Falllösung Gedächtnisprotokoll Strafrecht Examensklausur Mai 2024 NRW

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

Moderator: Verwaltung

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Yosemite
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Beitrag von Yosemite »

Hallöchen in die Runde :)

Ich bin eben auf ein Gedächtnisprotokoll aus dem Examensdurchgang Mai 2024 in NRW gestoßen. Leider weiß ich nicht so recht, welche Strafbarkeiten im Hinblick auf A in Betracht kommen könnten. Vor allem ist mir nicht klar, ob zwischen der Handlung hinsichtlich des Schlüssels und hinsichtlich des Schmucks differenziert werden muss.

Hier der Fall:
A ist in finanzielle Schwierigkeiten geraten und beschließt sich auf unredliche Weise Geld zu beschaffen. Dabei erinnert er sich an ein Gespräch mit seiner Freundin F, die ihm beiläufig und ohne Gedanken, erzählte dass ihre 90-jährige Bekannte B in einem kleinem Häusschen am Stadtrand lebt, aber eigentlich eine teure Villa besitzt, in der sich ihre Habseligkeiten befinden. A beschließt, dass B das perfekte Ziel sei. Er schafft es auch tatsächlich, dass die B ihn im Februar zum Kaffee einlädt. Schon kurz nach seiner Ankunft drückt er die B kraftvoll in den Sessel und fesselt sie mit einem mitgebrachten Kabel. Die nächsten 15 Minuten isst der A seinen mitgebrachten Kuchen. Anschließend streicht er sich mit der Gabel über den Arm und suggeriert ihr, dass sie ihm sagen solle wo sich der Schlüssel zur Villa befindet, da er ihr sonst weh tun würde. B ist ihr körperliches Wohlbefinden wichtiger als ihre Besitztümer und sie gibt ihm preis, dass sich der Schlüssel in einer Dose befindet. Alleine hätte A diesen Schlüssel niemals gefunden.

Er lässt die B gefesselt zurück und begibt sich zur Villa. Er betritt diese und findet auch relativ schnell die Schmuckschatullen der B, seine anvisierte Beute, aber ihn packt das schlechte Gewissen der ihm doch sympathischen B gegenüber und er verlässt die Villa wieder ohne etwas einzustecken. Er kommt zeitgleich mit F zum Haus zurück, dessen Tür er nur angelehnt hatte, wo F ihn direkt anherrscht mit „mach sie sofort los!“. A zerschneidet das Kabel und verschwindet. Die B bleibt unverletzt.

Angedacht habe ich schon mal Folgendes:
A. § 123 I (-), da der innere entgegenstehende Wille der B nach hM nicht beachtlich ist
B. §§ 249 I, 250 II Nr. 1 Alt. 2 bzgl. des Schlüssels (-), da keine Zueignungsabsicht

Dann C. §§ 253 I, 255, 250 II Nr. 1 Alt. 2 bzgl. des Schlüssels (-), da kein Vermögensschaden

Und dann weiß ich nicht so recht weiter. Vielleicht §§ 249 I, 250 II Nr. 1 Alt. 2, 13 I, 22, 23 I bzgl. des Schmucks? Hier bin ich mir auch nicht sicher, wie man die Prüfung aufbaut.

Vielleicht kann mir ja jemand von euch helfen, ich würde mich echt sehr freuen!
Danke vorab! :)
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Schnitte
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Beitrag von Schnitte »

Die Differenzierung Raub am Schlüssel/Raub am Schmuck wird hier sicher einer der vom Ersteller beabsichtigten Schwerpunkte gewesen sein, ebenso die Abgrenzung Raub/räuberische Erpressung. Ich würde hier von Raub (keine räuberische Erpressung, da "äußerliches Nehmen") ausgehen, und ich würde Raub am Schlüssel mangels Absicht dauerhafter Enteignung ablehnen; aber bei beidem ist anderes sicher vertretbar. Dann bliebe letztlich ein versuchter Raub am Schmuck. Daneben noch andere Delikte wie Hausfriedensbruch (würde ich beim Häuschen am Stadtrand ablehnen, aber bei der Villa annehmen) und die Aussetzung (neunzigjährige Frau gefesselt zurückgelassen...). Und natürlich diverse Qaulifikationen der genannten Delikte.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen…verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375 (Leitsatz der Redaktion)
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FKN993
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Beitrag von FKN993 »

Mir fällt noch § 239a StGB ein und das Ballet mit der restriktiven Auslegung. Folgt man dem BGH dann wäre ja der Raub auch spezieller und damit eine Qualifikation. Würde das klausurstrategisch immer so machen, um das mit dem § 239a StGB noch zu zeigen.
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Schnitte
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Beitrag von Schnitte »

Oh, und beim versuchten Raub am Schmuck natürlich möglicher Rücktritt.
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