Vorgehen in der Praxis (Eilantrag Bes. VerwR)

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Lawlesslawlessness
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Vorgehen in der Praxis (Eilantrag Bes. VerwR)

Beitrag von Lawlesslawlessness »

Hallo in die Runde!

Ich bin (noch) nicht Praktiker, daher fällt es mir schwierig einzuschätzen, was das übliche Vorgehen bei einem Eilantrag ist (gem. §86b SGG, falls relevant). Das Gericht hat mir heute die Stellungnahme der Behörde auf meinen Eilantrag hin zugestellt (mit der Bitte um Kenntnis und zur eventuellen Stellungnahme innerhalb einer Woche).
In seiner Stellungnahme gibt der Antragsgegner an manchen Stellen meinen Vortrag wieder, allerdings nicht immer ganz zutreffend (gewollt oder nicht gewollt, keine Ahnung).
Inhaltlich gibt es einige Widersprüche und es wird insgesamt ziemlich schwach argumentiert.

Meine Frage daher:
Ist es üblich ist, nochmal hierauf eine Erwiderung/Hinweis rauszuschicken oder kann ich dem Richter vertrauen, dass er das bemerkt?

Leider habe ich zu spät in einem Forum gelesen, dass Rechtsausführungen nicht nötig/bisweilen unerwünscht seien, da man davon ausgehe, dass das Gericht das Recht kenne ("iura novit curia"). Ergebnis= fast 12 Seiten Rechtsausführungen für einen eigtl ziemlich klaren Sachverhalt und jeden Furz glaubhaft gemacht (fast 40 Seiten Anlage):( habe mich verausgabt wie in einer Fortgeschrittenen-Hausarbeit und fürchte, dass ich mir damit schon nichts Gutes getan habe. Mir ist klar, dass auf der Bank jemand mit 2 guten Examina sitzt, nicht klar ist mir, wie viel Zeit Richter haben, um sich mit einem Verfahren zu beschäftigen und wie fleißig, ambitioniert oder aufmerksam man dann bis zum Ende des Tages bleibt.

Also: Erwidert man für üblich oder wartet man einfach hoffnungsvoll den Beschluss ab? (Kleine Anmerkung: In der Stellungnahme wurde der Widerspruchsbescheid zu fast 95% übernommen, also nichts wirklich Neues).

Frostige Grüße!
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Strich
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Re: Vorgehen in der Praxis (Eilantrag Bes. VerwR)

Beitrag von Strich »

Sind die Schreiben von einem "Richter" oder einem "Richter am Sozialgericht"?
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
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Re: Vorgehen in der Praxis (Eilantrag Bes. VerwR)

Beitrag von Lawlesslawlessness »

Von einer Justizbeschäftigten auf Anordnung. Ich gehe mal davon aus, dass der RSG sich noch gar nicht damit beschäftigt hat. Bei einer Aufforderung durch den Richter würde ich bereits in die Tasten hauen:D Ich werde einfach das ungute Gefühl nicht los, dass ich dem Richter zu viel Aufwand bedeute oder zu anstrengend bin oder gar in meiner Position ohne 2. Examen "zu viel zu sagen" hätte, auch wenn dieser Gedanke in einem idealen Rechtsstaat natürlich völlig unbedeutend ist.
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Strich
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Re: Vorgehen in der Praxis (Eilantrag Bes. VerwR)

Beitrag von Strich »

Wenn du ein 2. Examen hättest, wüsstest du, dass das "auf Anordnung" bedeutet, dass es der Richter (oder, aber wahrscheinlich nicht in deinem Fall: Rechtspfleger) angeordnet hat.

Ich würde mal darauf tippen, dass du dem Richter schlicht "egal" bist und er den Fall wie jeden anderen auch behandelt.
Ich werde einfach das ungute Gefühl nicht los, dass ich dem Richter zu viel Aufwand bedeute oder zu anstrengend bin oder gar in meiner Position ohne 2. Examen "zu viel zu sagen" hätte
Ja alle denken, sie seien irgendwas besonderes ...

Zu deiner Frage:
Ist es üblich ist, nochmal hierauf eine Erwiderung/Hinweis rauszuschicken oder kann ich dem Richter vertrauen, dass er das bemerkt?
Kommt drauf an: Man kann Sachen totschreiben. Problematisch ist das aber, soweit der Sachverhalt betroffen ist, den würde ich shcon geraderücken. Die Rechtsausführungen würde ich auch nur dann machen, wenn es drauf ankommt. Bei nem Standard ALG 2 Fall würd ichs mir sparen.
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Re: Vorgehen in der Praxis (Eilantrag Bes. VerwR)

Beitrag von Lawlesslawlessness »

Wenn du ein 2. Examen hättest, wüsstest du, dass das "auf Anordnung" bedeutet, dass es der Richter (oder, aber wahrscheinlich nicht in deinem Fall: Rechtspfleger) angeordnet hat.
Dessen bin ich mir bewusst, nur gehe ich nicht davon aus, dass der Richter tatsächlich in der Tür stand und der Justizbeschäftigten dies angeordnet hat. Ich denke mal, dass bis zu einem gewissen Punkt im Verfahren die Abläufe klar und gleich sind und der Richter nicht mit diesen behelligt wird und auf Anordnung ähnlich dem "im Auftrag von" gehandhabt wird.
Ich würde mal darauf tippen, dass du dem Richter schlicht "egal" bist und er den Fall wie jeden anderen auch behandelt.
Ich werde einfach das ungute Gefühl nicht los, dass ich dem Richter zu viel Aufwand bedeute oder zu anstrengend bin oder gar in meiner Position ohne 2. Examen "zu viel zu sagen" hätte
Ich bin halt einfach nur sehr unsicher, da mir dieses Verfahren zu wichtig ist, als mir irgendeinen Fehler, egal auf welcher Ebene, zu erlauben. Und ich will mir nicht den Vorwurf machen, dass ich doch zu einem Anwalt hätte gehen sollen. Von den Anwälten, die meine Mutter über 6 Jahre wegen ihres Arbeitsunfalls beraten hatten, haben mir stets das Gefühl gegeben, sie würden die Arbeit unwillig und abends beim Fernsehen machen. Mir war klar, dass ich mehr Zeit und Motivation für meine Sache aufbringen würde und materielles Recht kann ich, also auf Anwalt verzichtet. Dennoch fühlt man sich ziemlich klein und schwach, wenn der Klausursachverhalt auf einmal zum Leben erwacht :D
Zu deiner Frage:
Kommt drauf an: Man kann Sachen totschreiben. Problematisch ist das aber, soweit der Sachverhalt betroffen ist, den würde ich shcon geraderücken. Die Rechtsausführungen würde ich auch nur dann machen, wenn es drauf ankommt. Bei nem Standard ALG 2 Fall würd ichs mir sparen.
Ich weiß nicht, was Standard ALG 2 Fälle sind, aber ich gehe mal davon aus, dass da einfach nur viel mit Tatsachen gearbeitet wird, die Vorschriften in dem Bereich sind ja ziemlich übersichtlich und die meisten Rechtsfragen wurden ja ohnehin schon beantwortet.Es kann natürlich sein, dass ich generell eine falsche Vorstellung davon habe, wo Rechtsausführungen okay sind und wo nicht.
Und in meinem Fall: Es kommt tatsächlich darauf an, aber die jew. Punkte habe ich schon in meinem Eilantrag aufgegriffen. Wie die Behörde dennoch auf die Idee kommt, nicht überzeugt zu sein ( :D ) und nicht einfach mal klein beigibt, um Kosten zu sparen, ist mir ein Rätsel. Stattdessen führt sie zB dort, wo ich auf höchstrichterliche Entscheidungen verweise, Urteile von SG an. Hat ein bisschen was von einem Selbstmordkommando.
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Re: Vorgehen in der Praxis (Eilantrag Bes. VerwR)

Beitrag von thh »

Lawlesslawlessness hat geschrieben: Dienstag 4. April 2023, 12:53 Das Gericht hat mir heute die Stellungnahme der Behörde auf meinen Eilantrag hin zugestellt (mit der Bitte um Kenntnis und zur eventuellen Stellungnahme innerhalb einer Woche).
[...]
Meine Frage daher:
Ist es üblich ist, nochmal hierauf eine Erwiderung/Hinweis rauszuschicken oder kann ich dem Richter vertrauen, dass er das bemerkt?
Oben, groß, rot: keine Rechtsberatung.
Lawlesslawlessness hat geschrieben: Dienstag 4. April 2023, 15:03
Wenn du ein 2. Examen hättest, wüsstest du, dass das "auf Anordnung" bedeutet, dass es der Richter (oder, aber wahrscheinlich nicht in deinem Fall: Rechtspfleger) angeordnet hat.
Dessen bin ich mir bewusst, nur gehe ich nicht davon aus, dass der Richter tatsächlich in der Tür stand und der Justizbeschäftigten dies angeordnet hat. Ich denke mal, dass bis zu einem gewissen Punkt im Verfahren die Abläufe klar und gleich sind und der Richter nicht mit diesen behelligt wird und auf Anordnung ähnlich dem "im Auftrag von" gehandhabt wird.
Selbstverständlich stammt die Entscheidung - auch Dir die Stellungnahme der Behörde zu übersenden - von dem zuständigen Richter; er verfügt allerdings die Übersendung, die dann auf seine Anordnung hin erfolgt, und verfasst das Schreiben an die Parteien nicht selbst. Dazu muss er nicht in der Tür der Justizbeschäftigten stehen; er trifft diese Verfügung schlicht (handschriftlich, auf einem Vordruck, elektronisch, ...) in der Akte.
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Vorgehen in der Praxis (Eilantrag Bes. VerwR)

Beitrag von Liz »

Üblicherweise werden Stellungnahmefristen vom Richter gesetzt und die Verfügung wird von der Geschäftsstelle nur („auf Anordnung“) ausgeführt. Ob der Richter den Schriftsatz der Beklagten inhaltlich bereits im Detail gelesen hat und dieselben Beobachtungen wie Du gemacht hat (oder noch machen wird), kann Dir hier niemand sagen. Die Formulierung „eventuelle Stellungnahme“ wird jedoch üblicherweise verwendet, wenn zwar nochmal rechtliches Gehör gewährt werden soll, aber nicht nochmal unbedingt eine Stellungnahme erwartet wird.
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Re: Vorgehen in der Praxis (Eilantrag Bes. VerwR)

Beitrag von Lawlesslawlessness »

Oben, groß, rot: keine Rechtsberatung.
Ist es denn tatsächlich Rechtsberatung, wenn man fragt, wie es in der Praxis läuft? Was das Recht angeht, sind doch alle Fragen beantwortet, bzw habe ich keine.
Ich hätte alternativ auch eine Umfrage starten können, sodass man hier entweder -Ja! Ich würde auf jeden Fall noch mal das Angebot zur Stellungnahme annehmen- oder -Nein, der Richter kann doch lesen und verarbeiten, der fühlt sich nur veräppelt- auswählen könnte. Gab aber keine entsprechende Funktion. Meine mangelhafte Selbstsicherheit hab ich ja erklärt. Aber ich denke, ich habe heute im Verlauf des Nachmittags zu einer guten Entscheidung finden können:)
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Re: Vorgehen in der Praxis (Eilantrag Bes. VerwR)

Beitrag von Strich »

Ne ist m.E. keine Rechtsberatung.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
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Re: Vorgehen in der Praxis (Eilantrag Bes. VerwR)

Beitrag von Julia »

Deshalb haben wir es auch offen gelassen :)
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