Hallo alle,
ich bin nun 43 und habe letzten Herbst mit dem Jurastudium angefangen, dabei brenne ich ganz besonders für das Öffentliche Recht und das Strafrecht.
Ich habe bereits eine Berufsausbildung gemacht und war in dem Beruf tätig, Krankheit brachte mich allerdings zum Umdenken. Ich mache meinen ursprünglichen Beruf nur noch in Teilzeit und stecke umso mehr Energie in das Jurastudium. Das ist durchaus entbehrungsreich, aber macht mir trotzdem insgesamt Spaß.
An der Uni bin ich natürlich eine der älteren Personen, aber das stört mich nicht, da ich in erster Linie dort bin um zu lernen und nicht so sehr für Kontakte. Wenn ich mich hier im Forum aber so umsehe, dann bekomme ich das Gefühl, dass ich viel zu alt bin. Ich lese Threads, in denen 23-Jährige die Frage stellen, ob sie zu alt sind für den Start des Studiums und in anderen, dass man mit Ende 30 schon zu alt ist, um in den Beruf einzusteigen. Ich werde mindestens 50 sein, wenn ich das 2. Staatsexamen hoffentlich geschafft habe.
Ich will nicht verbeamtet werden oder in die Großkanzlei, reich werden muss ich nicht. Ich habe auch etwas Geld auf der Seite.
Aber nicht so viel, dass Jura nur ein Hobby bleiben kann. Natürlich will ich in einem juristischen Beruf arbeiten, vielleicht als Anwalt in meiner eigenen kleinen Kanzlei.
Meine Frage nun an euch. Denkt ihr mit so einem von einer späten Entscheidung zum Jurastudium geprägten Lebenslauf ist man völlig fehl im Fach? Oder geht es bei dieser oft gelesenen "Mit 30 ist man eigentlich schon zu alt"-Haltung vor allem darum, wenn man die große Karriere plant?
Ich möchte dazu noch sagen, dass ich denke, dass man mit 50 noch mindestens 20 Jahre Arbeitsleben vor sich hat, wenn man sich die Rentenentwicklung so ansieht.
Kennt ihr "Exoten" wie mich, die es so spät noch geschafft haben, ihr Jurastudium zu monetarisieren? Gibt es solche nicht in diesem Berufsfeld? Kennt ihr Beispiele? Wie gesagt, mir geht es nicht um die Überfliegerkarriere, sondern um ein erfüllendes Leben in einem sinnvollen Beruf.
(Edit: Nun mag der eine oder andere denken, dass meine Frage naiv ist und man sich doch die Chancen vor dem Start des Studiums ausrechnen sollte. Um offen zu sein, habe ich aber erstmal neugierig und unbedarft angefangen und war mir nicht sicher, ob ich das Fach wirklich studieren werde. Umso länger ich aber nun dabei bin, umso ernster wird es mir damit und dementsprechend denke ich nun vermehrt über Perspektiven nach.)
Danke von Sam
Und die etwas anderen Lebensläufe?
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Re: Und die etwas anderen Lebensläufe?
Jura ist ein sehr vielseitig einsetzbares Studium; da so ziemlich jeder Mensch, jede Behörde, jeder Verein, jedes Unternehmen, jede Organisation regelmäßig mit rechtlichen Fragen in Berührung kommt, gibt es zahllose Anwendungsbereiche für juristisch Ausgebildete. Da wird sich auch für dich was finden. Natürlich bist du mit deinem Lebenslauf auf dem juristischen Arbeitsmarkt so etwas wie ein Exot, der eine Nische suchen muss. Aber solche Nischen gibt es. Wenn man die Augen aufhält, stößt man immer wieder auf sie. Von daher würde ich mich nicht entmutigen lassen.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen…verstoßen nicht gegen göttliches Recht."
--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375 (Leitsatz der Redaktion)
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- scndbesthand
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Re: Und die etwas anderen Lebensläufe?
Herzlich willkommen!
Aussichtslos ist das nicht und bei intrinsischer Motivation bleib dabei. Du konkurrierst allerdings (in Deiner Altersklasse) mit Leuten, die im schlimmsten Fall schon 20 Jahre einschlägige Berufserfahrung haben und daher sind die Chancen bei Einstellungsrunden natürlich mäßig.
Ich würde an Deiner Stelle sehr früh die Fühler nach einer späteren konkreten Beschäftigungsmöglichkeit ausstrecken und konsequent an einer entsprechenden Qualifikation hierfür arbeiten. Vielleicht kannst Du auf der früheren Ausbildung aufbauen und die gewonnene Erfahrung irgendwie nutzen.
Aussichtslos ist das nicht und bei intrinsischer Motivation bleib dabei. Du konkurrierst allerdings (in Deiner Altersklasse) mit Leuten, die im schlimmsten Fall schon 20 Jahre einschlägige Berufserfahrung haben und daher sind die Chancen bei Einstellungsrunden natürlich mäßig.
Ich würde an Deiner Stelle sehr früh die Fühler nach einer späteren konkreten Beschäftigungsmöglichkeit ausstrecken und konsequent an einer entsprechenden Qualifikation hierfür arbeiten. Vielleicht kannst Du auf der früheren Ausbildung aufbauen und die gewonnene Erfahrung irgendwie nutzen.
„Willkommen beim kassenärztlichen Servicecenter. Hinweise zum Datenschutz finden Sie unter ElfSechsElfSieben Punkt DeEh Släsch Datenschutz. Wenn Sie in einer lebensbedrohlichen Situation sind, legen Sie bitte jetzt auf und wählen EinsEinsZwei.“
- Ara
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Re: Und die etwas anderen Lebensläufe?
Imo nahezu völlig irrelevant. Gerade auf dem Anwaltsmarkt. Als selbstständiger Anwalt sowies. Klar wird man dann irgendwann mit Ende 40 halt nicht das Gehalt haben, was jemand hat der schon 10 oder 20 Jahre seine Kanzlei etabliert hat, aber das wird sich nach n paar Jahren auch anpassen. Die Mandanten wissen ja in der Regel eh nicht, ob du mit 50 schon 20 Jahre Berufserfahrung hast oder erst 3.
Aber auch als angestellter Anwalt ist es ja nicht so, als würde ich da nun viel Geld in die Einarbeitung als Arbeitgeber stecken. Ein fähiger Anwalt ist innerhalb weniger Wochen auf nem Level der Einarbeitung, dass er mir mehr Geld einbringt als er kostet. Ob er dann noch 5 oder 10 Jahre bei mir arbeitet, ist dann zweitrangig, in beiden Fällen ist er für mich ein Gewinn.
Aber auch als angestellter Anwalt ist es ja nicht so, als würde ich da nun viel Geld in die Einarbeitung als Arbeitgeber stecken. Ein fähiger Anwalt ist innerhalb weniger Wochen auf nem Level der Einarbeitung, dass er mir mehr Geld einbringt als er kostet. Ob er dann noch 5 oder 10 Jahre bei mir arbeitet, ist dann zweitrangig, in beiden Fällen ist er für mich ein Gewinn.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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- Super Mega Power User
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Re: Und die etwas anderen Lebensläufe?
Ist alles richtig und hat seine Berechtigung, was hier gesagt wurde, ich halte es am Ende mit Ara.
Zur Frage nach dem Kennen: Die, die etwas älter sind, es geschafft haben und die ich kenne, sind in den (mitte, späten) 30ern fertig geworden, aber das ist ja nicht so weit weg und die stehen vor ähnlichen Problemen wie du.
Manche Mandanten werden dich frisch angestellt selbst als Berufsanfänger jüngeren und erfahreneren Kolleginnen sofort vorziehen und nach der Einarbeitung merkt sowieso kein Mandant mehr den Unterschied. Arbeiten kannst du gerade als selbstständiger Anwalt, wenn du fit bist, gut und gerne noch 20 Jahre. Manche übertreiben es und sollten mit 92 Jahren vielleicht nicht mehr praktizieren, aber gut, nicht das Thema.
Natürlich wirst du nicht in jedes Team passen, aber wenn du das weißt, intrinsisch ausreichend motiviert bist und dich im Zweifel sogar selbständig machst, kann dir das egal sein.
Dass hier Leute mit 23 fragen, ob sie zu alt sind, muss dich nicht verunsichern. Das könnte auch jemand mit 18 oder 19 gefragt haben, weil er/sie in der 7. Klasse mal sitzenblieb oder nicht mit 5 eingeschult wurde. Sorgen sind denkbar subjektiv.
Jura ist so vielseitig, dass es seinen Beginnern jedes Lebensalter verzeiht.
Zur Frage nach dem Kennen: Die, die etwas älter sind, es geschafft haben und die ich kenne, sind in den (mitte, späten) 30ern fertig geworden, aber das ist ja nicht so weit weg und die stehen vor ähnlichen Problemen wie du.
Manche Mandanten werden dich frisch angestellt selbst als Berufsanfänger jüngeren und erfahreneren Kolleginnen sofort vorziehen und nach der Einarbeitung merkt sowieso kein Mandant mehr den Unterschied. Arbeiten kannst du gerade als selbstständiger Anwalt, wenn du fit bist, gut und gerne noch 20 Jahre. Manche übertreiben es und sollten mit 92 Jahren vielleicht nicht mehr praktizieren, aber gut, nicht das Thema.
Natürlich wirst du nicht in jedes Team passen, aber wenn du das weißt, intrinsisch ausreichend motiviert bist und dich im Zweifel sogar selbständig machst, kann dir das egal sein.
Dass hier Leute mit 23 fragen, ob sie zu alt sind, muss dich nicht verunsichern. Das könnte auch jemand mit 18 oder 19 gefragt haben, weil er/sie in der 7. Klasse mal sitzenblieb oder nicht mit 5 eingeschult wurde. Sorgen sind denkbar subjektiv.
Jura ist so vielseitig, dass es seinen Beginnern jedes Lebensalter verzeiht.