bereits gesagt das Problem, dass der Staat nicht zugibt, dass er seine Gesetze nicht vollziehen kann, sondern auch, dass er Verhalten, was aus meiner Sicht wirklich möglich wäre, dann ausgleicht, indem quasi - abweichend vom Unmittebarkeitsgrundsatz - der irgendwie letztentfernteste dafür aufkommen soll. Der aus meiner Sicht gar nicht kausal dafür wird; es ist ihm eigentlich auch nicht objektiv zurechenbar. Das ist auch übrigens spannend: Das Angebot geht ja immer vom Freier aus. Die herrschende Meinung, was die Strafbegründung der Teilnahme anbetrifft, wendet das sogar an.
Und daneben ist der Erwerber hier nicht derjenige, der die Gefahrensituation ja wirklich begründet. Er ist wenn überhaupt der Letztverantwortliche. Da muss man doch nur ins aktuelle Gesetz schauen.
Dann praktisch: Es wird auch nichts bringen, weil es die Prostitution als ältestes Gewerbe der Welt schon immer gab; sie würde sich nicht durch sowas verdrängen oder einengen lassen. Glaubt hier jemand wirklich, dass eine solche Strafbarkeit das verhindern würde? Wo ist das Verfolgungsinteresse, wenn zugestimmt wird? Man kann es doch gar nicht nachweisen? Wie soll das verfolgt werden? Das geht doch jetzt schon nicht wirklich? Das Beweismittel ist dann die Quittung?
Auch diese Überlegung wäre crazy: Würde man Leuten, die gerade aus dem Freudenhaus kommen damit einfach unterstellen, dass sie gerade eben mit hoher Wahrscheinlichkeit ein solches Verbrechen begangen haben? Das wäre doch ein wunderbarer Fall für § 127 StPO? Oder die Polizei wartet einfach davor? Warum ist sie denn jetzt nicht schon häufiger vor Ort?
Also dass diese Nordische Modell so erfolgreich sei, wage ich auch mal zu bezweifeln. Ronald Schill hat auch immer behauptet, dass unter seiner Führung die Kriminalität massivst gesenkt worden sei. Wie ist ihm das gelungen? Die Statistiken wurden einfach beschönigt.
Das beste Argument ist aber dieses: Wenn Sexualität zu den menschlichen Grundbedürfnissen gehört, ist ja der Schutz von Art. 2 I, Art. 1 I GG dann gibt es Leute, die brauchen das tatsächlich; die sind darauf angewiesen. Also der Kandidat von Schwiegermutter gesucht braucht auch Liebe. Und wir reden hier nicht über diejenigen, die das nach dem SGB beanspruchen können. Das finde ich arg befremdlich und irgendwie total crazy. Entschuldige.