Was bedeutet "gesichert rechtsextrem"? §§ 16 I, 3 Abs. 1 BVerfSchG
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Was bedeutet "gesichert rechtsextrem"? §§ 16 I, 3 Abs. 1 BVerfSchG
Moin,
ich befasse mich gerade mit folgender Frage:
Nach § 16 I BVerfSchG informiert der Bundesverfassungsschutz die Öffentlichkeit darüber, ob "hinreichende gewichtige und tatsächliche Anhaltspunkte" dafür bestehen, dass Bestrebungen vom Verdachtsfall gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung i.S.d. § 3 BVerfSchG (legaldefiniert in § 4 II) ausgehen.
Ich lege den Schutzzweck so aus:
Die behördliche Informationstätigkeit des Verfassungsschutzes gegenüber der Öffentlichkeit entspricht nach meinem Verständnis grundsätzlich dem objektiven Grundrechtsschutz und dient der Informationsfreiheit i.S.d Art. 5 I GG. Wenn Art. 5 I GG ein Demokratiegrundrecht ist, dann muss man es entsprechend im Lichte von Art. 20 I, II GG und Art. 38 I GG gesehen werden. Konkreter würde ich auf den Grundsatz der Freiheit der Wahl hier abstellen. Dieser schützt auch die "Wahlentscheidungsfreiheit des Einzelnen". Die Grenzen sind bestimmbar über die Leitsätze zur Wahlwerbung. Also ich würde sagen, dass wenn das Sachlichkeits- und Neutralitätsgebot überschritten ist und der Beeinflussungscharakter offenbar wird, würde ich die Grenze ziehen. Der Bürger soll eben nicht beeinflusst werden und seine Entscheidung frei abgeben können.
Mit Blick auf diesen Schutzzweck bedeutet das aber auch, so verstehe ich das jetzt, dass der Wähler eben nichts wählen soll, was aus Sicht des Verfassungsschutzes aus "hinreichenden gewichtigen und tatsächlichen Gründen" gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung droht zu verstoßen. Die Anforderungen an diese Gründe sind dem Wortlaut entsprechend als extrem hoch anzusetzen.
Ich frage mich aber jetzt, wenn die Bundesregierung nun stellvertretend das Ergebnis dieser Bewertung bekannt gibt und sich eben auf dieses mutmaßlich sehr sachlich fundierte Gutachten stützt, gleichzeitig aber dieses Gutachten nicht veröffentlicht, ob sie es nicht sogar zwingend herausgeben muss? Kenne mich da nicht so sehr aus, aber man hätte doch sogar als Privatperson eigentlich einen Anspruch darauf nach § 1 IFG, sofern er nicht nach § 3 IFG ausgeschlossen ist.
Wenn aber der Spiegel es sogar vorliegen hat (https://www.spiegel.de/politik/deutschl ... c23c6bcb4d) und darüber schreiben kann/darf kann, dann verstehe ich nicht, warum es nicht gleich veröffentlicht wird?
Wenn sogar der Einzelne es verlangen darf, dann muss doch die Öffentlichkeit, mit Blick auf den Schutzzweck, gerade im Hinblick auf anstehende Wahlen erst recht erfahren müssen, was konkret drin steht? Ich denke, dass diese Wahlentscheidungsfreiheit zwei Seiten hat: Einerseits wird sie entsprechend geschützt, aber andererseits muss der Wähler ja noch selbst denken müssen und sollen? Daraus folgt doch schon, dass das Gutachten veröffentlicht werden muss?
Was ich auch schwierig finde? Was ist eigentlich "die AfD" und was bedeutet "rechtsextrem"? Habe jetzt mal das Parteiprogramm gelesen und versucht mich an § 4 II BVerfSchG zu orientieren, aber ich kann darin nichts finden, was irgendwie jetzt so stark ins Auge springt. Bezogen auf die gesamte Partei finde ich es auch schwierig, wenn man bedenkt, dass diese Partei ja nicht nur auf Bundesebene existiert, sondern eben in 16 Bundesländern. Will man jetzt den Bundesverband verbieten? Ich finde das ist doch mit Blick auf die Eingriffstiefe viel zu undifferenziert. Das sich aufdrängende mildere Mittel wäre doch, das passt hier denke ich besser, der Art. 18 GG.
Achja, und eine solche Veröffentlichung, Eingriff durch Realakt, berührt ja auch in massiver Weise die Interessen einer Partei. Müsste man nicht sogar sagen, dass die Veröffentlichung nach § 16 I BVerfSchG sich dann auch am erkennbar lesbaren hohen Bestimmtheitsgebot messen lassen muss i.S.d. §§ 3,4? Welchen Sinn haben diese Klarstellungen denn sonst?
PS: Ne, ich mag diese Partei ganz und gar nicht.
ich befasse mich gerade mit folgender Frage:
Nach § 16 I BVerfSchG informiert der Bundesverfassungsschutz die Öffentlichkeit darüber, ob "hinreichende gewichtige und tatsächliche Anhaltspunkte" dafür bestehen, dass Bestrebungen vom Verdachtsfall gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung i.S.d. § 3 BVerfSchG (legaldefiniert in § 4 II) ausgehen.
Ich lege den Schutzzweck so aus:
Die behördliche Informationstätigkeit des Verfassungsschutzes gegenüber der Öffentlichkeit entspricht nach meinem Verständnis grundsätzlich dem objektiven Grundrechtsschutz und dient der Informationsfreiheit i.S.d Art. 5 I GG. Wenn Art. 5 I GG ein Demokratiegrundrecht ist, dann muss man es entsprechend im Lichte von Art. 20 I, II GG und Art. 38 I GG gesehen werden. Konkreter würde ich auf den Grundsatz der Freiheit der Wahl hier abstellen. Dieser schützt auch die "Wahlentscheidungsfreiheit des Einzelnen". Die Grenzen sind bestimmbar über die Leitsätze zur Wahlwerbung. Also ich würde sagen, dass wenn das Sachlichkeits- und Neutralitätsgebot überschritten ist und der Beeinflussungscharakter offenbar wird, würde ich die Grenze ziehen. Der Bürger soll eben nicht beeinflusst werden und seine Entscheidung frei abgeben können.
Mit Blick auf diesen Schutzzweck bedeutet das aber auch, so verstehe ich das jetzt, dass der Wähler eben nichts wählen soll, was aus Sicht des Verfassungsschutzes aus "hinreichenden gewichtigen und tatsächlichen Gründen" gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung droht zu verstoßen. Die Anforderungen an diese Gründe sind dem Wortlaut entsprechend als extrem hoch anzusetzen.
Ich frage mich aber jetzt, wenn die Bundesregierung nun stellvertretend das Ergebnis dieser Bewertung bekannt gibt und sich eben auf dieses mutmaßlich sehr sachlich fundierte Gutachten stützt, gleichzeitig aber dieses Gutachten nicht veröffentlicht, ob sie es nicht sogar zwingend herausgeben muss? Kenne mich da nicht so sehr aus, aber man hätte doch sogar als Privatperson eigentlich einen Anspruch darauf nach § 1 IFG, sofern er nicht nach § 3 IFG ausgeschlossen ist.
Wenn aber der Spiegel es sogar vorliegen hat (https://www.spiegel.de/politik/deutschl ... c23c6bcb4d) und darüber schreiben kann/darf kann, dann verstehe ich nicht, warum es nicht gleich veröffentlicht wird?
Wenn sogar der Einzelne es verlangen darf, dann muss doch die Öffentlichkeit, mit Blick auf den Schutzzweck, gerade im Hinblick auf anstehende Wahlen erst recht erfahren müssen, was konkret drin steht? Ich denke, dass diese Wahlentscheidungsfreiheit zwei Seiten hat: Einerseits wird sie entsprechend geschützt, aber andererseits muss der Wähler ja noch selbst denken müssen und sollen? Daraus folgt doch schon, dass das Gutachten veröffentlicht werden muss?
Was ich auch schwierig finde? Was ist eigentlich "die AfD" und was bedeutet "rechtsextrem"? Habe jetzt mal das Parteiprogramm gelesen und versucht mich an § 4 II BVerfSchG zu orientieren, aber ich kann darin nichts finden, was irgendwie jetzt so stark ins Auge springt. Bezogen auf die gesamte Partei finde ich es auch schwierig, wenn man bedenkt, dass diese Partei ja nicht nur auf Bundesebene existiert, sondern eben in 16 Bundesländern. Will man jetzt den Bundesverband verbieten? Ich finde das ist doch mit Blick auf die Eingriffstiefe viel zu undifferenziert. Das sich aufdrängende mildere Mittel wäre doch, das passt hier denke ich besser, der Art. 18 GG.
Achja, und eine solche Veröffentlichung, Eingriff durch Realakt, berührt ja auch in massiver Weise die Interessen einer Partei. Müsste man nicht sogar sagen, dass die Veröffentlichung nach § 16 I BVerfSchG sich dann auch am erkennbar lesbaren hohen Bestimmtheitsgebot messen lassen muss i.S.d. §§ 3,4? Welchen Sinn haben diese Klarstellungen denn sonst?
PS: Ne, ich mag diese Partei ganz und gar nicht.
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Re: Was bedeutet "gesichert rechtsextrem"? §§ 16 I, 3 Abs. 1 BVerfSchG
Sorry vorab für die nur selektiven und sehr überschlägigen Einwürfe:
Ich gehe nicht davon aus, dass der Spiegel das Dokument offiziell erhalten hat und kennen soll. Das wird (wie immer) irgendwie "pflichtwidrig" durchgestochen worden sein.FKN993 hat geschrieben: ↑Mittwoch 7. Mai 2025, 18:57 Wenn aber der Spiegel es sogar vorliegen hat (https://www.spiegel.de/politik/deutschl ... c23c6bcb4d) und darüber schreiben kann/darf kann, dann verstehe ich nicht, warum es nicht gleich veröffentlicht wird?
Wenn sogar der Einzelne es verlangen darf, dann muss doch die Öffentlichkeit, mit Blick auf den Schutzzweck, gerade im Hinblick auf anstehende Wahlen erst recht erfahren müssen, was konkret drin steht?
Hätte man - wenn es allein hierauf ankäme - selbst gegen eine NSDAP vorgehen können? Von Konzentrationslagern und Vernichtungskrieg stand da auch nichts im Parteiprogramm. Kennst du die BVerfG-Entscheidungen zum NPD-Verbot? Die enthalten doch Kriterien zur Zurechnung vom Verhalten von Parteirepräsentanten, - mitgliedern und sogar -anhängern. Das sollte durchaus übertragbar sein. Zu "gesichert rechtsextremistisch" gibt es auch Rechtsprechung diverser Instanzen - ist die AfD doch gegen die Einstufung in den Ländern schon mehrfach erfolglos juristisch vorgegangen.FKN993 hat geschrieben: ↑Mittwoch 7. Mai 2025, 18:57 Was ich auch schwierig finde? Was ist eigentlich "die AfD" und was bedeutet "rechtsextrem"? Habe jetzt mal das Parteiprogramm gelesen und versucht mich an § 4 II BVerfSchG zu orientieren, aber ich kann darin nichts finden, was irgendwie jetzt so stark ins Auge springt.
Seltsame Anmerkung.
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Re: Was bedeutet "gesichert rechtsextrem"? §§ 16 I, 3 Abs. 1 BVerfSchG
Der Bericht enthält entsprechend der einschlägigen Medienberichte insbesondere öffentliche Äußerungen von Personen mit relevanten Parteiämtern, die in der Wahrnehmung dieser Funktion getätigt wurden. Es gibt wohl einen in seiner Wichtigkeit nachrangingen Anteil von mittels V-Leuten erwirkten Informationen. Es ist meines Erachtens, wenn man sich mit der AfD und ihren Vernetzungen zu rechten Strukturen usw. beschäftigt, auch wirklich nicht überraschend, dass der Verfassungsschutz zu einem solchen Ergebnis gekommen ist. Und es ist ohne Weiteres legitim auf sowas abzustellen - die örtliche rechtsextreme Burschenschaft (die von den übrigen Verbindungen deshalb auch absolut gemieden wird) hat auch eine Website, auf der steht, dass sie ja “heimatverbundene Demokraten” sind - das führt aber nicht dazu, dass das stimmt. Die Nazis äußerten sich übrigens auch in weimarer Zeiten aus Angst vor einem Verbot “zurückhaltender”.
Was gesichert rechtsextrem im juristischen Sinne ist, ist m.E. erstmal nicht so wichtig. Dafür gibt es juristische Begriffe und man kann sich dann darüber streiten, ob die Subsumtion korrekt geschehen ist - soweit Juristischer Alltag. Wenn man aber - das muss ich mal so plakativ sagen - zwei Augen im Kopf und eine historische Rundumschau vornimmt, dann sind insbesondere die Demokratiefeindlichkeit und die Außgrenzungstendenz der Partei offenkundig - und das auch, wenn man den grundsätzlich als erlaubt zu unterstellenden Populismus entfernt. Man muss insbesondere nur bestimmte Trends der Basis beobachten. Natürlich ist die AfD eine komplexe Struktur - wie nicht - und einzelne Landesverbände sind in der Ausrichtung der Führung durchaus auch unterschiedlich orientiert. Der Gesamteindruck ist aber klar und die Partei besteht eben nicht nur aus der Bundesparteiführung (die, für mich, schon unerträglich genug ist). Den Bericht kurz zusammengefasst und lapidar gesprochen: Wasser ist nass.
Bezüglich des Schutzzwecks würde ich mal nicht so komplex argumentieren. Das Schlagwort ist einfach wehrhafte Demokratie. Die Demokratie ist selbst im engsten Grundkonzept vulnerabel (die Mehrheit bestimmt und könnte sie theoretisch abschaffen). Der Verfassungsschutz beobachtet dementsprechend die Parteienlandschaft, um exekutive oder judikative Maßnahmen zur Sicherung der Demokratie vorzubereiten, also formale Einschränkungen der Demokratie im Sinne der Durchsetzung von - nennen wir es mal “materieller Demokratie” inkl. von Minderheitsrechten etc. Der Bericht dient dann etwa im Rahmen eines Verbotsverfahrens vor dem BVerfG - dieses muss ja auf einer möglichst breiten Datengrundlage fußen (selbstredend natürlich nicht “nur” auf dem Verfassungsschutzbericht, aber das Gericht verfügt ja selbst nicht über den entsprechenden Verwaltungskörper). Und der Staat informiert natürlich immer über sein Handeln - das ist letztlich ein rechtsstaatliches Element der Transparenz und ggf. zur demokratischen Rückkopplung (also: bin ich zufrieden mit der Arbeit der Regierung Scholz/Merz etc.). Sachlich und neutral soll das ablaufen. Vorliegend passierte das ja vielleicht eher zu neutral - aus Angst vor der Beeinflussung von Wahlen, schien es, sollte das Papier lieber gar nicht veröffentlicht werden…
Ob ein Mehrwert in Bezug auf die Information der Bürger zur effektiven Wahrnehmung des Wahlrechts gegeben ist - naja. Wer die AfD gewählt hat und jetzt denkt: “Oh Gott, die sind ja rechtsextrem und ich glaube das auch ohne Einschränkung der ermittelnden Behörde!”, dem habe ich nicht mehr viel zu sagen. Aber ich zweifle daran, dass diese Person existiert. (Also ich will sagen: Entweder man war sich bewusst, dass die Partei rechtsextrem ist oder man will es nicht wissen und wird das auch jetzt nicht akzeptieren.)
Edit: Das ist weniger ein rechtlicher, als ein Meinungsbeitrag
Was gesichert rechtsextrem im juristischen Sinne ist, ist m.E. erstmal nicht so wichtig. Dafür gibt es juristische Begriffe und man kann sich dann darüber streiten, ob die Subsumtion korrekt geschehen ist - soweit Juristischer Alltag. Wenn man aber - das muss ich mal so plakativ sagen - zwei Augen im Kopf und eine historische Rundumschau vornimmt, dann sind insbesondere die Demokratiefeindlichkeit und die Außgrenzungstendenz der Partei offenkundig - und das auch, wenn man den grundsätzlich als erlaubt zu unterstellenden Populismus entfernt. Man muss insbesondere nur bestimmte Trends der Basis beobachten. Natürlich ist die AfD eine komplexe Struktur - wie nicht - und einzelne Landesverbände sind in der Ausrichtung der Führung durchaus auch unterschiedlich orientiert. Der Gesamteindruck ist aber klar und die Partei besteht eben nicht nur aus der Bundesparteiführung (die, für mich, schon unerträglich genug ist). Den Bericht kurz zusammengefasst und lapidar gesprochen: Wasser ist nass.
Bezüglich des Schutzzwecks würde ich mal nicht so komplex argumentieren. Das Schlagwort ist einfach wehrhafte Demokratie. Die Demokratie ist selbst im engsten Grundkonzept vulnerabel (die Mehrheit bestimmt und könnte sie theoretisch abschaffen). Der Verfassungsschutz beobachtet dementsprechend die Parteienlandschaft, um exekutive oder judikative Maßnahmen zur Sicherung der Demokratie vorzubereiten, also formale Einschränkungen der Demokratie im Sinne der Durchsetzung von - nennen wir es mal “materieller Demokratie” inkl. von Minderheitsrechten etc. Der Bericht dient dann etwa im Rahmen eines Verbotsverfahrens vor dem BVerfG - dieses muss ja auf einer möglichst breiten Datengrundlage fußen (selbstredend natürlich nicht “nur” auf dem Verfassungsschutzbericht, aber das Gericht verfügt ja selbst nicht über den entsprechenden Verwaltungskörper). Und der Staat informiert natürlich immer über sein Handeln - das ist letztlich ein rechtsstaatliches Element der Transparenz und ggf. zur demokratischen Rückkopplung (also: bin ich zufrieden mit der Arbeit der Regierung Scholz/Merz etc.). Sachlich und neutral soll das ablaufen. Vorliegend passierte das ja vielleicht eher zu neutral - aus Angst vor der Beeinflussung von Wahlen, schien es, sollte das Papier lieber gar nicht veröffentlicht werden…
Ob ein Mehrwert in Bezug auf die Information der Bürger zur effektiven Wahrnehmung des Wahlrechts gegeben ist - naja. Wer die AfD gewählt hat und jetzt denkt: “Oh Gott, die sind ja rechtsextrem und ich glaube das auch ohne Einschränkung der ermittelnden Behörde!”, dem habe ich nicht mehr viel zu sagen. Aber ich zweifle daran, dass diese Person existiert. (Also ich will sagen: Entweder man war sich bewusst, dass die Partei rechtsextrem ist oder man will es nicht wissen und wird das auch jetzt nicht akzeptieren.)
Edit: Das ist weniger ein rechtlicher, als ein Meinungsbeitrag
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Re: Was bedeutet "gesichert rechtsextrem"? §§ 16 I, 3 Abs. 1 BVerfSchG
Also ich habe jetzt die Entscheidung zur NPD mal gründlich gelesen. Etwas ironisch würde ich sagen, dass das BVerfG sich die Schreibvorlage damit schon geschaffen hat. Manche Passagen könnte man eigentlich übernehmen. Man müsste nur die Namen austauschen. Es würde damit zum gleichen Ergebnis kommen.
Das Problem, was ich sehe, würde ich auch mehr als pragmatisch einordnen. Gehen wir davon aus, dass der Antrag zulässig ist und davon, dass die Systematik dieselbe bleibt.
Der Unterschied zum NPD-Verfahren ist aber konkret der, dass die AfD nicht nur 5000 Mitglieder zählt wie die NPD einst, sondern über 50.000.
Der NPD die Verfassungswidrigkeit zu attestieren, war denke ich auch nicht schwierig, weil diese Subsumtion sich maßgeblich auf ihre wenigen Führungsmitglieder konzentrierte, es wurden immer die gleichen Spezis herangezogen, und echte Zweifel musste man an deren Gesinnung ja nun wirklich nicht haben. Die armen Menschen übrigens, die das formulieren mussten. Insgesamt waren es jedenfalls 263 Seiten.
Das Problem liegt damit auf der Hand: Die Größendimension. Hier gehts um 50.000 Mitglieder. Die demokratische Legitimation und die damit verbundene Sensibilität ist einfach eine ganz andere Dimension, vor allem wenn die inzwischen in Umfragen schon stärkste Kraft geworden sind. Der Aufstieg ist noch nicht vorbei, der fängt jetzt erst an fürchte ich leider. Auch politisch wäre das heikel: Dieses Verfahren würde auch extrem lange dauern denke ich. Wenn man das wirklich vorhat, dann muss man es jetzt machen unter Beachtung der möglichen Folge, dass es sie sogar stärkt.
Das nächste Problem folgt denke ich aus der fehlenden Vergleichbarkeit zur NPD und die daraus folgende Beurteilungsfähigkeit: Die Parteienstruktur ist einfach nicht so homogen:
Vor der Zäsur - Ära Lucke - war sie ein Zusammenschluss von Liberalen, die aufgrund der EZB-Politik sich für einen Euroaustritt aussprachen. Dann folgte die Petry-Gauland Zeit und ab diesem Zeitpunkt kann man von einem Rechtsruck tatsächlich sprechen und damit wurde sie auch ab 2015 wirklich populär. Damit im Zusammenhang muss man aber beachten, dass damit für viele gewisse Chancen von jetzt auf gleich sich auftaten schnell politisch Karriere zu machen. Für Leute, die zuvor keiner Partei angehört haben, wäre das in den etablierten Parteien so schnell nie möglich gewesen. Die haben und mussten jeden nehmen. Deswegen glaube ich, dass in der AfD mehrere Parteien unter einem Deckel stecken. Es sind nicht nur einfache Flügel. Das ist glaube ich gar nicht so leicht differenzieren und deswegen wird es auch sehr herausfordernd werden dann das "darauf ausgehen" zu subsumieren. Das jedem damit recht zu machen. Halte das ehrlich gesagt kaum für möglich und ich glaube, dass das auch vorsehbar ist.
Also was ich als das eigentliche juristische und politische Problem in dem Ding sehe ist einfach, dass die eben diese demokratische Legitimation haben. Für die NPD hat sich politisch ja fast niemand interessiert. Die waren klar rechtsextrem. Aber trifft das auf "die AfD" und ihre Wähler auch zu? Ich kann nicht die ganze Zeit davon sprechen, dass sich Politik/Gesellschaft/Verfassung im Wandel befinden, aber dann starrsinnig an solchen Kategorien festhalten. Denke schon, dass die Mehrheit der AfD aus Menschen der konservativ angehauchten Mitte bestehen. Würde ich meinen. Man kann sich ja mal die Wählerwanderungen anschauen.
Das Problem, was ich sehe, würde ich auch mehr als pragmatisch einordnen. Gehen wir davon aus, dass der Antrag zulässig ist und davon, dass die Systematik dieselbe bleibt.
Der Unterschied zum NPD-Verfahren ist aber konkret der, dass die AfD nicht nur 5000 Mitglieder zählt wie die NPD einst, sondern über 50.000.
Der NPD die Verfassungswidrigkeit zu attestieren, war denke ich auch nicht schwierig, weil diese Subsumtion sich maßgeblich auf ihre wenigen Führungsmitglieder konzentrierte, es wurden immer die gleichen Spezis herangezogen, und echte Zweifel musste man an deren Gesinnung ja nun wirklich nicht haben. Die armen Menschen übrigens, die das formulieren mussten. Insgesamt waren es jedenfalls 263 Seiten.
Das Problem liegt damit auf der Hand: Die Größendimension. Hier gehts um 50.000 Mitglieder. Die demokratische Legitimation und die damit verbundene Sensibilität ist einfach eine ganz andere Dimension, vor allem wenn die inzwischen in Umfragen schon stärkste Kraft geworden sind. Der Aufstieg ist noch nicht vorbei, der fängt jetzt erst an fürchte ich leider. Auch politisch wäre das heikel: Dieses Verfahren würde auch extrem lange dauern denke ich. Wenn man das wirklich vorhat, dann muss man es jetzt machen unter Beachtung der möglichen Folge, dass es sie sogar stärkt.
Das nächste Problem folgt denke ich aus der fehlenden Vergleichbarkeit zur NPD und die daraus folgende Beurteilungsfähigkeit: Die Parteienstruktur ist einfach nicht so homogen:
Vor der Zäsur - Ära Lucke - war sie ein Zusammenschluss von Liberalen, die aufgrund der EZB-Politik sich für einen Euroaustritt aussprachen. Dann folgte die Petry-Gauland Zeit und ab diesem Zeitpunkt kann man von einem Rechtsruck tatsächlich sprechen und damit wurde sie auch ab 2015 wirklich populär. Damit im Zusammenhang muss man aber beachten, dass damit für viele gewisse Chancen von jetzt auf gleich sich auftaten schnell politisch Karriere zu machen. Für Leute, die zuvor keiner Partei angehört haben, wäre das in den etablierten Parteien so schnell nie möglich gewesen. Die haben und mussten jeden nehmen. Deswegen glaube ich, dass in der AfD mehrere Parteien unter einem Deckel stecken. Es sind nicht nur einfache Flügel. Das ist glaube ich gar nicht so leicht differenzieren und deswegen wird es auch sehr herausfordernd werden dann das "darauf ausgehen" zu subsumieren. Das jedem damit recht zu machen. Halte das ehrlich gesagt kaum für möglich und ich glaube, dass das auch vorsehbar ist.
Also was ich als das eigentliche juristische und politische Problem in dem Ding sehe ist einfach, dass die eben diese demokratische Legitimation haben. Für die NPD hat sich politisch ja fast niemand interessiert. Die waren klar rechtsextrem. Aber trifft das auf "die AfD" und ihre Wähler auch zu? Ich kann nicht die ganze Zeit davon sprechen, dass sich Politik/Gesellschaft/Verfassung im Wandel befinden, aber dann starrsinnig an solchen Kategorien festhalten. Denke schon, dass die Mehrheit der AfD aus Menschen der konservativ angehauchten Mitte bestehen. Würde ich meinen. Man kann sich ja mal die Wählerwanderungen anschauen.
Zuletzt geändert von FKN993 am Donnerstag 8. Mai 2025, 16:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Was bedeutet "gesichert rechtsextrem"? §§ 16 I, 3 Abs. 1 BVerfSchG
Die demokratische Legitimation ist genau so wie das politisch-strategische Argument juristisch m.E. irrelevant. Gerade auch im historischen Kontext des GG sollte ja eben gerade die erfolgreich-aufstrebende faschistische Partei verboten werden dürfen. Die Rechtsfrage, ob die AfD so eine Partei im juristischen Sinne ist, gilt in Ermangelung eines Urteils des BVerfGs naturgemäß als relativ offen. Experten munkeln, ein Verfahren würde ca. 2 Jahre dauern (aber woher wollen die das eigentlich wissen? xD).
Das "Unbehagen", dass man natürlich damit einem erheblichen Bevölkerungsteil die Wahlentscheidung "abringt", bleibt natürlich.
Dass das faktisch natürlich schwierig ist - da hast du absolut recht. Ich wäre mir aber ehrlich gesagt nicht so sicher, ob es dann die allergrößten Aufstände gibt. Die Wähler der AfD sind häufig ehemalige Nichtwähler, also, dem Grunde nach, wohl lange Zeit eher unpolitisch. Ich will jetzt auch nicht herablassend wirken, aber die Argumentation zur Wahlentscheidung ist da oft auch eher unterkomplex, scheint es mir (oft ist es ja eine Mischung aus "die da oben" und "ich hier unten" und "aber die unter mir"). Die Wahlentscheidung basiert, so scheint es mir, auch nicht auf umfänglicher Beschäftigung mit den Themen oder gar auf einer Aufmerksamkeit für die großen Eckpunkte der Tagespolitik. (Das ist bei den anderen Parteien ja oft auch nicht anders!) Und auf Demonstrationen etc., von manchen ostdeutschen Phänomenen ("Corona-Spaziergänge" usw.) mal abgesehen, ist es auch nicht der Bevölkerungsanteil, der besonders Demo-affin ist. Ehrlich gesagt: Ich glaube, das Verbot würde nicht so viel bewirken, wie immer vorausgesagt wird - Missmut ja, aber der würde dann einfach auf anderem Wege Ausdruck finden. Und die richtig rechtsextremen Leute formieren ja jetzt eh schon andere "Gruppen".
Das "Unbehagen", dass man natürlich damit einem erheblichen Bevölkerungsteil die Wahlentscheidung "abringt", bleibt natürlich.
Dass das faktisch natürlich schwierig ist - da hast du absolut recht. Ich wäre mir aber ehrlich gesagt nicht so sicher, ob es dann die allergrößten Aufstände gibt. Die Wähler der AfD sind häufig ehemalige Nichtwähler, also, dem Grunde nach, wohl lange Zeit eher unpolitisch. Ich will jetzt auch nicht herablassend wirken, aber die Argumentation zur Wahlentscheidung ist da oft auch eher unterkomplex, scheint es mir (oft ist es ja eine Mischung aus "die da oben" und "ich hier unten" und "aber die unter mir"). Die Wahlentscheidung basiert, so scheint es mir, auch nicht auf umfänglicher Beschäftigung mit den Themen oder gar auf einer Aufmerksamkeit für die großen Eckpunkte der Tagespolitik. (Das ist bei den anderen Parteien ja oft auch nicht anders!) Und auf Demonstrationen etc., von manchen ostdeutschen Phänomenen ("Corona-Spaziergänge" usw.) mal abgesehen, ist es auch nicht der Bevölkerungsanteil, der besonders Demo-affin ist. Ehrlich gesagt: Ich glaube, das Verbot würde nicht so viel bewirken, wie immer vorausgesagt wird - Missmut ja, aber der würde dann einfach auf anderem Wege Ausdruck finden. Und die richtig rechtsextremen Leute formieren ja jetzt eh schon andere "Gruppen".
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Re: Was bedeutet "gesichert rechtsextrem"? §§ 16 I, 3 Abs. 1 BVerfSchG
Aber wie erklären sich diese Ergebnisse? Lange dachte ich, dass es schlichtweg auf Politikverdrossenheit, Unzufriedenheit oder Protest zurückführbar ist. Schaut man sich ihre Entwicklungskurve in Gesamtheit aber an, dann passt das eigentlich nicht mehr dazu. Vielmehr konnten sie kontinuierlich wachsen und es sieht jetzt nicht danach aus, dass das irgendwie stagniert. Bemerkenswert ist doch, dass sie insbesondere nach der Bundestagswahl in den Umfragen die CDU sogar noch überholen konnten. Das Ergebnis erscheint auch in einem anderen Licht, wenn die Stimmen der CSU weggedacht werden. Das wiederum zeigt umso mehr, dass wir uns in einer parlamentarischen Vertrauenskrise befinden?
Die Schlussfolgerung wäre aber nur richtig, wenn man ihr Erstarken mit Protest und oder Unzufriedenheit erklärt. Denkbar wäre ja auch die Bewertung, dass sich schlicht und ergreifend viele Menschen in diesem Land sich eben genau ihre versprochene Politik wünschen.
Und die Frage um die Bewertung der Wählerlegitimation finde ich gar nicht so leicht. Als ich damals eine Seminararbeit über Weimar und den Notverordnungsartikel schrieb, fragte ich meinen Prof., sogar ein Verfassungsrichter, ob er denn glaubte, ob das Grundgesetz ein rechtlicher und tatsächlicher Garant sei, um zu verhindern, dass so etwas nie wieder geschehe (Stichwort Wehrhaftigkeit). Seine Antwort: Das sei idiotisch zu glauben. Würden einmal die falschen Kräfte ans Ruder kommen, dann wäre die Verfassung nur noch ihr Papier wert. Und ich finde die folgende Fragestellung auch sehr interessant: Er meinte auch zu mir, dass das Grundgesetz nicht von einer oder der Verfassungstheorie zu denken wäre. Und wer behauptete, eine zu haben, der würde lügen.
Naja, Frage an der Stelle an alle:
Steht die demokratische Legitimation i.S.d. Art. 20 II GG nicht primär über allem? In den Gründungsprotokollen zum Grundgesetz findet sich glaube ich sogar ein Passus nach Kant: Der Staat wäre eine Institution, die der Menschen willens da sei, und nicht der Mensch des Staates willens. Das ist zwar mega abstrakt, aber worauf ich damit hinaus will, ist die Frage, ob der Einzelne und das Kollektiv nicht dem Grundgesetz abstrakt übergeordnet sind, wenn "der Staat" als ein Zusammenschluss von juristischen Personen (Verband) nach diesem Verständnis nicht als Selbstzweck verstanden wird. Also ich folge tatsächlich einem Staatsverständnis, dass der Staat als Rechtskonstrukt verstanden ein Ergebnis einer Zusammenkunft von Menschen ist. Also mehr ein Gesellschaftsvertrag. Man könnte auch mit Hegel um die Ecke kommen und behaupten, dass der Staat das metaphysische Medium wäre. Also die Freiheit und all diese Metaphysik leitet der Einzelne vom Staat ab. Verstünde man es so, geht es mehr in die Richtung des Bürgers als Unterworfenen.
Gedankenexperiment: Wenn aber schon mit dem Modell der demokratischen Legitimationskette argumentiert wird, dann werden damit sogar die Richter des Verfassungsgerichts über den Wählerwillen legitimiert. Was wäre aber, wenn morgen alle Bürger auf dem Trip wären die AfD zu wählen und keine andere Partei. Die absolute Zustimmung. Und damit es noch deutlicher wird: Wenn das Verfassungsgericht genau in diesem Zeitpunkt entscheiden würde, wäre es erkennbar schlecht legitimiert, wenn es die Partei verbieten würde.
Oh, Nachtrag: https://www.tagesschau.de/inland/innenp ... m-100.html

Die Schlussfolgerung wäre aber nur richtig, wenn man ihr Erstarken mit Protest und oder Unzufriedenheit erklärt. Denkbar wäre ja auch die Bewertung, dass sich schlicht und ergreifend viele Menschen in diesem Land sich eben genau ihre versprochene Politik wünschen.
Und die Frage um die Bewertung der Wählerlegitimation finde ich gar nicht so leicht. Als ich damals eine Seminararbeit über Weimar und den Notverordnungsartikel schrieb, fragte ich meinen Prof., sogar ein Verfassungsrichter, ob er denn glaubte, ob das Grundgesetz ein rechtlicher und tatsächlicher Garant sei, um zu verhindern, dass so etwas nie wieder geschehe (Stichwort Wehrhaftigkeit). Seine Antwort: Das sei idiotisch zu glauben. Würden einmal die falschen Kräfte ans Ruder kommen, dann wäre die Verfassung nur noch ihr Papier wert. Und ich finde die folgende Fragestellung auch sehr interessant: Er meinte auch zu mir, dass das Grundgesetz nicht von einer oder der Verfassungstheorie zu denken wäre. Und wer behauptete, eine zu haben, der würde lügen.
Naja, Frage an der Stelle an alle:
Steht die demokratische Legitimation i.S.d. Art. 20 II GG nicht primär über allem? In den Gründungsprotokollen zum Grundgesetz findet sich glaube ich sogar ein Passus nach Kant: Der Staat wäre eine Institution, die der Menschen willens da sei, und nicht der Mensch des Staates willens. Das ist zwar mega abstrakt, aber worauf ich damit hinaus will, ist die Frage, ob der Einzelne und das Kollektiv nicht dem Grundgesetz abstrakt übergeordnet sind, wenn "der Staat" als ein Zusammenschluss von juristischen Personen (Verband) nach diesem Verständnis nicht als Selbstzweck verstanden wird. Also ich folge tatsächlich einem Staatsverständnis, dass der Staat als Rechtskonstrukt verstanden ein Ergebnis einer Zusammenkunft von Menschen ist. Also mehr ein Gesellschaftsvertrag. Man könnte auch mit Hegel um die Ecke kommen und behaupten, dass der Staat das metaphysische Medium wäre. Also die Freiheit und all diese Metaphysik leitet der Einzelne vom Staat ab. Verstünde man es so, geht es mehr in die Richtung des Bürgers als Unterworfenen.
Gedankenexperiment: Wenn aber schon mit dem Modell der demokratischen Legitimationskette argumentiert wird, dann werden damit sogar die Richter des Verfassungsgerichts über den Wählerwillen legitimiert. Was wäre aber, wenn morgen alle Bürger auf dem Trip wären die AfD zu wählen und keine andere Partei. Die absolute Zustimmung. Und damit es noch deutlicher wird: Wenn das Verfassungsgericht genau in diesem Zeitpunkt entscheiden würde, wäre es erkennbar schlecht legitimiert, wenn es die Partei verbieten würde.
Oh, Nachtrag: https://www.tagesschau.de/inland/innenp ... m-100.html

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Re: Was bedeutet "gesichert rechtsextrem"? §§ 16 I, 3 Abs. 1 BVerfSchG
Natürlich ist das GG kein Garant für gar nix - an Regeln wird sich nicht immer gehalten, sonst bräuchte man ja im Strafrecht niemals die Rechtsfolgenseite normieren oder anwenden.
Wenn man die CSU heraus rechnen will, muss man auch alle Stimmen aus Bayern heraus rechnen.
Und ja doch, genau diese Einschränkung des Volkswillens ist m.E. vorgesehen. Das kann man kritisch sehen, aber so ist es eben. Aber eben nur dann, wenn die Demokratie selbst gefährdet ist. Das ist ein wenig wie die Palliativmedizin - lebensbejahend, aber im Angesicht des Todes. Das mag man kritisieren, aber das ist der Status quo - mich hat er überzeugt.
Und die demokratische Legitimierung des BVerfGs besteht ja gerade dahingehend, dsss es den notwendigen Minderheitenschutz gegenüber der Mehrheitsmeinung der Demokratie aufrechterhält - deshalb entscheidet es absolut unabhängig. Nicht alles was aber legitimiert ist, ist auch legitim im Rechtssinn (nur kontrolliert das bei BVerfG niemand) oder legitim im moralischen Sinn.
Natürlich wird sich aber niemand für die alten Herren in roten Roben interessieren, wenn andere das Zepter der Zeit in Händen halten.
Wenn man die CSU heraus rechnen will, muss man auch alle Stimmen aus Bayern heraus rechnen.
Und ja doch, genau diese Einschränkung des Volkswillens ist m.E. vorgesehen. Das kann man kritisch sehen, aber so ist es eben. Aber eben nur dann, wenn die Demokratie selbst gefährdet ist. Das ist ein wenig wie die Palliativmedizin - lebensbejahend, aber im Angesicht des Todes. Das mag man kritisieren, aber das ist der Status quo - mich hat er überzeugt.
Und die demokratische Legitimierung des BVerfGs besteht ja gerade dahingehend, dsss es den notwendigen Minderheitenschutz gegenüber der Mehrheitsmeinung der Demokratie aufrechterhält - deshalb entscheidet es absolut unabhängig. Nicht alles was aber legitimiert ist, ist auch legitim im Rechtssinn (nur kontrolliert das bei BVerfG niemand) oder legitim im moralischen Sinn.
Natürlich wird sich aber niemand für die alten Herren in roten Roben interessieren, wenn andere das Zepter der Zeit in Händen halten.
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Re: Was bedeutet "gesichert rechtsextrem"? §§ 16 I, 3 Abs. 1 BVerfSchG
Also das mit den Bayern finde ich gar nicht so schlimm, die wollen doch eh immer für sich sein. Sonst immer so groß auftreten, aber wenns um Macht geht, spielen sie da die Kabinettstrittbrettfahrer-
Also ich sehe das weiterhin kritisch. Werden wir es nur je erfahren? Ich glaube nicht. Aber deswegen sehe ich den Staat immer in der Erklärungsrolle; da wird er nie herauskommen. Es geht hier schließlich um die Verhinderung von Machtmissbrauch.
Gut, das ist ein Argument. Minderheitenschutz. Dafür stehe ich auch ein! Es sei denn, dass es sich um die Grünen handelt.
Du hast recht:
"Die nationalsozialistische Bewegung wird in diesem Staate mit den verfassungsmäßigen Mitteln das Ziel zu erreichen suchen. Die Verfassung schreibt uns nur die Methoden vor, nicht aber das Ziel. Wir werden auf diesem verfassungsmäßigen Wege die ausschlaggebenden Mehrheiten in den gesetzgebenden Körperschaften zu erlangen suchen, um in dem Augenblick, wo uns das gelingt, den Staat in die Form zu gießen, die unseren Ideen entspricht (Zitat abgedruckt in Bucher, Der Reichswehrprozess. Der Hochverrat der Ulmer Reichswehroffiziere 1929/1930, 237-280).“
Also ich sehe das weiterhin kritisch. Werden wir es nur je erfahren? Ich glaube nicht. Aber deswegen sehe ich den Staat immer in der Erklärungsrolle; da wird er nie herauskommen. Es geht hier schließlich um die Verhinderung von Machtmissbrauch.
Gut, das ist ein Argument. Minderheitenschutz. Dafür stehe ich auch ein! Es sei denn, dass es sich um die Grünen handelt.
Du hast recht:
"Die nationalsozialistische Bewegung wird in diesem Staate mit den verfassungsmäßigen Mitteln das Ziel zu erreichen suchen. Die Verfassung schreibt uns nur die Methoden vor, nicht aber das Ziel. Wir werden auf diesem verfassungsmäßigen Wege die ausschlaggebenden Mehrheiten in den gesetzgebenden Körperschaften zu erlangen suchen, um in dem Augenblick, wo uns das gelingt, den Staat in die Form zu gießen, die unseren Ideen entspricht (Zitat abgedruckt in Bucher, Der Reichswehrprozess. Der Hochverrat der Ulmer Reichswehroffiziere 1929/1930, 237-280).“
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Re: Was bedeutet "gesichert rechtsextrem"? §§ 16 I, 3 Abs. 1 BVerfSchG
Ich bin übrigens Grünenwähler aus Bayern
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Re: Was bedeutet "gesichert rechtsextrem"? §§ 16 I, 3 Abs. 1 BVerfSchG
Na gut, Ausnahmen bestätigen die Regel-
Aber um meine Vorbehalte dieser Personengruppe gegenüber zu erläutern:
Die unzähligen Diskussionen mit ihnen, also zumindest mit jenen Grünen, die ich kenne, blieben i. d. R. immer im Versuch stecken. Die Gesprächsdynamik, meistens in der Kneipe, artete dann nach wenigen Minuten, manchmal waren es auch nur Sekunden, schnell in totalitäre, apodiktische und vor allem apokalyptische Gesprächsmuster aus, denen ich mich selbst auch oft mit durchgreifenden Argumentationen nicht zur Wehr setzen konnte. Vielmehr war es für mich traumatisch, wenn schon einer dieser apokalyptischen Reiter, von der Kanzel der dogmatischen Unfehlbarkeit auf mich herab sprechend, mir dann in aller Überzeugung das künftige Weltende prophezeien wollte oder noch schlimmer mir das Elektroauto als die Lösung verkaufen wollte. Kurze Randinformation: Ich habe mir dieses Studium auch deswegen so gegeben, um unter anderem mir bei BMW im Laden das Auto aussuchen zu können und definitiv nicht, um mit einem Golfcaddy durch die Gegend zu schleichen. So eine Karre hätte mich niemals so motivieren können. Long story short: Mein Schicksal war damit schon vorbestimmt und ich opferte mich dann, ausnahmsweise & freiwillig, als Märtyrer und nahm alle Schuld auf mich und erklärte die rhetorische Kapitulation-
Aber, im Grunde ist es doch wirklich meine Schuld, denn wenn ich weiß, worauf ich mich da einlasse, muss ich mich nachher nicht über die versuchte Gehirnwäsche beschweren. So sehe ich das. Schwierig mit denen.
Aber um meine Vorbehalte dieser Personengruppe gegenüber zu erläutern:
Die unzähligen Diskussionen mit ihnen, also zumindest mit jenen Grünen, die ich kenne, blieben i. d. R. immer im Versuch stecken. Die Gesprächsdynamik, meistens in der Kneipe, artete dann nach wenigen Minuten, manchmal waren es auch nur Sekunden, schnell in totalitäre, apodiktische und vor allem apokalyptische Gesprächsmuster aus, denen ich mich selbst auch oft mit durchgreifenden Argumentationen nicht zur Wehr setzen konnte. Vielmehr war es für mich traumatisch, wenn schon einer dieser apokalyptischen Reiter, von der Kanzel der dogmatischen Unfehlbarkeit auf mich herab sprechend, mir dann in aller Überzeugung das künftige Weltende prophezeien wollte oder noch schlimmer mir das Elektroauto als die Lösung verkaufen wollte. Kurze Randinformation: Ich habe mir dieses Studium auch deswegen so gegeben, um unter anderem mir bei BMW im Laden das Auto aussuchen zu können und definitiv nicht, um mit einem Golfcaddy durch die Gegend zu schleichen. So eine Karre hätte mich niemals so motivieren können. Long story short: Mein Schicksal war damit schon vorbestimmt und ich opferte mich dann, ausnahmsweise & freiwillig, als Märtyrer und nahm alle Schuld auf mich und erklärte die rhetorische Kapitulation-
Aber, im Grunde ist es doch wirklich meine Schuld, denn wenn ich weiß, worauf ich mich da einlasse, muss ich mich nachher nicht über die versuchte Gehirnwäsche beschweren. So sehe ich das. Schwierig mit denen.
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Re: Was bedeutet "gesichert rechtsextrem"? §§ 16 I, 3 Abs. 1 BVerfSchG
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»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
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Re: Was bedeutet "gesichert rechtsextrem"? §§ 16 I, 3 Abs. 1 BVerfSchG
Du hast einen eigenartigen Humor
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
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Re: Was bedeutet "gesichert rechtsextrem"? §§ 16 I, 3 Abs. 1 BVerfSchG
Es geht auch ohne: Ich habe schon immer diese linksgrüne Politik für eine nachhaltige Gefährdung des Industriestandorts gehalten. Während andere Länder anders verfahren, gehen wir erneut unseren Sonderweg, um als Vorbild, so entsprechend Baerbock, in der Welt zu erscheinen. Verfolgt man auch die internationale Berichtserstattung der letzten Jahre, dann drängt sich auf, dass andere und inzwischen sogar konkurrenzfähige Nationen uns mehr als Antivorbild begreifen. Wir repräsentieren inzwischen doch mehr den kranken Mann Europas als alles andere. Zu wichtigen Spitzentreffen wurden wir teilweise schon gar nicht mehr eingeladen. Über Baerbock, insbesondere ihre Englischkenntnisse als Außenministerin, machte man sich lustig. Zugleich überzeugte sie in ihrem Amt auch nicht unbedingt durch diplomatisches Feingefühl. Stattdessen hielt sie den gastgebenden Nationen oft Moralpredigten. Damit vertrat sie mehr ihre eigene persönliche Agenda als dass man sagen könnte, sie würde da wirklich auf eine demokratische Legitimation zurückgreifen. Zum anderen hat diese Agenda ebenfalls entgegen der Ankündigung für mehr Bürokratie gesorgt, als dass es irgendwie zur Entlastung beigetragen hätte. Beispielhaft genannt sei hier nur das Lieferkettengesetz. Oder noch besser das zum Glück gescheiterte Vorhaben namens Demokratieförderungsgesetz, jenes irgendwelche staatsnahen und selbsternannten Faktenchecker finanziell begünstigen wollte. Über viele Vorschläge dieser Agenda, kann man im Kern doch nur lachen. Das bewegt sich doch ungefähr auf dem Niveau, wenn Ricarda Lang anderen Ernährungstipps gibt.
Und das alles ist auch im Ergebnis Ausdruck der verfehlten EU-Politik, für jene wir aber auf EU-Ebene die maßgeblichen Impulse gesetzt haben. Die Behauptung, dass die Automobilindustrie nur deswegen zugrunde ginge, weil wir angeblich die Anpassung an die globale Marktsituation verschlafen hätten, glaube ich nicht. Deutschland ist inzwischen deswegen nicht mehr konkurrenzfähig, weil wir schlichtweg viel zu hohe Produktions- und Energiekosten haben.
Was die linksgrüne Agenda aber wohl nicht verstanden hat, ist die Tatsache, dass der Staat genuin überhaupt kein eigenes Vermögen besitzt, sondern Steuern im Interesse der Allgemeinheit von ihr erhebt. Für die Allgemeinheit lässt sich mal konkret auf die Mitte der Bevölkerung abstellen, die aber unter einer der höchsten Staatsquoten überhaupt leidet. Diese bereits sehr hohe Belastung der Mittelschicht muss aber auch im Zusammenhang mit den immens hohen Staatskosten gesehen werden, die für die Aufrechterhaltung dieses Apparates aufgewendet werden müssen. Die Sozialausgaben, auch für die Pensionszahlungen, explodieren inzwischen durch die geografische Situation Deutschlands. Wenn wir es nicht schaffen, das Label Industrienation zu erhalten, dann fallen dem Staat die Personen vermehrt weg, die dafür sorgen, dass dieser ganze Apparat entsprechend am Laufen gehalten werden kann. Und wenn dieses Geld fehlt, dann werden wir auch nicht mehr die Erde vor dem sog. Klimanotstand bewahren können.
Wie soll man sonst damit umgehen? Ich finde das ansonsten eher traurig. Man kann es natürlich anders labeln und von Wandel sprechen, klingt halt moderner und harmloser, oder klassisch von Strukturwandel oder den Folgen des Keynesianismus. Ob letzter aber auch noch so funktioniert, ist fraglich. Das wird die Zukunft wohl zeigen.
Und das alles ist auch im Ergebnis Ausdruck der verfehlten EU-Politik, für jene wir aber auf EU-Ebene die maßgeblichen Impulse gesetzt haben. Die Behauptung, dass die Automobilindustrie nur deswegen zugrunde ginge, weil wir angeblich die Anpassung an die globale Marktsituation verschlafen hätten, glaube ich nicht. Deutschland ist inzwischen deswegen nicht mehr konkurrenzfähig, weil wir schlichtweg viel zu hohe Produktions- und Energiekosten haben.
Was die linksgrüne Agenda aber wohl nicht verstanden hat, ist die Tatsache, dass der Staat genuin überhaupt kein eigenes Vermögen besitzt, sondern Steuern im Interesse der Allgemeinheit von ihr erhebt. Für die Allgemeinheit lässt sich mal konkret auf die Mitte der Bevölkerung abstellen, die aber unter einer der höchsten Staatsquoten überhaupt leidet. Diese bereits sehr hohe Belastung der Mittelschicht muss aber auch im Zusammenhang mit den immens hohen Staatskosten gesehen werden, die für die Aufrechterhaltung dieses Apparates aufgewendet werden müssen. Die Sozialausgaben, auch für die Pensionszahlungen, explodieren inzwischen durch die geografische Situation Deutschlands. Wenn wir es nicht schaffen, das Label Industrienation zu erhalten, dann fallen dem Staat die Personen vermehrt weg, die dafür sorgen, dass dieser ganze Apparat entsprechend am Laufen gehalten werden kann. Und wenn dieses Geld fehlt, dann werden wir auch nicht mehr die Erde vor dem sog. Klimanotstand bewahren können.
Wie soll man sonst damit umgehen? Ich finde das ansonsten eher traurig. Man kann es natürlich anders labeln und von Wandel sprechen, klingt halt moderner und harmloser, oder klassisch von Strukturwandel oder den Folgen des Keynesianismus. Ob letzter aber auch noch so funktioniert, ist fraglich. Das wird die Zukunft wohl zeigen.