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Re: Canabislegalisierung

Verfasst: Montag 25. Oktober 2021, 18:28
von OJ1988
Die These "Es wird weiterhin Dealer geben, weil das illegale Gras billiger sein wird als das legale" dürfte damit also entkräftet sein ;)

Re: Canabislegalisierung

Verfasst: Montag 25. Oktober 2021, 19:39
von Tibor
OJ1988 hat geschrieben:Die These "Es wird weiterhin Dealer geben, weil das illegale Gras billiger sein wird als das legale" dürfte damit also entkräftet sein ;)
Nein, weil der Anbau hierzulande verstärkt reguliert/kontrolliert werden dürfte (Stichwort Binnenmarkt). Der Deutsche Verwaltungsstaat wird sich auch nicht mit Gewächshauskonzessionen oder sowas zufrieden geben. Sobald du das ordentlich von der Saat bis zum Verkauf überwachen/dokumentieren/besteuern/kontrollieren willst, wird es richtig teuer, weil die Kosten für die Zolloberinspektoren und Medizinalräte ungelegt werden müssen. Ich wäre skeptisch - wenn ich mir sonst die Verwaltung so anschaue - dass die das einfach und schlank organisieren.

Canabislegalisierung

Verfasst: Montag 25. Oktober 2021, 20:15
von Liz
Eben. Es wird ja nicht damit getan sein, ein paar Hanfpflanzen in ein Gewächshaus zu stellen, sondern es werden eine komplexe Sicherheitsarchitektur und ordentliche Laborkontrollen erforderlich sein, um eine gleichmäßige Qualität zu erzielen. Die Pharmaindustrie läuft sich schon warm - sicherlich nicht aus reiner Selbstlosigkeit. Und der Staat wird es sich bestimmt nicht nehmen lassen, auch noch bei den Steuern abzukassieren.

Ich halte es für eine Illusion, dass legales Cannabis so günstig sein wird, dass keine denkbare Gewinnmarge für den illegalen Handel übrig bleibt - zumal man ja Geschäfte mit Minderjährigen machen oder ggf gezielt Cannabis mit einem hohen THC-Gehalt anbieten kann.

Re: Canabislegalisierung

Verfasst: Montag 25. Oktober 2021, 21:57
von OJ1988
Selbst wenn man regulatorisch nochmal +50% draufschlägt bezweifle ich doch sehr, dass der Anreiz, sich in die Illegalität zu begeben, den höheren Preis schlägt. Wir werden es ja sehen ;)

Re: Canabislegalisierung

Verfasst: Montag 25. Oktober 2021, 22:10
von Tibor
Es gibt Menschen, die sich wegen Steuerhinterziehung von 20-30% Ertragsteuer strafbar machen.

Nicht zu vergessen: Die bisher illegalen Dealer werden in den seltensten Fällen nun zu legalen Anbietern werden. Den Markt greifen sich ganz andere Player. Der klassische Dealer wird also selbst im schwierigeren Absatzmarkt nicht gleich zum Jobcenter gehen oder eine Ausbildung zum Polizeimeister beginnen.

Re: Canabislegalisierung

Verfasst: Montag 25. Oktober 2021, 22:24
von OJ1988
Mir ist klar, dass der handelsübliche Dealer mittlerer Art und Güte im Zweifel nicht 1:1 auf den legalen Arbeitsmarkt wechselt. Mein Argument bezog sich aber auch gar nicht auf die Angebots-, sondern auf die Nachfrageseite. Die allermeisten Menschen würden lieber 20 EUR für 1 Gramm legales Gras ausgeben als 10 EUR für 1 Gramm illegales Gras. Dein Beispiel mit der Steuerhinterziehung hinkt doch. Das macht man, wenn wirklich Patte im Spiel ist, aber doch nicht, um 10 EUR zu sparen.

Canabislegalisierung

Verfasst: Montag 25. Oktober 2021, 22:30
von Liz
Die Menschen tun die absurdesten Dinge, um ein paar Euro zu sparen. Zumal die Minderjährigen und ggf auch Touristen (je nach Ausgestaltung der Abgaberegelung) als „Kundschaft“ für den illegalen Markt übrig bleiben. Wenn der legale Abgabepreis bei 10 € / g (wahrscheinlich: eher deutlich mehr) liegen sollte, dann wird sich schon jemand finden, der für 6-8 € / g auf der Straße verkaufen kann und dabei noch Gewinn macht (erst recht, wenn der legale Abgabepreis oberhalb des heutigen Straßenpreises liegen sollte). Das mag ein Preisunterschied sein, der uns als Juristen mit einem ausreichenden Einkommen nicht zum Straßendealer treiben würde, aber für andere ist ein solcher Preisunterschied attraktiv und macht es für sie ggf erst leistbar.

Re: Canabislegalisierung

Verfasst: Montag 25. Oktober 2021, 22:51
von Urs Blank
Liz hat geschrieben: Montag 25. Oktober 2021, 20:15 Eben. Es wird ja nicht damit getan sein, ein paar Hanfpflanzen in ein Gewächshaus zu stellen, sondern es werden eine komplexe Sicherheitsarchitektur und ordentliche Laborkontrollen erforderlich sein, um eine gleichmäßige Qualität zu erzielen. Die Pharmaindustrie läuft sich schon warm - sicherlich nicht aus reiner Selbstlosigkeit. Und der Staat wird es sich bestimmt nicht nehmen lassen, auch noch bei den Steuern abzukassieren.
So sieht es aus. Um etwas zum regulatorischen Rahmen zu schreiben:

Die Grünen hatten bereits 2015 einen Entwurf für ein Cannabiskontrollgesetz (CannKG) in den Bundestag eingebracht. Dazu - es sind nun mal die Grünen - ein Cannabissteuergesetz (BT-Drs. 18/4204).

Das CannKG ist ein ziemlich bürokratisches Monstrum mit vielen haarkleinen Regelungen. Von der coolen Kiffer-Romantik bleibt nicht viel übrig, wenn Jasper und Serena ihren Stoff jetzt im "Cannabisfachgeschäft" (§ 3 Abs. 9) kaufen. Der "gewerbsmäßige" Verkäufer muss unter anderem den THC-Gehalt auf der Verpackung ausweisen - ohne teure Analytik läuft da nichts. Und auch die sonstigen Verkäuferpflichten sind erheblich.

Die Cannabissteuer sollte für Marihuana 4,00 Euro je Gramm "Endverkaufsprodukt" betragen, für Haschisch 5,00 Euro.

Re: Canabislegalisierung

Verfasst: Montag 25. Oktober 2021, 23:49
von Tibor
OJ1988 hat geschrieben:Die allermeisten Menschen würden lieber 20 EUR für 1 Gramm legales Gras ausgeben als 10 EUR für 1 Gramm illegales Gras.
Komm raus aus deinem Elfenbeinturm Bild

Es gibt Menschen, die saufen Rotwein aus dem Tetrapack für 1,50€; es gibt Menschen, die trinken tatsächlich Pils für 29ct die Halbliterdose; es gibt Menschen die picheln Korn für 5€ die Pulle. Nicht jeder trinkt Wein für 8€ die Flasche, Pils für 2€ die Flasche oder Single Malt für 60€ die Flasche. Insoweit wird es auch bei Dope genug Abnehmer für einen Preisvorteil von 20-50% geben.

Re: Canabislegalisierung

Verfasst: Montag 25. Oktober 2021, 23:51
von OJ1988
Im Sondierungspapier steht ja, dass es keine neuen Steuern geben wird ;) Und es ist doch selbstverständlich, dass der THC-Gehalt (analog zum Volumenprozent Alkohol) anzugeben ist. Das wird schon möglich sein, ohne für jede einzelne Tüte das Elektronenmikroskop anwerfen zu müssen.

Re: Canabislegalisierung

Verfasst: Dienstag 26. Oktober 2021, 08:04
von Theopa
Tibor hat geschrieben: Montag 25. Oktober 2021, 23:49 Es gibt Menschen, die saufen Rotwein aus dem Tetrapack für 1,50€; es gibt Menschen, die trinken tatsächlich Pils für 29ct die Halbliterdose; es gibt Menschen die picheln Korn für 5€ die Pulle. Nicht jeder trinkt Wein für 8€ die Flasche, Pils für 2€ die Flasche oder Single Malt für 60€ die Flasche. Insoweit wird es auch bei Dope genug Abnehmer für einen Preisvorteil von 20-50% geben.
Man muss dann aber auch Äpfel mit Äpfeln vergleichen: Bei Alkohol ist das einzige Kriterium der Preis, für Tetra-Pack-Wein kann man keine Geld- oder theoretisch Freiheitsstrafe bzw. wenigstens mit dem Verfahren verbundende Unannehmlichkeiten riskieren und bekommt ihn auch ganz einfach aus jedem Supermarkt.

Passender ist damit wohl der Vergleich zu unversteuerten Zigaretten vom Straßenhändler. Diese haben zwar durchaus einen gewissen Markt, waren jedenfalls zu meiner Raucher-Zeit aber praktisch nicht vorhanden, obwohl da auch kaum jemand Geld hatte. Das Maximum dürften die selten auftauchenden Zigaretten aus Tschechien gewesen sein, bei welchen jemand mal mehr als die Freimenge mitgenommen hat. Wer überhaupt kein Geld hatte, hat eben selbst gedreht. Jin-Ling oder ähnliches Zeug habe ich noch nie live gesehen.

Re: Canabislegalisierung

Verfasst: Dienstag 26. Oktober 2021, 08:48
von Tibor
Theopa hat geschrieben: Dienstag 26. Oktober 2021, 08:04 Passender ist damit wohl der Vergleich zu unversteuerten Zigaretten vom Straßenhändler. Diese haben zwar durchaus einen gewissen Markt, waren jedenfalls zu meiner Raucher-Zeit aber praktisch nicht vorhanden, obwohl da auch kaum jemand Geld hatte. Das Maximum dürften die selten auftauchenden Zigaretten aus Tschechien gewesen sein, bei welchen jemand mal mehr als die Freimenge mitgenommen hat. Wer überhaupt kein Geld hatte, hat eben selbst gedreht. Jin-Ling oder ähnliches Zeug habe ich noch nie live gesehen.
Ja, da magst du recht haben. Ich meinte das auch nur in Bezug auf "Reinheit" des Stoffes. Der Vergleich zu Bannbruch-Kippen ist aber schon passend. Ich weiß nicht wie weit du von einer "Ostblock-Grenze" entfernt wohnst, aber ca. 100km reichen, um noch hinreichendes Angebot von Straßenhändlern (Vietnamesenmafia) zu haben. Erst durch eingeschränkten Grenzverkehr durch Corona ist das etwas zurückgegangen. Und vor dem EU-Beitritt von CZ/PL war es immer großer Sport selbst in den Drittstaat zu fahren und das Auto vollzuladen, weil ggf. jedes 20. Auto nur kontrolliert wurde und wenn dann auch nur oberflächlich. Allerdings handelte es sich dann nur für den Konsumenten um eine Owi.

Re: Canabislegalisierung

Verfasst: Dienstag 26. Oktober 2021, 10:12
von Justitian
In Kanada existieren Schwarzmarkt und legale Produkte weiterhin nebeneinander: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/we ... a-101.html

Re: Canabislegalisierung

Verfasst: Dienstag 26. Oktober 2021, 10:49
von Seeker
Justitian hat geschrieben: Dienstag 26. Oktober 2021, 10:12 In Kanada existieren Schwarzmarkt und legale Produkte weiterhin nebeneinander: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/we ... a-101.html
Wobei das wohl auch oder sogar primär an der teilweise noch fehlenden Infrastruktur liegen könnte. Dann wäre es eher eine vorübergehende Situation.

Ohne es recherchiert zu haben, würde ich etwa davon ausgehen, dass der Schwarzmarkt für Alkohol in Deutschland relativ zum legalen Markt (wichtige Einschränkung) nur eine überschaubare Rolle spielt.

Re: Canabislegalisierung

Verfasst: Dienstag 26. Oktober 2021, 11:28
von Liz
Beim Alkohol wird man vor allem ein Problem mit Leuten haben, die selbst brauen/brennen und auch noch ihren Bekanntenkreis versorgen. Ansonsten ist Alkohol aber so günstig und leicht verfügbar, dass das Sparpotential überschaubar ist.

Aber zB beim Kaffee werden in den Grenzgebieten regelmäßig auch die Freimengen ausgereizt, um die deutsche Kaffeesteuer von 2,19 € / kg zu „sparen“ - bei einem durchschnittlichen pro Kopf-Verbrauch von 5,66 kg / Jahr in Deutschland eigentlich auch kein lohnender Aufwand.

Wenn man tatsächlich mehrere Euro pro Gramm sparen können sollte, dann dürfte es doch einen gewissen Anreiz geben, weiter beim Dealer zu kaufen.