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Berufschancen mit niedrigen Punkten

Verfasst: Sonntag 9. Oktober 2011, 19:11
von Einstein
Ich lese in den meisten Themen nur die Diskussion darüber, ob man mit schlechten Noten auch eine Chance auf dem Arbeitsmarkt hat. Was auffällt ist, dass Leute, die mit 4 oder 5 Punkten das Examen bestanden haben, nirgends wo publik machen, dass auch sie früher oder später einen Job bekommen haben und keiner Pizzataxi durch die Gegend fährt. Kann jemand aus eigener Erfahrung bestätigen, dass er/sie trotz bescheidenem Abschluss einen Beruf gefunden hat, der dem Rechnung trägt, was man mit immerhin 2 Examina geleistet hat?

Re: Berufschancen mit niedrigen Punkten

Verfasst: Sonntag 9. Oktober 2011, 19:22
von canettini
ui, also wenn sich jetzt dann keiner meldet sollten wir uns wirklich langsam Gedanken machen.

Re: Berufschancen mit niedrigen Punkten

Verfasst: Sonntag 9. Oktober 2011, 19:34
von Fyrion
hier sind halt nur die krassen prädikatsjuristen am start. die anderen können sich kein internet leisten \:D/

Re: Berufschancen mit niedrigen Punkten

Verfasst: Sonntag 9. Oktober 2011, 20:57
von joee78
Das läuft bei Doppelt-Ausreichend fast nur über Beziehungen, d.h. man hat vorher schon in ner Kanzlei gearbeitet und denen gezeigt, dass man was kann. In nem normalen Bewerbungsverfahren mit 50-100 Konkurrenten, von denen die Hälfte mindestens Befriedigend hat, hat man keine Chance.

Da bleibt einem wirklich nur der steinige Weg, über die Selbständigkeit erstmal Berufserfahrung zu sammeln und sich dann mit neu gemischten Karten zu bewerben! Oder prekäre Arbeitsverhältnisse a la "Umsatzbeteiligung", "freie Mitarbeit" etc. zu akzeptieren und mit Hartz-4 aufzustocken.

Re: Berufschancen mit niedrigen Punkten

Verfasst: Sonntag 9. Oktober 2011, 21:14
von Kasimir
Die Leute, die ich mit der Kombi befriedigend/ausreichend oder ausreichend/ausreichend kenne sind wie folgt untergekommen:
- Kontakte aus dem Referendariat (Stationskanzlei)
- Sachbearbeiter in Versicherungen
- Selbständig
- jurafremde Jobs aufgrund entsprechender Zusatzquali (Personalreferent etc.)
- Sachbearbeiter bei der ARGE

Wenn man ein ausreichend hat, dürfte es in normalen Bewerbungsverfahren in der Tat schwierig werden. Da ist es um so wichtiger, dass man sich auf "gefragte" Bereiche spezialisiert hat und dies durch entsprechende Referendarsstationen, Fachanwaltslehrgänge etc. belegen kann. Wer einen roten Faden im juristischen Lebenslauf hat, hat meist ja auch bereits die entsprechenden Kontakte. "Nur" aufgrund der zwei Examina bekommt man keinen Job.

Die Bezahlung bei den o.g. Jobs ist meist okay, aber natürlich nicht berauschend. Kenne sogar jemanden, der mit der Kombi befriedigend/ausreichend über 40k bei einer Versicherung bekommt, was ja wirklich nicht schlecht ist.

Re: Berufschancen mit niedrigen Punkten

Verfasst: Sonntag 9. Oktober 2011, 21:21
von Antonio
Oder man hat einfach Glück. Bei uns wird nicht nach Noten eingestellt. Mir kommt es auf den Eindruck, die Person an. Aber ich gebe zu, das dürfte die absolute Ausnahme sein.

Was natürlich hilft, ist ein Fachanwaltslehrgang in dem gesuchten Gebiet. Den sollte man sich von der BA zahlen lassen und genau überlegen, welchen man nimmt.

Ach ja, mit doppelt ausreichend sollte man sich nicht zu schade sein, die Probezeit für etwa 24k zu arbeiten.

Re: Berufschancen mit niedrigen Punkten

Verfasst: Montag 10. Oktober 2011, 07:15
von Lara83
Ein Freund von mir ist mit doppel-ausreichend ohne weitere Qualis als Sachbearbeiter in einer Versicherung untergekommen. Genauso eine bekannte mit befriedigend im 1. und im 2. ausreichend im zweiten Versuch. Eine andere mit doppel-ausreichend sucht seit ca. 8 Monaten und ist kurz davor sich im rahmen einer scheinselbstständigkeit ausnehmen zu lassen.

Re: Berufschancen mit niedrigen Punkten

Verfasst: Montag 10. Oktober 2011, 11:40
von Gelöschter Nutzer
Hallo Einstein,

ich habe schon oft überlegt, ob ich hier was schreibe.
Jetzt tu ich das mal, allerdings nicht unter meinem normalen Namen.
Es ist echt ein Problem, so eine Note zuzugeben. Gerade in diesem Forum.
Zudem denke ich, dass einem nicht geglaubt wird, wenn man mal was positives schreibt.

Bei mir sieht es so aus:
1. Examen 4,3
2. Examen 4,6

Kein Auslandaufenthalt in der Uni, lediglich in der Wahlstation.

Ich habe sofort ein Jobangebot bekommen und dieses auch angenommen.
Arbeite als Justiziar in einem mittelständischen Unternehmen.
Verdiene bei 40 h/Woche etwa 45.000-50.000, kommt auf die Boni an.

Ich verwette meinen A.... drauf, dass ich hier direkt als Troll betitelt werde.
Ist aber nicht so.

Den Job habe ich bekommen, weil ich vorher bereits in dieser Firma (gut!) gearbeitet habe.
Angefangen hatte ich dort direkt nach meinem ersten Examen.
Die Note des zweiten hat keinen interessiert, wichtig war Ihnen lediglich das "Ass.iur". ;-)

Ich glaube, dass sehr viele Jura Studenten/Referendare den Fehler machen, nicht durchgehend zu arbeiten.
Verstehe das. Weniger Arbeit => mehr Zeit zum Lernen=> besseres Examen.

Und das stimmt ja auch, wenn es denn klappt...

Zudem werden meiner Meinung nach viele entscheidende Faktoren maßlos unterschätzt.
z.B. Aussehen, Ausstrahlung, der "erste Eindruck", die Fähigkeit, mit Menschen umzugehen, sich anzupassen etcpp.

Ich fände es sehr erfreulich, wenn sich hier noch ein paar Kollegen äußern würden.

Re: Berufschancen mit niedrigen Punkten

Verfasst: Montag 10. Oktober 2011, 12:06
von Olli
Das klingt für mich nicht nach einem Troll, sondern nach einer Geschichte, die ich in meinem Umfeld so auch schon mitbekommen habe.

Fachlich an einem Rechtsgebiet schon immer interessiert gewesen, Referendariat voll darauf ausgerichtet (und zwar in allen Stationen bis auf Zivil- und Strafstation), anschließend relativ zügig gut dotierten Job in dem Spezialgebiet gefunden. Noten ähnlich.

Hinzu kommt: sicheres Auftreten, rhetorisch versiert, sympathischer Typ, den man auf die Menschheit loslassen kann.

Re: Berufschancen mit niedrigen Punkten

Verfasst: Montag 10. Oktober 2011, 16:40
von Antonio
Genau so kann das laufen.

Re: Berufschancen mit niedrigen Punkten

Verfasst: Montag 10. Oktober 2011, 16:58
von Lara83
ich denke auch, dass solche kontakte gold wert sind. deswegen am besten früh überlegen, was man machen will und schon das ref oder/und einen nebenjob danach ausrichten und als verlängertes vorstellungsgespräch nutzen. ich habe auch die zusage zur übernahme von meiner wahlstation bekommen, bevor die note für das 2. examen feststand.

Re: Berufschancen mit niedrigen Punkten

Verfasst: Montag 10. Oktober 2011, 17:19
von showbee
Immer wieder meine Predigt: Wer im Examen nicht mit 50%iger Wahrscheinlichkeit das VB schafft, sollte schon im Studium seine Nische suchen. Es verschließen nur zuviele Studenten die Augen vor der Wahrheit. Kassieren in Zwischenprüfung und großen Scheinen einen 4-5er Schnitt aber wollen nicht wahr haben, dass ggf. im Examen es nicht zum Prädikat reichen wird. Ein weiteres mal dann im Ref. Mit einem 1. Examen < 7 sollte man sich nicht der Illusion hingeben, dass man "mit etwas mehr Anstrengung als beim 1. Ex" dann das Prädikat erzielt, wenn nur die Tauchstation lang genug wird.

Oft klaffen halt einfach nur Anspruch und Wirklichkeit schon an sich selbst enorm auseinander. Für diese Personen wird es dann schwer sich auf dem Arbeitsmarkt zu behaupten, wenn man andere Lösungen (wie aufgezeigt) überhaupt nicht auf dem Plan hatte.

Re: Berufschancen mit niedrigen Punkten

Verfasst: Montag 10. Oktober 2011, 19:14
von Olli
Völlig korrekt.
Und dabei kommt es entgegen der weit verbreiteten Meinung auch nicht zwingend auf "Kontakte" an. Klar, die schaden nicht. Aber bei entsprechender Ausrichtung geht es auch ohne. Häufig genug sagen Spezialisten, die eine Stelle zu besetzen haben, dass sie nicht erst aufwendig jemanden "anlernen" möchten.

Re: Berufschancen mit niedrigen Punkten

Verfasst: Dienstag 11. Oktober 2011, 08:07
von steffi2711
Hi,

es geht auch anders: Ref-Kollege und guter Freund

1. Ex: 4,8
2. Ex: 8,89

vor 2 Wochen auf Lebenszeit verbeamtet worden-Innere Verwaltung Bayern

Lg Steffi

Re: Berufschancen mit niedrigen Punkten

Verfasst: Dienstag 11. Oktober 2011, 14:35
von Stringtheorie
schlechte Noten in einem Arbeitgebermarkt sind.... da beißt die Maus keinen Faden ab.
(Genannte) Ausnahmen bestätigen die Regel.