Ara hat geschrieben: ↑Montag 14. Oktober 2024, 18:03
Die Fachgerichte sollen übrigens wohl nach Neumünster.
Wie gehen eigentlich die Menschen zB in Niedersachsen oder Brandenburg mit der "menschlichen und finanziellen Katastrophe" um? Da scheinen mir die Strecken zu den Fachgerichten noch deutlich größer zu sein.
Und vielleicht sollten wir lieber mal anfangen alle LG Standorte zu schließen, die keinen Bahnhof haben. DAS ist nämlich wirklich nervig.
Da würde sich das LG Aurich aber beklagen - haben ja jetzt schon Probleme Leute zu finden als selbst bezeichneter abgelegener Gerichtsort. Dazu passend aus dem Paralellelfaden zur Rechtsprechung:
Mr_Black hat geschrieben: ↑Dienstag 15. April 2014, 14:39
Landgericht Aurich bezeichnet sich selbst als "abgelegenen Gerichtsort", weil es keinen Bahnhof hat:
Ein solcher Fall des Rechtsmissbrauchs ist hier offenkundig gegeben.Es ist nämlich aus keinem anderen Gesichtspunkt als dem der Schadenszufügung und der arglistigen Erschwerung der Rechtsverteidigung des Antragsgegners zu erklären, dass die Antragstellerin die einstweilige Verfügung ausgerechnet in Aurich beantragt. (...) Daraus erschließt sich die Absicht, den Antragsgegner durch die Wahl eines im Bundesgebiet abgelegenen und von seinem Geschäftssitz verkehrsmäßig nur schwer (Aurich hat keinen Bahnhof für Personenbeförderung) zu erreichenden Gerichtsortes zu benachteiligen.
LG Aurich, Beschluss vom 22.01.2013, Az.: 6 O 38/13
Ich hatte auch an Aurich gedacht. Wobei das zitierte Urteil insoweit nicht vollständig ist. Das LG Aurich ist nämlich auch für seine überdurchschnittlich schlechte Rechtsprechung bekannt. Bei erfolgreichen Revisionen führt das LG Aurich bei mir unangefochten.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Das Spiel geht weiter... Irgendwann sind die Schulen dran. Dann müssen alle Schüler morgens nach Neumünster gurken zur Einheitsschule in SH, alle RichterInnen und Gerichtsbedienstete auch, Neumünster wird zur Millionenstadt....Wann hört das endlich auf? ARgggggg
Ich behaupte mal, dass es den meisten Bürgern ziemlich egal ist, ob sie zum jeweils zuständigen Fachgericht in der Sozial- oder Arbeitsgerichtsbarkeit nun zwanzig Minuten mit dem Bus in die eigene Innenstadt brauchen oder eineinhalb Stunden mit dem Auto übers platte Land. Die meisten Bürger haben nämlich in ihrem Leben, wenn überhaupt jemals, dann doch sehr selten mit solchen Gerichten zu tun - und wenn doch, dann ist es ein für sie wichtiger Vorgang, für den es sich auch lohnt, eine gewisse Anreise in Kauf zu nehmen. Viele Menschen fahren viel häufiger viel weitere Strecken für viel weniger wichtige Anlässe ohne zu murren, etwa für ein Auswärtsspiel ihres Fußballclubs. Manche Fachgerichte sind auch heute schon stark konzentriert mit langen Anfahrtswegen für die Bürger - so vor allem die Finanzgerichtsbarkeit.
Den Anwälten, Richtern und Justizbediensteten, die sich in ihrer Wohnortplanung auf die Existenz eine bestimmten Gerichts an einem bestimmten Ort eingestellt haben, passen solche Pläne natürlich nicht, und die beschweren sich dann. Das ist verständlich. Es ist dann aber unanständig, hier die "Nähe zum Bürger" als Argument vorzuschieben, wenn man in Wahrheit nur das eigene Interesse im Blick hat.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen…verstoßen nicht gegen göttliches Recht."
--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375 (Leitsatz der Redaktion)
Schnitte hat geschrieben: ↑Mittwoch 16. Oktober 2024, 17:28
Ich behaupte mal, dass es den meisten Bürgern ziemlich egal ist, ob sie zum jeweils zuständigen Fachgericht in der Sozial- oder Arbeitsgerichtsbarkeit nun zwanzig Minuten mit dem Bus in die eigene Innenstadt brauchen oder eineinhalb Stunden mit dem Auto übers platte Land. Die meisten Bürger haben nämlich in ihrem Leben, wenn überhaupt jemals, dann doch sehr selten mit solchen Gerichten zu tun - und wenn doch, dann ist es ein für sie wichtiger Vorgang, für den es sich auch lohnt, eine gewisse Anreise in Kauf zu nehmen. Viele Menschen fahren viel häufiger viel weitere Strecken für viel weniger wichtige Anlässe ohne zu murren, etwa für ein Auswärtsspiel ihres Fußballclubs. Manche Fachgerichte sind auch heute schon stark konzentriert mit langen Anfahrtswegen für die Bürger - so vor allem die Finanzgerichtsbarkeit.
Den Anwälten, Richtern und Justizbediensteten, die sich in ihrer Wohnortplanung auf die Existenz eine bestimmten Gerichts an einem bestimmten Ort eingestellt haben, passen solche Pläne natürlich nicht, und die beschweren sich dann. Das ist verständlich. Es ist dann aber unanständig, hier die "Nähe zum Bürger" als Argument vorzuschieben, wenn man in Wahrheit nur das eigene Interesse im Blick hat.
Ob jetzt die FGs als Obergerichte da der beste Vergleich sind, mag man dran zweifeln. Während sich zwar NRW und Bayern mehrere FGs und LAGs leisten, jeweils 3 und 2, haben sonst die Länder regelmäßig nur ein Obergericht der jeweiligen Fachgerichtsbarkeit, teilweise nichtmal das (bspw. LSG Nds-Bremen, OVG Berlin-BB)
Es ist in erster Linie für die Justizbediensteten einschließlich der Referendare misslich; denn selbst die RA sind nicht ständig am gleichen Gericht zugegen. Zudem ist es insofern misslich, dass mE der vorderste Grund wohl darin zu sehen ist, dass sich mit Haushaltsmitteln für die Justiz kein Wahlkampf machen lässt.
Ich zitiere mal ein Anruf vom Amtsgericht Schwarzenbek "Guten Tag, Richter X vom AG Schwarzenbek. Sie fragen sich jetzt sicher welches Verfahren Sie wohl in Schwarzenbek haben oder?"
Natürlich nicht... Da ich in meinen - nun doch schon einigen - Jahren als Strafverteidiger im Norden tatsächlich nach über 6 Jahren das erste mal ein Verfahren in Schwarzenbek habe. Das AG Meldorf, Niebüll, Oldenburg (in Holstein), Eutin, Eckernförder und Ratzeburg habe ich tatsächlich noch nie gesehen. Dass Rendsburg ein eigenes AG hat, war mir nicht mal bekannt.
Es würde ganz ehrlich aus Sicht der Bürger gar nichts dagegen sprechen, die AGs bei den Landgerichten zu konzentrieren. Wie Schnitte schon sagt, für 99% der Bevölkerung wird das egal sein, ob sie nach Schwarzenbek zum AG fahren oder nach Lübeck zum LG. Die Schwarzenbeker fahren doch sowieso regelmäßig in die Stadt nach Lübeck oder Hamburg.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Eben. Wer seine Steuerstreitigkeiten gerichtlich ausfechten will, muss schon seit jeher teilweise lange Anfahrtwege zur ersten Instanz in Kauf nehmen. Daher fände ich es nicht so unzumutbar, wenn es bei den Arbeits- und Sozialgerichten ähnlich wäre. Bei den Amtsgerichten würde mich das Argument mit der Bürgernähe noch eher überzeugen, weil man dort mit größerer Wahrscheinlichkeit auch als Normalbürger mal mit einer kleineren Sache hin muss.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen…verstoßen nicht gegen göttliches Recht."
--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375 (Leitsatz der Redaktion)
Ich sehe das im Wesentlichen wie Schnitte. Für die Amtsgerichte wäre es im Übrigen nicht sinnvoll, diese an den LGs zu konzentrieren. Die machen nämlich nicht nur Strafrecht und Zivilrecht sondern auch Angelegenheiten, bei denen kurze Wege sehr sinnvoll sind (Betreuung und Familie). Die kurzen Wege sind dabei nicht nur örtlich gemeint.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
- Daria -
Ich weiß nicht wie das "tlw." zu verstehen ist, aber SH nutzt das eingesparte Geld durch die Konzentration der Gerichte für die Schaffung von 25 weitere Stellen für Staatsanwälte. Letztes Jahr wurden auch bereits 29 neue Planstellen geschaffen.
Es ist daher eher eine Umstrukturierung
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Wenn ich zwischen einer personell ausreichend besetzten, aber geografisch konzentrierten Justiz einerseits oder einer in der Fläche präsenten, aber überlasteten Justiz wählen müsste, würde ich ersteres nehmen. Ich weiß, dass die Realität nie so einfach ist wie solche schematischen Optionen, und ich weiß auch, dass das Versprechen der Landesregierung “zentralisierte Gerichte im Austausch für 25 neue Staatsanwälte” ein wahltaktischer Trick sein könnte und die neuen Stellen wieder anderswo im Haushalt herausgetrickst werden. Aber trotzdem ist es zumindest im Grundsatz her vielleicht durchaus legitim, das so zu machen.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen…verstoßen nicht gegen göttliches Recht."
--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375 (Leitsatz der Redaktion)
Vielleicht reichen die 25 Stellen sogar aus, um die Minderleistung aufzufangen, die dadurch entsteht, dass unzufriedene Richter und Staatsanwälte weniger engagiert arbeiten aufgrund der Folgen der Reform für ihre Lebensplanung ( u.a. längere Pendelzeiten).