Theopa hat geschrieben: ↑Dienstag 20. Juli 2021, 07:55
Das Schulterzucken wird eher mit "Ein potentieller Täter gibt eben nicht sämtliche Grundrechte ab" begleitet, zumal auch zu diesem Zeitpunkt immer noch kein Beweis der Täterschaft vorliegt.
Ähm... ist ein Gerichtsverfahren nicht genau dazu da, Beweis zu erheben, die Wahrheit aufzuklären, die Schuld festzustellen und dementsprechend
dann zu urteilen?
Du hattest die Gefahr, zur Rechenschaft gezogen zu werden, als "psychische Folter" angesehen. Dieser Gefahr kann per Definition nur der wahre Täter ausgesetzt sein.
Sämtliche falschen Angeschuldigten haben das Problem schon heute. Was weiß denn ich, warum ich jetzt am Tod von Nachbar X plötzlich schuld sein soll? Da brauch ich keine Wiederaufnahme und keine Verjährung, das kann jeden zu jeder Zeit treffen.
Theopa hat geschrieben: ↑Dienstag 20. Juli 2021, 07:55
Bei Mord gibt es zudem die Besonderheit, da das Opfer dort eben tot ist. Man wägt das Recht, jemanden der einem Angehörigen/Freund vor 45 Jahren
vielleicht etwas angetan hat nun leiden zu sehen gegen die Rechte eines nur
mutmaßlichen Täters ab. Auch wenn solche Rachegedanken natürlich primitive Instinkte ansprechen und daher jedem bekannt sind muss man diesen kein besonders hohes Gewicht zumessen.
Wenn Gerichtsverhandlungen nur Rachegelüste befriedigen (ich bin Laie), dann kann ich dankend auf
jede Gerichtsverhandlung verzichten. Das erachte ich aber auch für die Aufgabe eines fähigen Richters, solche Machenschaften gar nicht erst aufkommen zu lassen.
Theopa hat geschrieben: ↑Dienstag 20. Juli 2021, 07:55
Gegebenenfalls gibt es auch überhaupt keine Menschen mehr die das Opfer persönlich kannten, welches gewichtige Argument hat dann die andere Seite der Waagschale nach so langer Zeit (>30 Jahre) noch?
Die Frage - von Ara bereits aufgeworfen - ist: warum ein Strafrechtsprozeß? Für die "Opferseite" (sofern vorhanden) geht es um die neutrale, aber verbindliche Sicht von außen, um nicht zu sagen: der Gesellschaft. Für die Täterseite geht es um die Feststellung von Schuld oder Unschuld. Zugegebenermaßen hat das auch was von Brandmarkung.
Für die Gesellschaft bzw. den Staat geht es in meinen Augen um die Durchsetzung und Verteidigung ihrer Werte. Wenn diese ihr im Einzelfall nach 30 Jahren egal sind: okay, aber dann können wir uns das ganze Rechtsgebiet "Strafrecht" sparen. Denn dann steht die Gesellschaft für keine Werte, sondern für Belieben, Lust und Laune.
Wie gesagt, das ist nur meine persönliche Meinung - ich bin ja kein Jurist....