Revisionsbegründung

Straf-, Strafprozeß- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie Kriminologie

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Zarengold
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Revisionsbegründung

Beitrag von Zarengold »

Ich habe eine Frage zur Rechtsprechung des LG Nürnberg-Fürth, 24.07.2024 - 19 Ks 113 Js 2 85245/22.

Es geht um den relativ medienwirksamen Fall der verschwundenen schwangeren Alexandra R. in Nürnberg vom 09.12.2022.
Die zwei Tatverdächtigen wurden ohne Leiche in einem Indizienprozess wegen Mordes zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt.

https://www.br.de/nachrichten/bayern/mo ... gt,UIsH3VL
https://www.het-forum.de/viewtopic.php?t=1343

Nun sind Indizienprozesse keine Seltenheit, und die Urteilsfindung unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung der Kammer.

Im hier vorliegenden Fall ist jedoch bemerkenswert, dass eine Reihe von Indizien im Rahmen des Prozesses de facto eliminiert wurden, z.B. Aufzeichnungen mehrerer Überwachungskameras, auf denen die Tatverdächtigen zu sehen sein sollen, aber laut Gutachterin im Pixelbrei nicht zu erkennen sind. Oder von Hunden wahrgenommene Spuren des Opfers und der Tatverdächtigen im Freien etwa 7 Monate nach der Tat, wo Gutachter sich dahingehend äußerten, dass solche Spuren bereits nach 48 Stunden nicht mehr aussagekräftig seien und die Reaktionen des Hundes nur noch vom Hundeführer interpretiert würden bzw. der Hund umgekehrt durch dessen Erwartungshaltung beeinflusst wird.

Nichtsdestoweniger spielten diese Indizien in der öffentlichen Urteilsbegründung eine Rolle. Bemerkenswert ist auch, dass einer der Tatverdächtigen um 9 Uhr morgens im fränkischen Schwabach-Limbach von obiger Kamera aufgezeichnet worden sein soll, danach das Opfer nach Hilpoltstein in eine Halle verbracht und getötet haben soll und sein Fahrzeug, ein mintgrüner Twingo, im oberbayrischen Oberhasling zwischen 10:45 und 11:00 Uhr von einem Zeugen aus dessen Küchenfenster beobachtet wurde. Dieser hatte zwar einen weißen Twingo gesehen und das Kennzeichen nicht erkannt, jedoch akzeptierte das Gericht die Sichtung, da der Twingo auf Fotos weiß wirke.

https://www.polizei.bayern.de/aktuelles ... index.html

Laut Google Maps beträgt die Fahrzeit zwischen Limbach und Oberhasling mindestens 2:15h, das Fahrzeug hätte selbst bei besten Straßenverhältnissen und ohne zwischenzeitlichen Mord nicht vor 11:15 Uhr dort ankommen können.

Nun zur Frage: unterliegen diese Einschätzungen wirklich noch alle der freien richterlichen Beweiswürdigung nach §261 StPO?
Und würde im Rahmen einer wahrscheinlichen Revision diese Beweiskette tatsächlich nicht überprüft, sondern nur das formale Allgemeinvorgehen gemäß §545 StPO?

Denn wo sonst könnte die Verteidigung noch anbringen, dass die Urteilsfindung und Begründung selbst bei der Verlesung für erstaunte Gesichter im Saal sorgte?
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thh
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Re: Revisionsbegründung

Beitrag von thh »

Zarengold hat geschrieben: Montag 29. Juli 2024, 12:25Ich habe eine Frage zur Rechtsprechung des LG Nürnberg-Fürth, 24.07.2024 - 19 Ks 113 Js 2 85245/22.
Zarengold hat geschrieben: Montag 29. Juli 2024, 12:25Nichtsdestoweniger spielten diese Indizien in der öffentlichen Urteilsbegründung eine Rolle.
Die mündliche Urteilsbegründung ist rechtlich weitgehend irrelevant (und wird in der Presse, wie andere Sachverhalte auch, eher zufällig einmal richtig wiedergegeben). Entscheidend sind allein die schriftlichen Urteilsgründe, die hier mit Sicherheit noch nicht abgesetzt sein können. Bisher weiß also niemand, ob und welche Rolle diese Sachverhalte in der Beweiswürdigung spielen.
Zarengold hat geschrieben: Montag 29. Juli 2024, 12:25Und würde im Rahmen einer wahrscheinlichen Revision diese Beweiskette tatsächlich nicht überprüft, sondern nur das formale Allgemeinvorgehen gemäß §545 StPO?
Auf die allgemeine Sachrüge wird auch die Beweiswürdigung überprüft.
Zarengold hat geschrieben: Montag 29. Juli 2024, 12:25Denn wo sonst könnte die Verteidigung noch anbringen, dass die Urteilsfindung und Begründung selbst bei der Verlesung für erstaunte Gesichter im Saal sorgte?
Das ist völlig irrelevant.
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