markus87 hat geschrieben: ↑Donnerstag 14. Juni 2018, 22:54Natürlich ist es Bullshit zu meinen, man könne Mandate (bei denen internationale Zeitverschiebung keine wesentliche Rolle spielt) nicht regelmäßig zwischen 8 und 19 Uhr bearbeiten. (...) Wenn der Jurist meine hohen Anforderungen vollständig erfüllt und Ergebnisse in der Geschwindigkeit und Qualität abliefert, die ich von mir selbst gewohnt bin, wüsste ich nicht, warum ich ihm kein Gehalt auf GK-Niveau zahlen soll. Betriebswirtschaftlich wäre das auch bei einer 35h-Woche mehr als sinnvoll.
Es gibt durchaus Mandanten, die (auch ganz ohne Zeitverschiebung) noch um 11 Uhr eine sofortige Antwort verlangen oder von sich aus am Sonntag Abend Besprechungen terminieren und dann sitzt man halt statt vorm Tatort "im Call". Und so einen Investmentbanker (der im Zweifel ein Mehrfaches von einem selbst verdient) zu "erziehen" dürfte auch nicht drin sein, dann wird halt demnächst eine andere Kanzlei mandantiert. Insofern hat Kasimir, auch wenn ich nicht mit ihm übereinstimme, dass das wünschenswert ist, schon recht: wer als Anwalt wirklich was reißen will, muss bereit sein weit mehr zu arbeiten, als es die meisten anderen tun.
Das zeigt ja schon dein Beispiel: 8-19 Uhr durchpowern sind auch 55 Stunden die Woche, wenn dann noch ab und an eine Stunde später hinzukommt und auch mal am Wochenende (wie du selbst gesagt hast) ist man nicht mehr weit von GK-Arbeitszeiten entfernt. Und wenn du es schaffst im Jahr eine vierstellige Zahl Mandate zu bearbeiten (was ja mindestens vier am Tag sind) und es dir dabei noch leisten könntest einen Angestellten Zuarbeiter auf 35h-Stunden Basis mit dem Gehalt auf GK-Niveau (was ehrlicherweise auch ein weites Feld von EUR 60.000 bis EUR 160.000 allein für first-years sein kann) dann würde mich doch tatsächlich der genaue Bereich interessieren, in dem du tätig bist, zumal, wenn ich die 87 in deinem Namen als Geburtsjahr deute, du eher noch nicht jahrelang arbeiten dürftest
Aber das eigentliche Problem zeigt sich doch oben im Beispiel von Papierflieger:
papierflieger hat geschrieben: ↑Donnerstag 14. Juni 2018, 11:49
Aus meiner Sicht gibt es drei Bereiche wo du mit 40 Stunden und gutem Gehalt rechnen kannst:
(...) (ich nehme mal als Richtwert: tatsächliche 40 Stunden Woche - 60.000€ brutto Einstiegsgehalt)
Der IG-Metall Tarifvertrag ist beispielsweise absurd, gute Freundin von mir: BWL Bachelor, 35 Stunden woche 59.000€ nach einem Jahr im Job, hat jeden zweiten Freitag frei weil sie angehalten wird ihre Überstunden abzufeiern.) Die Unternehmen können sich das leisten und bezahlen ihre Juristen auch entsprechend.
Klar EUR 60.000 ist ein gutes Gehalt aber, man halt eben als Jurist mit Ende 20 "auch" nur das gleiche Gehalt, wie ein BWL-Bachelor mit Anfang 20 (der dann mit Anfang 30 auch sechsstellig verdient plus in vielen Fällen extra-Goodies, wie Firmenwagen, Tankkarte, Betriebsrente etc.).
Nicht das man mich falsch versteht. Ich habe gerne Jura studiert, bin vergleichsweise gerne Anwalt (auch wenn die langen Arbeitszeiten wirklich nerven) und ich hätte nie BWL studieren wollen, aber wer ein gutes Gehalt (was in den Ballungsräumen ehrlich gesagt für mich bei über EUR 60.000 anfängt) mit möglichst wenig Arbeitszeit (<45 Stunden die Woche) will, hat mit Jura das falsche studiert. Ausnahmen bestätigen, wie immer die Regel, aber der Großteil der Juristen verdient zwar gut, muss dafür aber auch (sehr) viel arbeiten. Insofern habe ich etwa für Freunde mittlerweile nur wenig Verständnis, wenn sie unterschwellig durchblicken lassen, wie gut "wir Anwälten" verdienen sich aber im nächsten Atemzug darüber beschweren, wie stressig es "letzte Woche" war, weil man freitags mal länger als 17 Uhr arbeiten musste und einem noch immer zum Beweis, dass man "auch viel arbeiten muss" vorhalten, dass man vergangenes Jahr, als man ein wichtiges Projekt abgeschlossen hat, auch mal zwei Wochen lang nicht vor 20 Uhr rausgekommen ist (und ehrlich gesagt, verdienen die meisten, die etwas "Handfestes" studiert haben BWL, Ingenieur, Naturwissenschaften mittlerweile auch sechsstellig).
I would prefer not to.