Roni hat geschrieben: ↑Mittwoch 23. März 2022, 13:19
In NRW gilt im Verwaltungsrecht das Rechtsträgerprinzip. Ich kann das irgendwie nie so richtig zuordnen. Meistens gibt es Handelnde und dann muss man deren Rechtsträger bestimmen. Muss man das auswendig lernen, gibt es eine Liste? Oder steckt dahinter ein Prinzip, was man verstehen muss? Im Gesetz finde ich nichts dazu. Scheint aber wichtig zu sein, weil das häufig genannt wird.
Nein dazu gibt es keine Liste. Diese Frage ist der einzige Grund, warum man sowas wie mittelbare und unmittelbare Staatsverwaltung lernt. Der Staat ist aufgebaut in Bund, Länder und Kommunen, soweit so unspektakulär. Das sind dann auch die drei ersten Rechtsträger, die wir kennen (neben dem individuellen Menschen). Für die Kommunen hat man meist noch eine deklaratorische Vorschrift geschaffen, die sie als rechtsfähig deklarieren, die bräuchte es wegen Art 28 II GG aber nicht.
Alle anderen Entitäten bedürfen eines Rechtsträgerverleihungsaktes.
Beteiligte der unmittelbaren Staatsverwaltung erkennt man schlicht an folgendem Schema:
unter/obere/oberste *-behörde
Also Beispielsweise: Untere Bauaufsichtsbehörde, Obere Polizeivollzugsbehörde etc etc etc.
Hier sind Rechtsträger grundsätzlich die Länder, was m.E. aus Art 83 GG folgt. Aus Art 84 GG folgt dann, das die Länder die Behörden [...] regeln können. Dazu können die Länder auch neue rechtsfähige Entitäten schaffen. Es zwingt den Staat (die Länder) beispielsweise niemand, die IHKen als Körperschaften einzurichten (bei Universitäten ist das aufgrund von Art 5 III GG wohl anders). Er könnte es auch durch eine untere/obere/oberste Industrie- und Handelsbehörde regeln.
Schafft der Staat (Bund/Länder/Kommunen) neue rechtsfähige Entitäten, bilden diese den Teil der mittelbaren Staatsverwaltung.
Mittelbar deshalb, weil sie den Staat nicht konstituieren (wie Bund/Länder/Kommunen), also nicht unmittelbar Staat sind. "Der Staat" führt die Gesetze also nicht unmittelbar selbst aus, sondern bedient sich "Dritter". Natürlich sind auch die Körperschaften/Anstalten/Stiftungen des öffentlichen Rechts im Weiteren Sinne "der Staat", aber ich will hier die philosophische Unterscheidung allen ersparen, sie ist auch fürs Examen und sogar das Verständnis unwichtig.
Diese mittelbare Staatsverwaltung wird also durch neue rechtsfähige Entitäten konstituiert. Herausgebildet haben sich dabei Körperschaften/Anstalten/Stiftungen des öffentlichen Rechts. Der Staat ist aber nicht darauf festgelegt. Er könnte sich auch ein gänzlich neues rechtsfähiges Gebilde ausdenken.
Diese Entitäten der mittelbaren Staatsverwaltung erkennst du an dem besonderen Verleihungs
gesetz. Keine Rechtsfähigkeit ohne Gesetz. Das folgt aus Art 20 III GG, dem Vorbehalt des Gesetzes. Andernfalls würde ein Dritter Gewalt über den Bürger ausüben, ohne das es eine gesetzliche Grundlage gäbe. Für die IHK folgt das beispielsweise aus § 3 I IHKG, wobei da das Wort rechtsfähig fehlt. Das liegt aber daran, dass mit Körperschaft des Öffentlichen Rechts immer nur die rechtsfähige KdÖR gemeint ist. Theoretisch stünde es dem Staat frei, eine nicht rechtsfähige KdÖR zu schaffen, das wäre dann aber der Sache nach eine Behörde (im Sinne der unmittelbaren Staatsverwaltung; nach § 1 Abs. 4 VwVfG sind auch die Entitäten der mittelbaren Staatsverwaltung Behörden) und von dieser kaum zu unterscheiden.
Alle Unklarheiten beseitigt?
Also einfaches Schema (in Ländern mit Rechtsträgerprinzip):
Welche Verwaltung steht mir gegenüber? Unmittelbare Staatsverwaltung? Hat also irgendeine untere/obere/oberste whatever gehandelt, dann kann es nur Bund/Land/Kommune sein.
Mittelbare Staatsverwaltung? Dann hat es irgendeinen fancy Eigennamen, wie Industrie- und Halndelskammer, oder "Zweckverband Abwassergruppe Dübener Heide" i.d.R. wird dir dann im Sachverhalt aber mitgeteilt, dass es eine KdÖR oder so ist.
Kleine Anmerkung: Einige meinen, dass die Kommunen Teil der Landesverwaltung sind. m.E. sind sie das nicht, aber gut, so ein krasser Verwaltungsrechtler bin ich dann auch nicht ^^