Verwaltung ohne Lust auf Karriere

Für alle Fragen, die sich speziell für Richter, Staatsanwälte oder Verwaltungsbeamte ergeben, z.B. Bewerbung, Arbeitszeit, Laufbahnentwicklung, Wechsel des Bundeslandes oder der Gerichtsbarkeit usw.

Moderator: Verwaltung

Antworten
verwaltung95
Newbie
Newbie
Beiträge: 2
Registriert: Montag 24. April 2023, 11:44
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Verwaltung ohne Lust auf Karriere

Beitrag von verwaltung95 »

Hallo liebe Forumsgemeinde,

ich habe seit ca. einem halben Jahr eine Stelle in der Allgemeinen Inneren Verwaltung, Verbeamtung A13. Mir macht die Arbeit Spaß, ich bin in Teilzeit (wegen Kindern) da und könnte mir theoretisch vorstellen, das bis zur Pension so weiterzumachen. Sprich, ich habe absolut keine Lust auf "Karriere". Ich bin froh, dass ich bei meiner Stelle keine Führungsverantwortung habe und brauche das auch in der Zukunft nicht. 

Von Kollegen und Kolleginnen bekomme ich jetzt aber mit, dass alle paar Jahre mal die Stelle gewechselt wird und jeder gerne mal A15 werden möchte. Von meiner Chefin wurde ich diesbezüglich auch schon wegen meines guten Examens (zweistellig) angesprochen. Es kann sich keiner vorstellen, dass man einfach nur in Ruhe seinen Job machen will, aber keine Ambitionen hat, beruflich weiterzukommen. Kennt also jemand vielleicht Leute (vorzugsweise aus Bayern), die einer eher ruhige Berufslaufbahn durchgezogen haben? Ist das überhaupt realistisch?

Versteht mich bitte nicht falsch, ich bin absolut nicht faul und erledige meine Arbeit zügig und auch mit Freude, aber genau das reicht mir eben auch. Ich möchte gut sein in meinem Job, aber damit langt es dann auch. Mein Privatleben und die Zeit mit den Kindern und Hobbys sind mir einfach viel wichtiger. Am liebsten würde ich für immer auf meiner jetzigen Stelle sitzenbleiben (Mittelbehörde in Bayern), aber ich frage mich, ob man nicht irgendwann mal z.B. ins Landratsamt wechseln muss. Oder ob das mit 50 % Teilzeit überhaupt möglich ist, da die Stellen im LRA ja eigentlich immer Abteilungsleiterstellen sind.

Vielleicht hat ja jemand Erfahrung, ich würde mich jedenfalls sehr freuen!  
Sebast1an
Power User
Power User
Beiträge: 662
Registriert: Sonntag 5. August 2012, 19:37
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Verwaltung ohne Lust auf Karriere

Beitrag von Sebast1an »

Warum sollte das nicht realistisch sein? Die A14 gibt es meist noch geschenkt. Aber für jede Stelle A15+ musst du dich ohnehin erstmal bewerben. Und wenn du dich nicht bewirbst, bleibst du eben A14 bis zur Pension. Was freilich (jederzeit) passieren kann, dass dich dein Dienstherr auf eine andere A13/A14-Stelle versetzt. Die ein oder andere Personalabteilung hat auch sicherlich wenig Skrubel, dies gegen deinen Willen durchzuziehen. Das lässt sich aber nicht prognostizieren. Und vielleicht hast du in ein paar Jahren auch selbst Lust, fachlich mal etwas anderes zu sehen.

Ein Kollege von mir geht den von dir angestrebten Weg und ist seit ~15 Jahren auf einer A14 mit wechselnden Stellen (und Dienstorten) unterwegs, ohne jegliche Ambitionen auf A15+. Das stößt freilich auf viel Unverständnis.

Als Inhaber einer A15-Stelle kann ich den Wunsch allerdings sehr gut nachvollziehen. Mit den Stellen A15 und aufwärts steigen meist die Verantwortung und vor allem der (Alltags-)Stress ganz erheblich. Zudem stehen Leitung und Führung (und damit Probleme mit dem Personal) weit mehr im Fokus. Die fachliche/juristische Arbeit rückt immer mehr in den Hintergrund. Und schwerwiegende Probleme/Themen beschäftigen einen aufgrund der fachlichen oder menschlichen Bedeutung teilweise über die Dienstzeit hinaus. Das will und kann nicht jeder - insbesondere für gerade mal 450 Euro netto mehr.
Ich bin auch nur ein Mensch. Genauso wie ein Weißer Hai auch nur ein Fisch ist. (Zlatan Ibrahimović)
verwaltung95
Newbie
Newbie
Beiträge: 2
Registriert: Montag 24. April 2023, 11:44
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Verwaltung ohne Lust auf Karriere

Beitrag von verwaltung95 »

Vielen lieben Dank für die Antwort! Mit der Frage, ob das realistisch ist, meinte ich, ob man damit "durchkommt", ohne sich großartig rechtfertigen zu müssen. Ich hatte nämlich schon damit gerechnet, dass es, wie du es von deinem Kollegen erzählst, eher auf Unverständnis stößt.

Ich frage mich vor allem auch, ob es so viele Stellen gibt, die sich als Teilzeitstelle eignen. Soweit ich weiß, bin ich in meiner Behörde eine von zwei Juristinnen in Teilzeit und meine Stelle war vorher auch in Vollzeit besetzt. An den Landratsämtern wird das ja eher noch schwieriger sein, schätze ich mal.

Du hast absolut recht, meine Chefin ist um ihre A15 Stelle absolut nicht zu beneiden, es gibt so viel Stress und Ärger mit den Mitarbeitern und dann kommt das Fachliche ja auch noch dazu. Besonders glücklich wirkt sie nicht.
Sebast1an
Power User
Power User
Beiträge: 662
Registriert: Sonntag 5. August 2012, 19:37
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Verwaltung ohne Lust auf Karriere

Beitrag von Sebast1an »

Du wirst dich sicher ständig rechtfertigen müssen. Und hintenrum wird es das Getuschel geben: "Was ist mit der/dem denn los?". Ist leider so. Ist aber auch kein Weltuntergang.

Und als Teilzeit sind doch fast alle Stellen im öD geeignet. Da sehe ich kein Problem, außer die allgemeine Benachteiligung von Teilzeitkräften. Wobei ich mich mit den Gepflogenheiten eines Landratsamtes nicht auskenne.
Ich bin auch nur ein Mensch. Genauso wie ein Weißer Hai auch nur ein Fisch ist. (Zlatan Ibrahimović)
Nicco77
Noch selten hier
Noch selten hier
Beiträge: 35
Registriert: Freitag 22. August 2008, 08:51
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Verwaltung ohne Lust auf Karriere

Beitrag von Nicco77 »

Hallo zusammen,

ich freue mich, dass es auch anderen geht wie mir. Wichtiger als die Besoldungsstufe A 15+ ist meiner Meinung nach, dass man sich im jeweiligen Rechtsgebiet wohl fühlt. Außerdem gibt es einfach mehr interessante A13/14-Stellen, wenn die Zeit für einen Wechsel gekommen ist.
Benutzeravatar
famulus
Fossil
Fossil
Beiträge: 10254
Registriert: Freitag 12. März 2004, 12:55
Ausbildungslevel: Interessierter Laie

Re: Verwaltung ohne Lust auf Karriere

Beitrag von famulus »

Sebast1an hat geschrieben: Montag 24. April 2023, 18:08 Du wirst dich sicher ständig rechtfertigen müssen. Und hintenrum wird es das Getuschel geben: "Was ist mit der/dem denn los?". Ist leider so. Ist aber auch kein Weltuntergang.
Habe ich in meiner Landesverwaltung in der Weise abseits von irgendwelchen ohnehin schon fast ausgestorbenen Boomern absolut noch nicht erlebt. Der Trend geht eher hin zur Philosophie des Threaderstellers.
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
Antworten