Grundrechtsschutz in der Ehe
Verfasst: Freitag 17. September 2021, 02:39
Hallo,
letztes Jahr habe ich (Laie/Jura-Fan) nebenan im Forum Strafrecht unter dem Thema "Anhörungsrüge - und dann?" letztlich eine Problematik aufgeworfen, wo öffentliche, strafrechtliche und zivilrechtliche Aspekte ziemlich stark kollidieren. Der Thread endete dann in der latenten Vermutung, dass - entgegen oben, groß, rot - um mögliche unterhaltsrechtliche Fragen ging. Ich habe das Thema deshalb erstmal ruhen lassen und will es jetzt aus zivilrechtlicher Sicht nochmal angehen.
Kurz das Ausgangsszenario (mit den Erkenntnissen von damals neu definiert): Der im Strafverfahren wegen eines Sexualverbrechens Angeklagte A war früher mit mit der Ehefrau E des Dritten D liiert. Zur Glaubwürdigkeitsprüfung der Aussagen von E bzgl. des Intimlebens mit A wird im Rahmen des Strafverfahrens unter Ausschluss der Öffentlichkeit das eheliche Sexualleben zwischen E und D beleuchtet. D wird dabei nicht gehört.
Unter der Annahme, dass hier der (eheliche) Kernbereich privater Lebensgestaltung von E und D betroffen ist, vertrat ich seinerzeit die Ansicht, dass dann neben E auch D diesbezüglich zu hören seien (neben den damals ausgetauschten Argumenten spricht übrigens auch BVerfGE 76, 1, Rn. 90 f. bei juris dafür). Allerdings stellte sich heraus, dass in dieser Konstellation die StPO diesbezüglich de lege lata nichts hergibt. Auch stellte sich die Frage, wie bei einer theoretisch gemeinsamen Befragung von E und D (was die StPO explizit nicht vorsieht) der Intimbereich zwischen E und A, soweit er der Kernbereichsregelung unterfällt, gegenüber D geschützt wird.
Nun habe ich damals einen Schritt zurück gedacht: E ist die Auskunftsgeberin und kann dafür erst mal wegen § 48 Abs. 1 S.2 StPO nicht verantwortlich gemacht werden; die notwendigen Aussagen über das Intimleben sind unmittelbar der richterlichen Vernehmung zuzuschreiben und liegen damit nicht im Verantwortungsbereich der E (nur um obige latente Unterhaltsvermutung mal gleich zu entkräften).
Um den Grundrechtsschutz von D sicherzustellen, kam mir folgender Gedanke: nach § 1353 BGB hat jeder Ehegatte über das Intimleben nach außen nichts auszuplaudern (MüKo 1353 BGB). Sie haben ferner füreinander Verantwortung; d. h. E ist im Rahmen der Vernehmung für die Wahrnehmung strafprozessualer Möglichkeiten des D auch Garant.
Auch im Hinblick auf § 1359 BGB, der vorstehende Garantenfunktion einschränkt: könnte D von E auf Basis des § 1353 BGB daher verlangen, sich eines fachkundigen Rechtsbeistands zu bedienen UND die möglichen juristischen Mittel (z. B. §242 StPO) zum Schutz der ehelichen Intimsphäre einzusetzen (statt z. B. die Vernehmung einfach hinter sich zu bringen)? Mit §68b Abs. 1 S. 4 Variante 2 StPO sollte das aufgrund der Garantenpflicht von E ja nicht kollidieren; die Rechtsmittelfreiheit von E wäre auch nicht beschränkt.
Falls ja: könnte D auch verlangen, sich auf einen gemeinsamen (!) Rechtsbeistand zu einigen und selbigen dann seine Rechtshaltung nahebringen, um ein entsprechendes rechtliches Agieren bei der Vernehmung sicherzustellen? Dann wäre der gesetzliche Grundrechtsschutz immerhin theoretisch gewährleistet.
letztes Jahr habe ich (Laie/Jura-Fan) nebenan im Forum Strafrecht unter dem Thema "Anhörungsrüge - und dann?" letztlich eine Problematik aufgeworfen, wo öffentliche, strafrechtliche und zivilrechtliche Aspekte ziemlich stark kollidieren. Der Thread endete dann in der latenten Vermutung, dass - entgegen oben, groß, rot - um mögliche unterhaltsrechtliche Fragen ging. Ich habe das Thema deshalb erstmal ruhen lassen und will es jetzt aus zivilrechtlicher Sicht nochmal angehen.
Kurz das Ausgangsszenario (mit den Erkenntnissen von damals neu definiert): Der im Strafverfahren wegen eines Sexualverbrechens Angeklagte A war früher mit mit der Ehefrau E des Dritten D liiert. Zur Glaubwürdigkeitsprüfung der Aussagen von E bzgl. des Intimlebens mit A wird im Rahmen des Strafverfahrens unter Ausschluss der Öffentlichkeit das eheliche Sexualleben zwischen E und D beleuchtet. D wird dabei nicht gehört.
Unter der Annahme, dass hier der (eheliche) Kernbereich privater Lebensgestaltung von E und D betroffen ist, vertrat ich seinerzeit die Ansicht, dass dann neben E auch D diesbezüglich zu hören seien (neben den damals ausgetauschten Argumenten spricht übrigens auch BVerfGE 76, 1, Rn. 90 f. bei juris dafür). Allerdings stellte sich heraus, dass in dieser Konstellation die StPO diesbezüglich de lege lata nichts hergibt. Auch stellte sich die Frage, wie bei einer theoretisch gemeinsamen Befragung von E und D (was die StPO explizit nicht vorsieht) der Intimbereich zwischen E und A, soweit er der Kernbereichsregelung unterfällt, gegenüber D geschützt wird.
Nun habe ich damals einen Schritt zurück gedacht: E ist die Auskunftsgeberin und kann dafür erst mal wegen § 48 Abs. 1 S.2 StPO nicht verantwortlich gemacht werden; die notwendigen Aussagen über das Intimleben sind unmittelbar der richterlichen Vernehmung zuzuschreiben und liegen damit nicht im Verantwortungsbereich der E (nur um obige latente Unterhaltsvermutung mal gleich zu entkräften).
Um den Grundrechtsschutz von D sicherzustellen, kam mir folgender Gedanke: nach § 1353 BGB hat jeder Ehegatte über das Intimleben nach außen nichts auszuplaudern (MüKo 1353 BGB). Sie haben ferner füreinander Verantwortung; d. h. E ist im Rahmen der Vernehmung für die Wahrnehmung strafprozessualer Möglichkeiten des D auch Garant.
Auch im Hinblick auf § 1359 BGB, der vorstehende Garantenfunktion einschränkt: könnte D von E auf Basis des § 1353 BGB daher verlangen, sich eines fachkundigen Rechtsbeistands zu bedienen UND die möglichen juristischen Mittel (z. B. §242 StPO) zum Schutz der ehelichen Intimsphäre einzusetzen (statt z. B. die Vernehmung einfach hinter sich zu bringen)? Mit §68b Abs. 1 S. 4 Variante 2 StPO sollte das aufgrund der Garantenpflicht von E ja nicht kollidieren; die Rechtsmittelfreiheit von E wäre auch nicht beschränkt.
Falls ja: könnte D auch verlangen, sich auf einen gemeinsamen (!) Rechtsbeistand zu einigen und selbigen dann seine Rechtshaltung nahebringen, um ein entsprechendes rechtliches Agieren bei der Vernehmung sicherzustellen? Dann wäre der gesetzliche Grundrechtsschutz immerhin theoretisch gewährleistet.