Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

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Idee1290
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Re: Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

Beitrag von Idee1290 »

Kasimir hat geschrieben: Donnerstag 14. Juni 2018, 19:47
Ich verurteile den TE nicht wegen seiner Einstellung, würde ihn aber auch nicht einstellen. Mit der Einstellung ist man im Anwaltsberuf falsch.
Ich kann das aus Arbeitgebersicht auch verstehen. Ich würde als Arbeitgeber auch lieber den Heini nehmen, der mir glaubhaft vorschwärmt, wie sehr er für den Job brennt. Wenn der mit Mitte 40 in den Burnout geht, kriegt man den schon irgendwie rausgeworfen und nimmt sich dann den nächsten Übermotivierten.

Warum "man" mit der Einstellung im "Anwaltsberuf" aber falsch ist, erschließt sich mir nicht. Sollte mich da sogar die Kammer rauswerfen, wenn ich irgendwann Mitglied wäre und die von meiner Einstellung erführe?...
OJ1988
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Re: Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

Beitrag von OJ1988 »

Mei, hier gibts halt einige, die sehr viel arbeiten und bei derlei Anfragen sofort innerlich auf Blockade schalten. Ist aber verständlich: Wenn ein selbstgewählter Weg harte Einbußen mit sich bringt, muss man das für sich selbst irgendwie rationalisieren. Dieser Weg muss dann entweder a) aus anderen Gründen total toll oder b) unvermeidbar sein. Der Kollege von weiter oben ("die Arbeitswelt ist heute so, überall arbeiten sich die Leute tot") z.B. hat sich für b) entschieden und merkt dabei nicht mal, wie weltfremd er klingt.
markus87
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Re: Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

Beitrag von markus87 »

"Mit der Einstellung ist man im Anwaltsberuf falsch."

Ich schätze Kasimir sehr, aber mit dem Satz hat er sich -vor dem Hintergrund seiner eigenen beruflichen Prägung- entweder verrannt oder er schätzt dem TE falsch ein. Idee1290 hat hier eine sehr plausible und nachvollziehbare Position dargelegt. Natürlich ist es Bullshit zu meinen, man könne Mandate (bei denen internationale Zeitverschiebung keine wesentliche Rolle spielt) nicht regelmäßig zwischen 8 und 19 Uhr bearbeiten. Kein vernünftiger Mandant, der nach 19 Uhr noch eine Mail schreibt, erwartet ernstlich dass diese vor 8 Uhr am Folgetag bearbeitet wird; und wenn er dies erwartet ist es eine Folge schlechter Mandantenerziehung und damit der Unfähigkeit des Anwalts (außer der Anwalt findet es halt geil rund um die Uhr zu arbeiten, aber nachvollziehbare Gründe gibt es dafür nicht). Schwierig ist es natürlich wenn man in einer GK arbeitet in der diese Geilheit zur Unternehmenskultur gehört. Da hat papierflieger völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass es sinnvoll sein kann sich eine kleinere oder mittlere Einheit / Boutique zu suchen, in der das nicht zum Leitbild gehört. Ich arbeite zum Beispiel in einem Umfeld, in dem ich jedes Jahr eine vierstellige Anzahl anspruchsvoller Mandate bearbeite. Täglich tauchen schwierige Rechtsfragen auf, bei denen die Kunden mir den Kopf abreißen würden, wenn ich für die Lösung länger als ein paar Minuten bräuchte. Ich habe noch nie ein Mandat abgelehnt, weil ich keine Zeit dafür hätte. Relativ selten kann ich mich tagsüber mal kurz zurücklehnen. Der ganze (positive, ich will das so) "Stress" spielt sich aber Montag bis Freitag zwischen 8 und 18 Uhr ab. Vielleicht einmal pro Monat eine Stunde außerhalb der Zeiten und 1-2 Mal für 2 Stunden am Wochenende. Wenn ich einen Juristen einstelle der mir zuarbeitet, erwarte ich nicht dass er mehr als 40h pro Woche arbeitet. Wenn ich ihm eine Aufgabe gebe, die aus meiner Sicht in 30 Minuten erledigt sein muss, dann erwarte ich das auch. Aber sicher nicht nach 18 Uhr. Wenn der Jurist meine hohen Anforderungen vollständig erfüllt und Ergebnisse in der Geschwindigkeit und Qualität abliefert, die ich von mir selbst gewohnt bin, wüsste ich nicht, warum ich ihm kein Gehalt auf GK-Niveau zahlen soll. Betriebswirtschaftlich wäre das auch bei einer 35h-Woche mehr als sinnvoll.
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Muirne
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Re: Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

Beitrag von Muirne »

Ich mach das Bewerbungsschreiben bei markus eben noch fertig. ;)
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Re: Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

Beitrag von markus87 »

"hohe Anforderungen vollständig erfüllt", Muirne. Hohe Anforderungen! :-D
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Muirne
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Re: Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

Beitrag von Muirne »

Pfüh! [-(
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Tobias__21
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Re: Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

Beitrag von Tobias__21 »

markus87 hat geschrieben: Donnerstag 14. Juni 2018, 23:02 "hohe Anforderungen vollständig erfüllt", Muirne. Hohe Anforderungen! :-D
Ich hab neulich rausgefunden wie man am Kopierer Blätter beidseitig bedrucken kann. Ganz alleine! Und ich mache verdammt gute Cocktails (für den Feierabend). Reicht das?
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Re: Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

Beitrag von markus87 »

SO bewirbt man sich, Muirne.

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halb eins
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Re: Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

Beitrag von halb eins »

markus87 hat geschrieben: Donnerstag 14. Juni 2018, 22:54Natürlich ist es Bullshit zu meinen, man könne Mandate (bei denen internationale Zeitverschiebung keine wesentliche Rolle spielt) nicht regelmäßig zwischen 8 und 19 Uhr bearbeiten. (...) Wenn der Jurist meine hohen Anforderungen vollständig erfüllt und Ergebnisse in der Geschwindigkeit und Qualität abliefert, die ich von mir selbst gewohnt bin, wüsste ich nicht, warum ich ihm kein Gehalt auf GK-Niveau zahlen soll. Betriebswirtschaftlich wäre das auch bei einer 35h-Woche mehr als sinnvoll.
Es gibt durchaus Mandanten, die (auch ganz ohne Zeitverschiebung) noch um 11 Uhr eine sofortige Antwort verlangen oder von sich aus am Sonntag Abend Besprechungen terminieren und dann sitzt man halt statt vorm Tatort "im Call". Und so einen Investmentbanker (der im Zweifel ein Mehrfaches von einem selbst verdient) zu "erziehen" dürfte auch nicht drin sein, dann wird halt demnächst eine andere Kanzlei mandantiert. Insofern hat Kasimir, auch wenn ich nicht mit ihm übereinstimme, dass das wünschenswert ist, schon recht: wer als Anwalt wirklich was reißen will, muss bereit sein weit mehr zu arbeiten, als es die meisten anderen tun.

Das zeigt ja schon dein Beispiel: 8-19 Uhr durchpowern sind auch 55 Stunden die Woche, wenn dann noch ab und an eine Stunde später hinzukommt und auch mal am Wochenende (wie du selbst gesagt hast) ist man nicht mehr weit von GK-Arbeitszeiten entfernt. Und wenn du es schaffst im Jahr eine vierstellige Zahl Mandate zu bearbeiten (was ja mindestens vier am Tag sind) und es dir dabei noch leisten könntest einen Angestellten Zuarbeiter auf 35h-Stunden Basis mit dem Gehalt auf GK-Niveau (was ehrlicherweise auch ein weites Feld von EUR 60.000 bis EUR 160.000 allein für first-years sein kann) dann würde mich doch tatsächlich der genaue Bereich interessieren, in dem du tätig bist, zumal, wenn ich die 87 in deinem Namen als Geburtsjahr deute, du eher noch nicht jahrelang arbeiten dürftest ;)

Aber das eigentliche Problem zeigt sich doch oben im Beispiel von Papierflieger:
papierflieger hat geschrieben: Donnerstag 14. Juni 2018, 11:49 Aus meiner Sicht gibt es drei Bereiche wo du mit 40 Stunden und gutem Gehalt rechnen kannst:
(...) (ich nehme mal als Richtwert: tatsächliche 40 Stunden Woche - 60.000€ brutto Einstiegsgehalt)
Der IG-Metall Tarifvertrag ist beispielsweise absurd, gute Freundin von mir: BWL Bachelor, 35 Stunden woche 59.000€ nach einem Jahr im Job, hat jeden zweiten Freitag frei weil sie angehalten wird ihre Überstunden abzufeiern.) Die Unternehmen können sich das leisten und bezahlen ihre Juristen auch entsprechend.
Klar EUR 60.000 ist ein gutes Gehalt aber, man halt eben als Jurist mit Ende 20 "auch" nur das gleiche Gehalt, wie ein BWL-Bachelor mit Anfang 20 (der dann mit Anfang 30 auch sechsstellig verdient plus in vielen Fällen extra-Goodies, wie Firmenwagen, Tankkarte, Betriebsrente etc.).

Nicht das man mich falsch versteht. Ich habe gerne Jura studiert, bin vergleichsweise gerne Anwalt (auch wenn die langen Arbeitszeiten wirklich nerven) und ich hätte nie BWL studieren wollen, aber wer ein gutes Gehalt (was in den Ballungsräumen ehrlich gesagt für mich bei über EUR 60.000 anfängt) mit möglichst wenig Arbeitszeit (<45 Stunden die Woche) will, hat mit Jura das falsche studiert. Ausnahmen bestätigen, wie immer die Regel, aber der Großteil der Juristen verdient zwar gut, muss dafür aber auch (sehr) viel arbeiten. Insofern habe ich etwa für Freunde mittlerweile nur wenig Verständnis, wenn sie unterschwellig durchblicken lassen, wie gut "wir Anwälten" verdienen sich aber im nächsten Atemzug darüber beschweren, wie stressig es "letzte Woche" war, weil man freitags mal länger als 17 Uhr arbeiten musste und einem noch immer zum Beweis, dass man "auch viel arbeiten muss" vorhalten, dass man vergangenes Jahr, als man ein wichtiges Projekt abgeschlossen hat, auch mal zwei Wochen lang nicht vor 20 Uhr rausgekommen ist (und ehrlich gesagt, verdienen die meisten, die etwas "Handfestes" studiert haben BWL, Ingenieur, Naturwissenschaften mittlerweile auch sechsstellig).
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Re: Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

Beitrag von Schnitte »

Dieser Thread ist nun reif, ja fast schon überfällig, für den Übergang zum Themenbereich "Arbeitszeiten und Einkommen als Richter".
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375
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Re: Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

Beitrag von Tibor »

halb eins hat geschrieben: Freitag 15. Juni 2018, 08:27 Klar EUR 60.000 ist ein gutes Gehalt aber, man halt eben als Jurist mit Ende 20 "auch" nur das gleiche Gehalt, wie ein BWL-Bachelor mit Anfang 20 ...
Das bestreite ich. Es ist vielleicht in Ausnahmefällen möglich, aber sicherlich auch nicht die Regel. So wie eben auch nicht jeder Jurist mit beiden Examina ein GK Salär nach Hause bringt.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
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Re: Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

Beitrag von Kroate »

Wenn ich raten müsste, würde ich bei markus87 auf Notar tippen. Da bringt es auch tatsächlich etwas Effizienz an den Tag zu legen, man wird ja nicht nach Stunden vergütet.

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markus87
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Re: Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

Beitrag von markus87 »

Schnitte hat geschrieben:Dieser Thread ist nun reif, ja fast schon überfällig, für den Übergang zum Themenbereich "Arbeitszeiten und Einkommen als Richter".
:D

Als ich mich hier registriert habe war ich 87 Jahre alt, so wie Tobias 21. Kann sich jeder selbst ausrechnen. Und beruflich hole ich den Müll ab. Jede Tonne ist ein dringendes Mandat!

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Kroate
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Re: Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

Beitrag von Kroate »

Oder ist Tobias in Wirklichkeit 1921 geboren? Würde zumindest die ganzen körperlichen Gebrechen erklären :D

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mea parvitas
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Re: Maximales Gehalt bei minimalen Arbeitszeiten

Beitrag von mea parvitas »

Der GK-Anwalt sieht also unter der Woche keine WM-Spiele? Das ist bedauerlich.
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