Genus von Beteiligten im Urteil (Beklagte*r)

Staatsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht (Bau-, Kommunal-, Polizei- und Sicherheitsrecht, BImSchG etc.)

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Gürteltier
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Beitrag von Gürteltier »

Ich habe mal Lust auf eine etwas lockerere und vor allem absolut sinnlose Diskussion: Welches Genus benutzt man für nicht-natürliche Beteiligte im Urteil? (Vielleicht regt sich ja auch jemand über den Genderstern im Titel auf!)

Es geht um Folgendes:

Hat man eine juristische Person als Beteiligte*n, stellt sich die Frage, ob man sie nun als Beklagten oder Beklagte (Antragsteller/-in, Beschwerdeführer/-in usw.) bezeichnet.

Bei den klassischen juristischen Personen des Privatrechts ist dies einfacher: I.d.R. sollte es die feminine Version sein (GmbH, GbR).

Nicht konsequent erscheint die Rspr. bisweilen bei Gebietskörperschaften vorzugehen: Besonders neuralgisch ist anscheinend der Freistaat (Bayern). Hier findet sich sowohl die feminine wie auch die maskuline Form.

Was meint ihr? Ist es der Beklagte, weil es sich um *den* Freistaat handelt oder die Beklagte, weil es sich um eine Gebietskörperschaft bzw. eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt.

Oder ganz abstrahiert: Sind alle juristischen Personen mit dem Femininum zu adressieren?

Ist Bayern eine Frau? :drinking:
KMR
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Beitrag von KMR »

Meines Erachtens ist auch im öffentlichen Recht insofern das grammatikalische femininum für juristische Personen des öffentlichen Rechts üblich.

Das ist aber auch nur bei Ländern schwierig, die das Neutrum (mit entsprechenden Artikel "das") verwenden, in der Regel sich als Land bezeichnen, beispielsweise das Land Niedersachsen. Bei der Freien und Hansestadt Hamburg oder dem Freistaat Bayern, dem Freistaat Sachsen, dem Freistaat Thüringen ergibt sich das Problem nicht. Da kann man ganz normal auf die jeweiligen Formen zurückgreifen. Gleichermaßen bei der Bundesrepublik für den Bund. Damit also das grammatikalische Maskulinum für den Freistaat Bayern. Etwas anderes aber wenn man sich auf die Bayrische Staatsregierung oder ähnliches bezieht, dann ist natürlich wiederum das Femininum.

Und nein, irgendeine Phantasiekonstruktion, die die Regeln der deutschen Rechtschreibung und Grammatik außer Acht lässt, ist zu unterlassen. Siehe dazu die zutreffende Entscheidung des OLG Naumburg.
Gürteltier
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Beitrag von Gürteltier »

KMR hat geschrieben: Montag 29. September 2025, 11:33 Etwas anderes aber wenn man sich auf die Bayrische Staatsregierung oder ähnliches bezieht, dann ist natürlich wiederum das Femininum.
Natürlich ein guter Einwurf, aber Behörden sind in Bayern nicht beteiligtenfähig; Bayern hat von der Möglichkeit des § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nicht Gebrauch gemacht, die(/eine durch RVO bestimmte) Behörde tritt nur als Vertreterin des Freistaats auf.
KMR
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Beitrag von KMR »

Das widerspricht dann jedenfalls nicht meiner Auffassung, dass sich aus der Bezeichnung Freistaat Bayern ergibt, dass es der Beklagte ist ("der beklagte Freistaat Bayern").

Das Argument für "die" funktionket m.E. nur dann, wenn man sagt man stellt auf den Oberbegriff der (juristischen) Person ab.
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Schnitte
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Beitrag von Schnitte »

KMR hat geschrieben: Montag 29. September 2025, 11:45 Das widerspricht dann jedenfalls nicht meiner Auffassung, dass sich aus der Bezeichnung Freistaat Bayern ergibt, dass es der Beklagte ist ("der beklagte Freistaat Bayern").
In dieser Formulierung, also "der beklagte Freistaat Bayern", ist es natürlich maskulin. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass es, wenn "Freistaat Bayern" fehlt und "beklagt" substantiviert wird, es ebenfalls maskulin sein muss. Hier würde ich auch der alten Regel folgen, dass juristische Personen grundsätzlich feminin sind, im Privatrecht ebenso wie im öffentlichen. ICh habe keine Quelle dafür, dass es diese Regel verbindlich gibt, aber so habe ich das immer verstanden, und ich denke, damit macht man auch nichts falsch.

Wir hatten hier doch mal einen Poster, der eine wunderschöne Formulierung aus einem prüfungsrechtlichen Verwaltungsgerichtsurteil in seiner Signatur hatte: "Der Kläger stuiert Biologie an der Beklagten"...
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen…verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375 (Leitsatz der Redaktion)
KMR
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Beitrag von KMR »

Der Tendenz habe ich im Wesentlichen ja auch angeschlossen, dachte lediglich ob man so vielleicht auch jedenfalls im Falle Bayerns argumentieren könnte.

Ich weiß jedenfalls, dass unse hiesiges OVG Lüneburg (Nds) immer von der Beklagten spricht. Wir haben aber auch das Behördenprinzip über 79 NJG.

In NRW, die das gerade nicht haben, wird jedoch m.W.n. vom OVG Münster ebenfalls konsequent die Beklagte geschrieben.

Hinsichtlich des Studierens an der Beklagten passt das jedoch ohne weiteres zur Universität.
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