ich weiß ja nicht, ob einer von euch mal versucht hat eine Berufsausübungsgesellschaft bei einer Rechtsanwaltskammer zuzulassen. Das ist gelinde gesagt wirklich kafkaesk. Ich will euch an diesem Abenteuer einmal teilhaben.
Wer es nicht weiß: Seit Ende 2022 müssen sich Berufsausübungsgesellschaft (PartG mbB, GmbH usw...) bei den jeweiligen Kammern zulassen. GbRs müssen dagegen nur angezeigt werden. Die Gesellschaften benötigen alle selbst eine Berufshaftpflichtversicherung.
Den Antrag muss die Gesellschaft selbst im eigenen Namen stellen. Sie erhält ein eigenes beA, es erfolgt aber keine Vereidigung. Die Gesellschaft darf Rechtsdienstleistungen nach der BRAO aber erst anbieten, wenn sie zugelassen wurde.
Es hat sich offenbar keiner Gedanken darüber gemacht, wie das in der Praxis funktionieren soll, gerade wenn ein Statuswechsel erfolgen soll. Der Ablauf einer Umwandlung einer GbR in zB eine PartG mbB ist wie folgt:
1. Gesellschafterbeschluss, dass die GbR den Statuswechsel zu einer PartG mbB durchführen will.
2. Umwandlung der Berufshaftpflichtversicherung der GbR auf die PartG mbB (idR Erhöhung).
3. Eintragung der PartG mbB im Partnerschaftsregister durch den Notar unter Vorlage des Versicherungsnachweises
4. Zulassungsantrag bei der RAK.
Bei Stufe 2 gibt es schon die ersten Probleme: Wenn die Berufshaftpflichtversicherung umgestellt wird, dann wird eine PartG versichert, die noch nicht existiert und die GbR selbst ist nicht mehr versichert. Bereits in der mangelnden GbR-Versicherung liegt eigentlich ein Verstoß gegen das Berufsrecht vor. Ganz genau genommen müsste man daher tatsächlich parallel zwei Versicherungen laufen haben, da die Eintragung in Schritt 3 bereits eine laufende Versicherung benötigt.
In Schritt 3 geht man dann zum Notar und lässt sich in das Partnerschaftsregister eintragen. Die Eintragung ist konstitutiv und der Statuswechsel erfolgt erst mit der Eintragung in das Register. Hier tritt das erste Problem auf: Die Versicherungsgesellschaft teilt der RAK mit, dass eine Versicherung für die PartG mbB abgeschlossen wurde. Ihr glaubt gar nicht wie schnell wir hier Post von der Kammer mit Fristsetzung und jeglicher Zwangsandrohung hatten, warum kein Zulassungsantrag der PartG mbB vorliegt. Das Schreiben war zum Glück an die PartG gerichtet, sodass man freundlich darauf hinweisen konnte, dass der angesprochene Adressat noch gar nicht existent ist und sich daher auch nicht zulassen kann (für die Zulassung ist nämlich nicht nur die Existenz der Gesellschaft sondern auch die Nummer aus dem Partnerschaftsregister notwendig).
Bei Stufe 4 wird es nun aber wirklich abstrus. Bereits der ganze Zulassungsantrag ist ein Abenteuer. Es werden nicht nur ein Haufen unnützer Daten abgefragt (zB die Privatanschrift der Gesellschafter), sondern es müssen auch alle Gesellschafter eigenhändig unterschreiben. Bereits das kann bei einer Großkanzlei sehr lustig sein. Nun wirds aber noch besser: Es muss eine Legitimation der Unterschrift erfolgen, meint zumindest die RAK. Warum? Weiß man nicht. Im Gesetz steht das nicht.
Man kann nun also entweder alle Gesellschafter zum Notar schleppen oder, und das ist kein Scherz, JEDER Gesellschafter schickt aus seinem beA ein formloses Schreiben "Hiermit stelle ich ebenfalls den Antrag auf Zulassung der Gesellschaft vom XX.XX.2024". Dies auch bei einer Gesellschaft, bei der jeder Gesellschaft Einzelvertretungsbefugnis hat, was auch im Partnerschaftsregister hinterlegt ist. Interessiert die Kammer nicht.
Hat man diese Hürde genommen, erfährt man, dass die durchschnittliche Zulassungsdauer !3 Monate! dauert. Vor erfolgter Zulassung darf die Gesellschaft nicht nach außen Rechtsdienstleistungen anbieten. Die ständige Rechtsprechung vom BGH verlangt jedoch, dass eine Gesellschaft nach außen ihre Rechtsform kommunizieren muss, sonst liegt ein Verstoß gegen das UWG vor. Das heißt die PartG darf auch nicht als die bisherige GbR nach außen auftreten. Wenn man daher das Gesetz genau nimmt, müsste die Kanzlei nun für 3 Monate den Betrieb einstellen, da die (nunmehr unversicherte) GbR nicht mehr existiert und die PartG noch nicht zugelassen ist.
Achso ein beA-Fach kriegt die PartG ebenfalls. Dies wird freigeschaltet, sobald die PartG von der Kammer zugelassen wurde. Die Karte kann aber erst ab dem Tag bestellt werden. Das heißt auch hier tritt das gleiche Problem auf, wie bei der Zulassung von "Neuanwälten", dass per beA zugestellt werden kann, aber noch kein Zugriff auf das Konto besteht. Das ist hier aber noch dramatischer, weil es ja laufende Mandate gibt und daher tatsächlich mit Zustellungen zu rechnen ist. Die Gerichte finden das ja einfach in ihrem System und stellen dann zu.
Die ganze Prozedur kann man wirklich nur mit viel viel Alkohol ertragen. Es gibt halt seit 1 1/2 Jahren keine Möglichkeit berufsrechtskonform solch einen Statuswechsel durchzuführen und es interessiert offenbar auch niemanden.
Zumindest kann nach diesem ganzen Prozess aber die Kammer endlich die Berufsaufsicht auch gegenüber den Gesellschaftern ausüben und nicht nur gegenüber den einzelnen Gesellschafter... Sehr wichtig.
