famous hat geschrieben: ↑Dienstag 7. Februar 2023, 21:12
Ich hoffe das wird jetzt nicht zu lang, aber ich kann ein paar Gründe anführen, weshalb ich mich gegen das 2.Staatsexamen entschieden habe. Ich denke dann kann man das besser nachvollziehen.
Kein Ding lass raus ^^
famous hat geschrieben: ↑Dienstag 7. Februar 2023, 21:12
Die 6,1 in der staatlichen Pflichtfachprüfung täuscht. Schriftlich hatte ich leider nur 4,0, obwohl ich im Klausurenkurs ein wenig besser war (ca 5 im Schnitt). In der mündlichen hatte ich super Prüfer und es lief überraschenderweise ganz gut (Vortrag 10, Prüfungsgespräch 9).
Hier täuscht gar nichts. Deine Note ist 6,1 im Staatlichen. Hör auf dir das selber schlecht zu reden. Jura besteht nicht nur aus Schreiben "weswegen die 6,1 eigentlich 4 sind".
famous hat geschrieben: ↑Dienstag 7. Februar 2023, 21:12
Schwerpunkt läuft gerade leider nicht so gut wie erhofft, dh ich lande vlt mit der Gesamtnote bei 6. Das heißt im zweiten bräuchte ich 7 um auf die 13 in beiden Examen zusammen zu kommen. Ja, jetzt wird sicherlich angeführt das ist "nur 1 Punkt" mehr als im ersten Examen, aber ob ich nochmal so viel Glück in der mündlichen habe ist äußerst zweifelhaft.
Hier wird überhaupt nicht angeführt das es "nur 1 Punkt mehr" ist. Das ist nämlich einfach an dem Vorbei, was ich geschrieben habe. Im Gegensatz zum common belief unter en Studenten und den 2000ern (Zitat Monika Harms: Ihre Note wird noch auf ihrer Grabschleife stehen), ist jetzt faktisch der umgekehrte Fall eingetreten. Du hast Note x ... Naja aber du hast in der Wahlstation oder in der Anwaltsstation (Letzteres jetzt nicht bei dir) gezeigt, dass du gut ins Team passt, besteh einfach das 2. den Rest regeln wir hinterher.
famous hat geschrieben: ↑Dienstag 7. Februar 2023, 21:12
Dann komme ich nachher bei zweimal ausreichend raus und sitze gefühlt beim Arbeitsamt und weiß nicht was ich machen soll.
From all the things that will never happen, this will never happen the most!
famous hat geschrieben: ↑Dienstag 7. Februar 2023, 21:12
Oder ich gehe erst dann in den gehobenen Dienst, was viele bei uns in der Bundesbehörde auch machen müssen, weil sie zwar zwei SteX haben, aber eben nicht auf 13 Punkte zusammengerechnet kommen.
Halte ich auch für eine urban legend. Kann natürlich sein, dass derart ausgesiebt wird, wenn man unbedingt zum Bezirksamt Hamburg Mitte Fachbereich Coole Verträge will, aber ansonsten sind die Geschichten von doppelt ausreichend Juristen die im gehobenen anfangen mussten seit 2017 irgendwie verebbt.
famous hat geschrieben: ↑Dienstag 7. Februar 2023, 21:12Mal ganz abgesehen davon, dass das zweite SteX nochmal anspruchsvoller ist als das erste und das alles nochmal durchleben zu müssen. Never.
Es ist zuallererst einmal ANDERS. Den Gedanken, es werde so wie beim ersten, kannst du getrost vergessen. Die Nächte in der Bibliothek gibt es schlicht nicht mehr. Du wirst mit Klausuren und Lehrmaterial in einem sehr verschulten System an die Hand genommen. So richtig Zeit zum Lernen wie im Ersten hatte ich im Ref eigentlich nicht mehr. Klar ging man in der Anwaltsstation 3 Monate tauchen. Da schreibt man dann halt weiter Klausuren und wiederholt den Stoff. Dass das aber so krass wie vor dem Ersten war, kann ich nicht berichten und habe das von deinesgleichen hinterher auch nicht gehört. Von den mir bekannten "Ich höre auf jeden Fall vor dem ersten noch auf" Typen hatten alle dieselben Bedenken wie du hinsichtlich des Zweiten. Keiner hat hinterher gesagt, es sei so wie vor dem Ersten gewesen.
Wars anspruchsvoller? Kann ich nicht wirklich (im Sinne von verlässlich) sagen. Klar die Noten sind i.d.R. unter denen des Ersten (waren sie bei mir nicht, sondern darüber). Man war irgendwie auch gefordert von dem neuen Klausurstil und ich habe am Anfang nicht glauben können, dass das in 5 Stunden auch nur theoretisch machbar ist ... plot twist ... wars doch. Was ich, jetzt da ich darüber schreibe, irgendwie trotzdem nicht glauben kann ^^
famous hat geschrieben: ↑Dienstag 7. Februar 2023, 21:12
Hinzu kommt, dass Jura mir nicht unbedingt liegt: ich bin kein Rechtsanwender. Ich habe ein relativ gutes Verständnis und und kann gut auswendig lernen. Wenn mir jetzt jemand einen Sachverhalt oder ein Problem erklärt verstehe ich das, kann das auch einem Dritten erklären aber sobald der Ausgangssachverhalt geändert wird und ich den lösen müsste -> Game over.
Ich merke das auch jetzt oft in den Schwerpunkt Vorlesungen, das was meine Kommilitonen sagen weiß ich auch und verstehe das auch - aber ich komme da halt nicht selber drauf. Was ja auch nicht schlimm ist, der eine hat mehr Talent/Begabung der andere halt weniger. So wie es talentierte und nicht so talentierte Fussballer gibt. Auf Dauer ist das einfach frustrierend. Ein Sprichwort lautet nicht umsonst "Der Vergleich ist der Tod eines jeden Glücks". Diese Tatsache, meine Fehler der Vergangenheit (Falsche Schwerpunktsetzung im Leben, Jura war immer nur Beiwerk und hatte nie volle Aufmerksamkeit, Uni-Wechsel während dem Rep, die Arroganz gehabt als Sitzenbleiber mit 3,7er zu denken man könnte die Examensvorbereitung auch ohne Rep schaffen -> lange Studiendauer) und mein Alter werden mir so tagtäglich immer wieder vor Augen geführt, wenn ich den juristischen Weg einfach weitergehe. Das ist ein Teufelskreis.
Es tut mir leid deine Bubble von "ich bin ja so anders, deswegen erklär ichs euch" zerstören zu müssen, aber das ist - mit kleinen Abweichungen - exakt das, was ich von all den Leuten gehört seit fast 10 Jahren immer und immer wieder gehört habe UND GENAU die waren am Ende froh, es doch gemacht zu haben, auch wenns irgendwie 2 Jahre nervig war.
famous hat geschrieben: ↑Dienstag 7. Februar 2023, 21:12
Um ehrlich zu sein ist es mir total egal, ob ich im gehobenen Dienst, höherer Dienst oder was auch immer bin. Ich mache täglich Sport mit allen drum und dran und brauche einfach einen Job, in welchem ich nicht viel arbeiten muss, Zeit für mein Privatleben (Sport inkl. Ernährung) und Freizeitaktivitäten (Urlaub uä) habe und das ganze finanzieren kann ohne Geldsorgen zu haben. Ob ich dabei was juristisches oder was komplett anderes mache ist für mich völlig zweitrangig.
Verstehe ich absolut. Das spricht aber SEHR für das 2. Staatsexamen!
famous hat geschrieben: ↑Dienstag 7. Februar 2023, 21:12
Ich bin lieber der Typ der in Ruhe im Hintergrund arbeitet und einfach eine Akte oä bearbeitet als derjenige der die Entscheidung fällen und die Veranwortung tragen muss. Thats it.
Ok das bezieht sich zwar auf das, was ich zuvor geschrieben habe, aber es spielt mir trotzdem in die Argumentation:
Das was du hier beschreibst, hast du heutzutage vielleicht als gewerkschaftlich eingebundener Facharbeiter. Der hat seine 36 Stundenwoche mit 30 Tagen Urlaub und geht stechen. Würde dich vielleicht auch glücklich machen ... kann ich nicht beurteilen ... Handwerker und Facharbeiter sind gute Berufe, kann ich empfehlen. Sollte die wirtschaftliche Lage doch noch mal anders werden, kann das aber schon ganz schön Sackgang werden.
Als Volljurist gibt es zigtausend Möglichkeiten genau so zu arbeiten. Als "Halb"Jurist dürfte das mit den von dir genannten Behördenfeldern schon erschöpft sein. Ich weiß aber nicht wie es im Unternehmen ist, da scheint es mir aber anders zu sein.
famous hat geschrieben: ↑Dienstag 7. Februar 2023, 21:12
Das mag sich vlt wie Selbstmitleid anhören, aber ich bin keiner der vor der Realität die Augen verschließt und sich selbst belügt. Ich bin ja nicht heute morgen aufgewacht und habe mich spontan dazu entschieden nach dem 1.Stex aufzuhören.
Das könnte ich noch ewig mit weiteren Gründen fortführen, aber dann wird das ein Roman
Ist kein Selbstmitleid. Du malst nur einen Teufel an die Wand der schlicht so nicht existiert.
Wenn du wirklich einen Tipp willst:
Fang einfach mal an mit dem Ref. Aufhören kannst du jederzeit. 30 ist absolut kein Alter. Deinen jetzigen Plan kannst du nach 6 Monaten Ref immer noch umsetzen. Dann ist deine Story, dass Jura nichts für dich ist auch wesentlich glaubhafter als jetzt. (Ich glaub dir das jetzt schon, ich habe nur erhebliche Zweifel an deiner Sicht auf das Ref). So wirst du dir nie vorwerfen müssen: Was wäre, wenn die Leute da im Internet, die sagen, sie hätten schon viele wie mich erlebt, tatsächlich recht gehabt hätten? Die Frage würde mich ja umbringen ^^ Aber gut, ich habe auch beide Examina zwei mal geschrieben, damit ich mir ja hinterher nicht die Frage stelle, was wäre wenn ^^
Also nochmal:
Du bist nicht die Ausnahme, dein Fall ist nichts besonderes, du bist in der selben Lage, mit den selben Gründen und den selben Zweifeln die ich von all den Studenten, die gute Freunde geworden sind, immer und immer wieder mit leichten Nuancen gehört habe. Am Ende wars alles halb so wild und ne gute Idee. So würde das bei dir, da bin ich mir sicher, auch werden.
Am Ende musst du es wissen. Ich schreibe hier nur deshalb so viel dazu, weil mich sowas immer ein stückweit mitnimmt und ich die positiven Geschichten gerne verbreite. Es wäre schade, wenn Leute aus einer unberechtigten Sorge vor so nicht exitierenden Hürden Nicht rückgängig zu machende Lebenswege einschlagen.
Zu deiner Ausgangsfrage:
Deine Möglichkeiten nach dem ersten Staatsexamen sind vielfältiger Art. Neben den von dir beschriebenen Behörden gäbe es auch die Möglichkeit in Unternehmen unterzukommen. Da ist die Lage aber mit den Arbeitszeiten unklar. Das ist von Unternehmen zu Unternehmen verschieden. Überlegenswert sind auch Verbände aller Art. Die haben ebenfalls Badarf an Juristen wie dir.