Der Niedergang des Dr. iur.

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Pippen
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Re: Der Niedergang des Dr. iur.

Beitrag von Pippen »

Ara hat geschrieben: Samstag 16. Juni 2018, 12:21 Es gibt Juristen die es nicht mal schaffen die eigene Argumentation stringent in nen Schriftsatz zu bekommen. Da helfen auch keine 100 Fälle die er bearbeitet hat. Ich habe aktuell ne Berufungsbegründung von der Gegenseite, die wie Kraut und Rüben alles durcheinander wirft ... Anscheinend weiß der Anwalt auch nicht, dass er Berufungsgründe braucht und nicht einfach seine Rechtsansicht nochmal vorbringen darf.

Hast du dagegen von den Großkanzleien Schriftsätze auf der Gegenseite, dann hat das ganze regelmäßig zumindest ne gewisse Ordnung und man kann zumindest logisch nachvollziehen, was wohl ihre Ansicht ist.
Erstens stimmt das nicht. Dein Anwalt wird durch einige schmerzhafte Verwerfungen schnell lernen, wie er eine richtige Berufung durchführen muss. Wer weiß, vllt. ja ein ganz junger Kollege oder einer, der den Md. "in der Tasche hat" und einfach eine pro-forma Berufung macht, um Geld zu verdienen?

Zweiter Punkt: Sind die besseren SS der GK's denn auch erfolgreicher, d.h. ist die Wahrscheinlichkeit eines Sieges mit solchen SS größer? Denn wie im Fußball so zählt auch im Anwaltswesen nicht die Schönspielerei. Dazu gibt es keine Statistiken und damit wissen wir es nicht. Vllt. sind GK's besser, vllt. verkaufen sie auch nur ihre Illusion besser. Ich persönlich glaube, dass GK-SS weniger Zulässigkeitsmängel haben, aber danach? Es gibt genug Richter, die fahren auf einfach gestrickte Argumente, Lücke oder Dummschwätzerei ab, allein weil die meisten die Akten ja gar nicht mehr 100% lesen.

Man müßte halt mal 1000 Fälle von einem 15er Juristen und einem 5er Juristen bearbeiten lassen und dann schauen, wer mehr davon gewinnt. Das wäre mal was für eine groß angelegte Studie im Rahmen einer Habilitation. Ich bestreite nicht, dass 15er-Juristen mehr wissen, aber ich bestreite, dass sie ihre Kompetenz "auf die Straße" bringen und ich bestreite, dass sie nach einigen gleichen Fällen noch immer den gleichen Vorsprung vor einem 5er Kollegen haben und nur das zählt für ein Anwaltsunternehmen: wieso soll ich einem 15er 100.000 € zahlen, wenn schon nach einem Jahr ein 5er ähnlich gut ist, dem ich nur 35.000 € zahle?
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Tibor
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Re: Der Niedergang des Dr. iur.

Beitrag von Tibor »

Du weißt nicht, was eine Habilitation ist, oder? Hast du schon mal eine in der Hand gehalten? Hast du schon einmal einen SS einer GK in einem Verfahren vorm OLG gesehen? Die besten SS sind imho die, in denen ich im besten Fall nur die Überschriften austauschen und die Gerichtsbesetzung vermerken müsste, also vor das Rubrum Gericht nebst Logo, Besetzung und im Namen des Volkes, dann den Antrag als Tenor übernehmen, aus Sachverhalt den Tatbestand und aus Gründen die Entscheidungsgründe machen. Am Ende noch paar Sätze zu Nebenentscheidungen. Sowas habe ich aus GK schon mehrfach gesehen. Klar strukturiert, überzeugende Argumentation, lückenloser Sachverhalt. Bei Einzelkämpfern ist es idR Kraut & Rüben, da wird schon selten zwischen Sachvortrag und Würdigung unterschieden bzw zwischen unstreitigem und streitigen Vortrag. Beweisanträge eher mau bzw sogar auf Rechtsbehauptungen bezogen. Wenn diese Parteien dann gewinnen, würde man gern in die Kostenentscheidung einen Negativstreitwert eintragen.
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Re: Der Niedergang des Dr. iur.

Beitrag von thh »

Pippen hat geschrieben: Sonntag 17. Juni 2018, 12:57Dein Anwalt wird durch einige schmerzhafte Verwerfungen schnell lernen, wie er eine richtige Berufung durchführen muss.
Oder auch nicht.

Es gibt meistens einen Grund für ein schlechtes Abschneiden in den Examina. Wer lernen kann und das auch tut, also das intellektuelle Rüstzeug und den Fleiß mitbringt, pflegt üblicherweise kein "5er Jurist" zu werden. Wer aber nicht lernen kann oder das nicht tut, dem wird das auch in der Praxis nicht zufliegen.
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Re: Der Niedergang des Dr. iur.

Beitrag von Liz »

Tibor hat geschrieben: Sonntag 17. Juni 2018, 13:20 Die besten SS sind imho die, in denen ich im besten Fall nur die Überschriften austauschen und die Gerichtsbesetzung vermerken müsste, also vor das Rubrum Gericht nebst Logo, Besetzung und im Namen des Volkes, dann den Antrag als Tenor übernehmen, aus Sachverhalt den Tatbestand und aus Gründen die Entscheidungsgründe machen. Am Ende noch paar Sätze zu Nebenentscheidungen. Sowas habe ich aus GK schon mehrfach gesehen. Klar strukturiert, überzeugende Argumentation, lückenloser Sachverhalt. Bei Einzelkämpfern ist es idR Kraut & Rüben, da wird schon selten zwischen Sachvortrag und Würdigung unterschieden bzw zwischen unstreitigem und streitigen Vortrag. Beweisanträge eher mau bzw sogar auf Rechtsbehauptungen bezogen.
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Bereits ein klar strukturierter, verständlicher Sachvortrag ist ein großes Plus und leider keine Selbstverständlichkeit. Und meist wird es dann auch nicht besser, wenn man sich schon mühevoll kombinieren musste, was wohl passiert ist.
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Re: Der Niedergang des Dr. iur.

Beitrag von Tobias__21 »

Stimme auch voll zu. Ich hatte ja wie gesagt auch mal so einen Schriftsatz in der Hand. Hättest grad abschreiben können. Auch bei der Behörde, bei der ich in der Verwaltungsstation war, hat man wert darauf gelegt die Schriftsätze so zu verfassen, dass es das Gericht nur noch abschreiben muss.
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Re: Der Niedergang des Dr. iur.

Beitrag von Joshua »

Tibor hat geschrieben: Sonntag 17. Juni 2018, 13:20 Sowas habe ich aus GK schon mehrfach gesehen. Klar strukturiert, überzeugende Argumentation, lückenloser Sachverhalt.
Das ist viel zu einseitig, wenn hiermit gemeint ist, dass die Großkanzleien statistisch weit vorne mit überzeugenden Argumentationen lägen. Nicht selten ist nur die formale Gestaltung ansprechend, die Argumentation aber alles andere als überzeugend. Es ist ja nicht gesagt, dass die Großkanzlei immer bzw. auch nur statistisch häufiger die Seite vertritt, die bei objektiver Betrachtung den besseren "case" hat; und dann wird eher in die Trickkiste gegriffen, und man muss ernüchternd feststellen, dass sich hinter den opulenten Zitatenschätzen deutlich die Verliererseite versteckt.

Tibor hat geschrieben: Sonntag 17. Juni 2018, 13:20Bei Einzelkämpfern ist es idR Kraut & Rüben, da wird schon selten zwischen Sachvortrag und Würdigung unterschieden bzw zwischen unstreitigem und streitigen Vortrag. Beweisanträge eher mau bzw sogar auf Rechtsbehauptungen bezogen. Wenn diese Parteien dann gewinnen, würde man gern in die Kostenentscheidung einen Negativstreitwert eintragen.
Unglaublich einseitig. Es gibt eine Menge guter, z.T. auch idealistischer "Einzelkämpfer".

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Re: Der Niedergang des Dr. iur.

Beitrag von sai »

Liz hat geschrieben: Sonntag 17. Juni 2018, 19:22
Tibor hat geschrieben: Sonntag 17. Juni 2018, 13:20 Die besten SS sind imho die, in denen ich im besten Fall nur die Überschriften austauschen und die Gerichtsbesetzung vermerken müsste, also vor das Rubrum Gericht nebst Logo, Besetzung und im Namen des Volkes, dann den Antrag als Tenor übernehmen, aus Sachverhalt den Tatbestand und aus Gründen die Entscheidungsgründe machen. Am Ende noch paar Sätze zu Nebenentscheidungen. Sowas habe ich aus GK schon mehrfach gesehen. Klar strukturiert, überzeugende Argumentation, lückenloser Sachverhalt. Bei Einzelkämpfern ist es idR Kraut & Rüben, da wird schon selten zwischen Sachvortrag und Würdigung unterschieden bzw zwischen unstreitigem und streitigen Vortrag. Beweisanträge eher mau bzw sogar auf Rechtsbehauptungen bezogen.
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Bereits ein klar strukturierter, verständlicher Sachvortrag ist ein großes Plus und leider keine Selbstverständlichkeit. Und meist wird es dann auch nicht besser, wenn man sich schon mühevoll kombinieren musste, was wohl passiert ist.
+2

Es würde häufig schon helfen, wenn die Leute ihre Diktate noch einmal Korrektur lesen würden.
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Re: Der Niedergang des Dr. iur.

Beitrag von Liz »

Joshua hat geschrieben: Montag 18. Juni 2018, 11:25
Tibor hat geschrieben: Sonntag 17. Juni 2018, 13:20 Sowas habe ich aus GK schon mehrfach gesehen. Klar strukturiert, überzeugende Argumentation, lückenloser Sachverhalt.
Das ist viel zu einseitig, wenn hiermit gemeint ist, dass die Großkanzleien statistisch weit vorne mit überzeugenden Argumentationen lägen. Nicht selten ist nur die formale Gestaltung ansprechend, die Argumentation aber alles andere als überzeugend. Es ist ja nicht gesagt, dass die Großkanzlei immer bzw. auch nur statistisch häufiger die Seite vertritt, die bei objektiver Betrachtung den besseren "case" hat; und dann wird eher in die Trickkiste gegriffen, und man muss ernüchternd feststellen, dass sich hinter den opulenten Zitatenschätzen deutlich die Verliererseite versteckt.

Tibor hat geschrieben: Sonntag 17. Juni 2018, 13:20Bei Einzelkämpfern ist es idR Kraut & Rüben, da wird schon selten zwischen Sachvortrag und Würdigung unterschieden bzw zwischen unstreitigem und streitigen Vortrag. Beweisanträge eher mau bzw sogar auf Rechtsbehauptungen bezogen. Wenn diese Parteien dann gewinnen, würde man gern in die Kostenentscheidung einen Negativstreitwert eintragen.
Unglaublich einseitig. Es gibt eine Menge guter, z.T. auch idealistischer "Einzelkämpfer".
Die zentralen Worte bei Tibor dürften "(...) schon mehrfach gesehen" (ungleich "idR" oder "häufig") und " idR" (ungleich "immer") sein. Und es scheint mir auch nicht sonderlich verwunderlich zu sein, dass die Statistik an der Stelle für die GK (oder generell: größere, qualitätsbewusste Einheiten) besser ausfällt als für den durchschnittlichen Einzelkämpfer. Es fängt doch schon damit an, dass man das, was man Lieschen Müller möglicherweise als gelungenen Schriftsatz verkaufen kann ("genau so habe ich das erzählt"), nicht abliefern kann, wenn der Mandant über eine eigene Rechtsabteilung verfügt oder sonstwie eine ungefähre Vorstellung davon hat, wie ein guter Schriftsatz aussieht.
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Re: Der Niedergang des Dr. iur.

Beitrag von Tibor »

Eben. Und Lieschen Müller zahlt dem Einzel-RA nur den RVG Satz aus dem Ministreitwert und nicht wie der Konzern der GK die hohen Stundensätze. Auch insoweit ist beim Einzel-RA ein geringerer Zeiteinsatz nur wirtschaftlich nachvollziehbar.
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Re: Der Niedergang des Dr. iur.

Beitrag von Schnitte »

Pippen hat geschrieben: Sonntag 17. Juni 2018, 12:57
Man müßte halt mal 1000 Fälle von einem 15er Juristen und einem 5er Juristen bearbeiten lassen und dann schauen, wer mehr davon gewinnt. Das wäre mal was für eine groß angelegte Studie im Rahmen einer Habilitation.
Das wäre für eine juristische Habilitation oder Promotion viel zu empirisch. Müsste man in einem anderen Fach machen, etwa in Statistik oder Stochastik (dort wäre es aber, denke ich aus der Perspektive des am Fach interessierten Laien, für eine Habil nicht ehrgeizig genug; eher etwas für eine Masterarbeit).
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

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Re: Der Niedergang des Dr. iur.

Beitrag von Herr Anwalt »

In den Bereichen wo ich tätig bin (hauptsächlich Fam- und Erbrecht) ist es vollkommen egal, ob es sich da um einen Einzelkämpfer, GK-Anwalt, oder eine Boutique handelt.
Klar kennt man irgendwann seine Pappenheimer, weil man meist gegen dieselben Leute antritt, aber allgemein ist das Bild extrem ausgeglichen. Jeder bringt da auch seine eigenen Stärken ein. Es gibt Leute, die schreiben uferlose Schriftsätze. Das muss aber nicht bedeuten, dass das schlecht ist. Denn zwischen dem ganzen Nonsense stehen eben zwei gefährliche Sätze, und wenn die nicht bestritten werden, heißt es auf einmal Verspätung. Ich persönlich finde das zermürbend, weil ich mir wirklich viel Zeit nehmen muss, diese Schriftsätze in Nonsense und Inhalt zu gliedern und dann mit dem Mandanten durchzugehen, der sich vor allem vom Nonsense beeindrucken lässt. Dann muss man ihm 20 mal sagen: "Irrelevant".
Manche sind auch miese Schreiber aber brillante Prozessanwälte, oder aber sie kennen den Richter sehr gut, weil sie vor Ort sitzen und dort Mittagessen gehen. Und da kann man mir sagen was man will. In Ermessensfragen macht das was aus. Das ist ja auch nur menschlich. GKler findet man eher selten als Stammkunde in der Kantine.

Ich selbst schreibe durchgegegliederte und kurze Schriftsätze. Ich verzichte auch weitgehend auf Rechtsansichten, die dann in die Urteilsgründe übernommen werden könnten. Der Richter kennt das Recht und wenn nicht, schwebt über dem AG in Familiensachen nur das OLG. Und die Drei kennen das Recht in jedem Fall.

In der weltlichen Ebene ist doch kaum ein Fall so komplex, dass man da nun einen halben Tag Urteile rauskramen müsste. Das Allermeiste hat man sich nach drei Jahren archiviert. Neues Problem-> Problem gelöst-> Problem archiviert.
Ein Jurist mit einer soliden Punktzahl kann jeden besiegen. 90% werden durch die Karten bestimmt, die man ausgeteilt bekommt. Ein solider und redlicher Anwalt, wird einen schwachen Fall auch nicht unbedingt vor Gericht bringen. Das ist meines Erachtens der relevanteste Faktor für eine gute Obsiegenquote. Nicht die wahnsinnig tollen Argumente, sondern die Fähigkeit zu antizipieren, wohin sich der Fall wohl entwickeln wird.
Ich hatte neulich einen Mandanten, dem ich mehr als deutlich sagte, dass er einen Großteil der Forderung der Gegenseite erfüllen soll.
Damit wäre der Druck raus. Mandant wusste es besser und behielt viel mehr ein als vorgeschlagen. Er verlor die Klage über den Restanspruch zu 80%.
Hätte er das getan, was ihm geraten wurde, hätte der Gegner m.E. nicht einmal geklagt und ihm den Rest zähneknirschend überlassen.

Daneben ist eine sehr wichtige Frage wann der Mandant, wie beraten wurde, was er zu tun hat, um die Karten zu verbessern.
Komme ich einen Tag vor Ablauf der Beschwerdeerwiderungsfrist an das Mandat, dann wird der Fall wenig Gestaltungsspielraum zulassen.
Kommt mein Mandant aber zu mir, bevor er sich überhaupt sicher ist, ob er sich trennen will, dann können wir disponieren, den Fall gestalten und dann sieht es viel düsterer aus für seine Nochehegattin.

Das Allermeiste wird doch heute außergerichtlich erledigt. Kaum ein Kollege ist so häufig bei Gericht wie wir FamRechtler.
Und ja. Die Mandantenstruktur ist natürlich eine andere als in der GK. Aber das sagt nichts über die Fähigkeiten des GKlers aus. Er bekommt manchmal einfach eine bessere Karte.
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Tibor
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Re: Der Niedergang des Dr. iur.

Beitrag von Tibor »

Herr Anwalt hat geschrieben: Ein Jurist mit einer soliden Punktzahl kann jeden besiegen. 90% werden durch die Karten bestimmt, die man ausgeteilt bekommt. ... Und ja. Die Mandantenstruktur ist natürlich eine andere als in der GK. Aber das sagt nichts über die Fähigkeiten des GKlers aus. Er bekommt einfach eine bessere Karte.
Sagen wir es so. Im FamR/ErbR spielst du MauMau mit einem üblichen 32 Karten Blatt. Die Chance mehr als eins der Asse zu bekommen, ist relativ gering. Am Anfang ist es Zufall, welches Blatt man hat und später muss man nur aufpassen, um die richtige Karte zu legen. MauMau ist deshalb ein Kinderspiel. Problem ist es eher, dann mal mehr als 10 Karten in der Hand zu halten. Man muss sich organisieren.
Dagegen gibt es in der GK eher Skat oder Schach. Bei Prozessfragen in denen man Ex Post tätig wird (Skat) braucht man auch Glück beim Geben; in der Rechtsgestaltung bzw Unternehmenskaufberatung braucht es clevere Strategien. Auch beim Skat brauchst du ne Strategie und musst jeden Zug des Gegners beobachten und merken. Nur wenige Grundschüler können Skat oder Schach gezielt spielen. Ich mag nicht dauerhaft MauMau spielen. Es ist einfach zu langweilig immer nur „aussetzen“ oder „zwei ziehen“ zu rufen.
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Re: Der Niedergang des Dr. iur.

Beitrag von Joshua »

Liz hat geschrieben: Montag 18. Juni 2018, 21:35
Joshua hat geschrieben: Montag 18. Juni 2018, 11:25
Tibor hat geschrieben: Sonntag 17. Juni 2018, 13:20 Sowas habe ich aus GK schon mehrfach gesehen. Klar strukturiert, überzeugende Argumentation, lückenloser Sachverhalt.
Das ist viel zu einseitig, wenn hiermit gemeint ist, dass die Großkanzleien statistisch weit vorne mit überzeugenden Argumentationen lägen. Nicht selten ist nur die formale Gestaltung ansprechend, die Argumentation aber alles andere als überzeugend. Es ist ja nicht gesagt, dass die Großkanzlei immer bzw. auch nur statistisch häufiger die Seite vertritt, die bei objektiver Betrachtung den besseren "case" hat; und dann wird eher in die Trickkiste gegriffen, und man muss ernüchternd feststellen, dass sich hinter den opulenten Zitatenschätzen deutlich die Verliererseite versteckt.

Tibor hat geschrieben: Sonntag 17. Juni 2018, 13:20Bei Einzelkämpfern ist es idR Kraut & Rüben, da wird schon selten zwischen Sachvortrag und Würdigung unterschieden bzw zwischen unstreitigem und streitigen Vortrag. Beweisanträge eher mau bzw sogar auf Rechtsbehauptungen bezogen. Wenn diese Parteien dann gewinnen, würde man gern in die Kostenentscheidung einen Negativstreitwert eintragen.
Unglaublich einseitig. Es gibt eine Menge guter, z.T. auch idealistischer "Einzelkämpfer".
Die zentralen Worte bei Tibor dürften "(...) schon mehrfach gesehen" (ungleich "idR" oder "häufig") und " idR" (ungleich "immer") sein. Und es scheint mir auch nicht sonderlich verwunderlich zu sein, dass die Statistik an der Stelle für die GK (oder generell: größere, qualitätsbewusste Einheiten) besser ausfällt als für den durchschnittlichen Einzelkämpfer. Es fängt doch schon damit an, dass man das, was man Lieschen Müller möglicherweise als gelungenen Schriftsatz verkaufen kann ("genau so habe ich das erzählt"), nicht abliefern kann, wenn der Mandant über eine eigene Rechtsabteilung verfügt oder sonstwie eine ungefähre Vorstellung davon hat, wie ein guter Schriftsatz aussieht.
"Die Statistik", aha. Und welche soll das sein?

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Re: Der Niedergang des Dr. iur.

Beitrag von Liz »

Joshua hat geschrieben: Donnerstag 21. Juni 2018, 23:07 "Die Statistik", aha. Und welche soll das sein?
Du sprachst doch zunächst von Statistik im Hinblick auf Tibors nahbereichsempirischen Quantitätsangaben. Da weiß ich jetzt ehrlich gesagt nicht, was Du an meinem Sprachgebrauch auszusetzen hast.
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Re: Der Niedergang des Dr. iur.

Beitrag von Brainiac »

Tibor hat geschrieben: Dienstag 19. Juni 2018, 23:40 Sagen wir es so. Im FamR/ErbR spielst du MauMau mit einem üblichen 32 Karten Blatt. Die Chance mehr als eins der Asse zu bekommen, ist relativ gering. Am Anfang ist es Zufall, welches Blatt man hat und später muss man nur aufpassen, um die richtige Karte zu legen. MauMau ist deshalb ein Kinderspiel. Problem ist es eher, dann mal mehr als 10 Karten in der Hand zu halten. Man muss sich organisieren.
Dagegen gibt es in der GK eher Skat oder Schach. Bei Prozessfragen in denen man Ex Post tätig wird (Skat) braucht man auch Glück beim Geben; in der Rechtsgestaltung bzw Unternehmenskaufberatung braucht es clevere Strategien. Auch beim Skat brauchst du ne Strategie und musst jeden Zug des Gegners beobachten und merken. Nur wenige Grundschüler können Skat oder Schach gezielt spielen. Ich mag nicht dauerhaft MauMau spielen. Es ist einfach zu langweilig immer nur „aussetzen“ oder „zwei ziehen“ zu rufen.
Schöne Parabel.
"In a real sense, we are what we quote." - Geoffrey O'Brien
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