Alter ihr lauft doch beide nicht mehr rund oder ^^? Ich werf mal dazu ein, dass die Angabe des Berufes in aller Regel völlig belanglos ist. Interessant ist meist das Einkommen. Der berufliche Werdegang an sich kann interessant sein, um die richtige Rechtsfolge bei Bewährungsbeschlüssen rauszusuchen.
Die Angabe zum Beruf in § 111 OWiG kommt doch noch aus einer Zeit als Leute Berufe noch ihr ganzes Leben ausgeübt haben. Da war es zur Identifizierung der Person durchaus sinnvoll auch den Beruf angeben zu müssen. Heute ist es für die Identifizierung überflüssig. Ich frage nach dem Beruf, wenn ich mir Angaben zur Person am Ende der Verhandlung geben lasse. Wenn der Angeklagte dazu nichts sagen will, von mir aus. Sein Einkommen kann ich schätzen, was ich in solchen Fällen regelmäßig sehr großzügig tue (Sie sind Bauunternehmer? Alles klar 90.000 €Jahreseinkommen it is) Wer nicht sagt, dass er Bürgergeld bezieht, erzielt im Zweifel Mindestlohn, § 40 Abs. 3 StGB lässt das alles zu. Dazu keine Angaben zu machen ist ... gefährlich.
In einer MiStra nach Nummer 16 Arbeitgeber Info?
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Re: In einer MiStra nach Nummer 16 Arbeitgeber Info?
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Re: In einer MiStra nach Nummer 16 Arbeitgeber Info?
Es geht nicht um die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am Ende der HV (Angabe zur Sache). Es geht um die Identifizierung des Angeklagten vor der Anklageverlesung nach § 243 Abs. 2 S. 2 StPO. Das heißt sogar noch vor der Belehrung.Strich hat geschrieben: ↑Dienstag 27. August 2024, 18:59 Alter ihr lauft doch beide nicht mehr rund oder ^^? Ich werf mal dazu ein, dass die Angabe des Berufes in aller Regel völlig belanglos ist. Interessant ist meist das Einkommen. Der berufliche Werdegang an sich kann interessant sein, um die richtige Rechtsfolge bei Bewährungsbeschlüssen rauszusuchen.
Die Angabe zum Beruf in § 111 OWiG kommt doch noch aus einer Zeit als Leute Berufe noch ihr ganzes Leben ausgeübt haben. Da war es zur Identifizierung der Person durchaus sinnvoll auch den Beruf angeben zu müssen. Heute ist es für die Identifizierung überflüssig. Ich frage nach dem Beruf, wenn ich mir Angaben zur Person am Ende der Verhandlung geben lasse. Wenn der Angeklagte dazu nichts sagen will, von mir aus. Sein Einkommen kann ich schätzen, was ich in solchen Fällen regelmäßig sehr großzügig tue (Sie sind Bauunternehmer? Alles klar 90.000 €Jahreseinkommen it is) Wer nicht sagt, dass er Bürgergeld bezieht, erzielt im Zweifel Mindestlohn, § 40 Abs. 3 StGB lässt das alles zu. Dazu keine Angaben zu machen ist ... gefährlich.
Das ist schlicht falsch... Weder ist dies eine Ordnungswidrigkeit, noch berechtigt die Verweigerung der Angabe zu "Ermittlungen". Beides setzt nämlich voraus, dass der Beruf für die Identifizierung des Angeklagten notwendig ist. Wann soll dies der Fall sein?thh hat geschrieben: ↑Dienstag 27. August 2024, 17:24 Nein, das darf er nur dann, wenn der Beruf für die Schuldfrage von Bedeutung ist - primär also nur bei Amtsdelikten. Wir fassen also richtig zusammen, dass der Angeklagte seinen Beruf angeben muss und ansonsten eine Ordnungswidrigkeit begeht. (Ausnahmen sind für die Praxis[tm] nicht relevant.)
Und ja, der Beruf wird hier[tm] in der Praxis[tm] routinemäßig abgefragt, mit Abweichungen in der konkreten Ausprägung ("Was machen Sie beruflich? Haben Sie einen Beruf erlernt? ..."). Zumeist wird er bereits durch die Polizei erfasst.
Ausweichende Angaben zum Beruf oder eine explizite Weigerung sind übrigens ein schöner Anlass, dazu konkrete Ermittlungen anzustellen, um dann ggf. bestehenden Mitteilungspflichten nachzugehen ...
"Haben Sie einen Beruf erlernt" ist übrigens wohl unstrittig unzulässig, weil § 111 OWiG nur den aktuelle Beruf meint und nicht den "erlernten Beruf".
Übrigens bringt es dir auch gar nichts. Nach ganz ständiger Rechtsprechung sind die Angaben zu den persönlichen Verhältnissen sowieso unverwertbar, wenn der Angeklagte die spätere Aussage verweigert. Dies allein schon mangels Belehrung.
Insoweit empfehle ich auch mal 13 und 14 RistBV. Es ist kein Zufall, dass 13 RiStBV den Beruf nicht aufzählt, sondern diesen in 14 RiStBV bei den wirtschaftlichen Verhältnissen aufgezählt wird.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: In einer MiStra nach Nummer 16 Arbeitgeber Info?
Der Gesetzgeber des § 111 OWiG hat nun einmal die gesetzliche Wertung vorgenommen, dass - vorausgesetzt, jemand ist zur Angabe persönlicher Daten verpflichtet, was im Strafverfahren gegenüber der StA oder ihren Hilfspersonen der Fall ist - zu diesen Daten auch der Beruf gehört. Aus Sicht des Gesetzgebers gehört dieser Beruf ebenso zu den persönlichen Umständen, die einen Menschen eindeutig identifizieren, wie Name, Geburtsdatum oder Geburtsort. Das mag man veraltet finden, das mag man überflüssig finden, das mag in der Praxis nicht immer angewendet werden, aber die Entscheidung des Gesetzgebers ist doch eindeutig genug, um es nicht mehr mit dem Argument „Wozu dient das?“ zu hinterfragen. Der Gesetzgeber hätte das auch alles anders regeln können. Er könnte auch auf die Angabe von Namen und Geburtsdatum verzichten und die Identifikation stattdessen über, sagen wir, die Steuer-ID oder eine sonstige lebenslang konstante Nummer vornehmen. Das hat er aber nicht getan und verlangt stattdessen nach alter Väter Sitte eine Identifizierung über persönliche Umstände, zu denen er eben auch den Beruf zählt (übrigens auch den Familienstand, wo man die Frage nach der Relevanz für die Identifizierung noch viel eher stellen könnte).Ara hat geschrieben: ↑Mittwoch 28. August 2024, 22:48 Das ist schlicht falsch... Weder ist dies eine Ordnungswidrigkeit, noch berechtigt die Verweigerung der Angabe zu "Ermittlungen". Beides setzt nämlich voraus, dass der Beruf für die Identifizierung des Angeklagten notwendig ist. Wann soll dies der Fall sein?
Dass im Einzelfall der Beruf für die Schuldfrage von Bedeutung sein kann und dann auch dem Verweigerungsrecht wegen nemo tenetur unterliegt, mag sein. Aber zwangsläufig oder auch nur „regelmäßig“ ist das doch nicht der Fall. Wenn der Verwaltungsbeamte in seiner Freizeit besoffen Auto fährt, welche Bedeutung soll dann sein Beruf für die Schuldfrage nach § 316 StGB haben?
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."
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Re: In einer MiStra nach Nummer 16 Arbeitgeber Info?
@Schnitte: Verfassungsrecht sticht einfaches Recht. Eine Sanktionierung nach § 111 OWiG ist nur verhältnismäßig wenn die Angaben nach dem Sinn und Zweck (Identitätsfeststellung) erforderlich sind. Sind die Personalien bekannt oder bestehen keine Zweifel hinsichtlich der Identität, ist eine Verweigerung nicht zu sanktionieren.
Der BGH dazu zum Beispiel:
Nemo-Tenetur betrifft ja auch die Strafzumessung und zwar egal ob man sie wie in Deutschland aus der Menschenwürde ableitet oder wie der EGMR als Prozessgrundsatz einstuft. Der Beruf kann daher immer für die Strafzumessung (Bewährung ja/nein, Höhe der Tagessätze usw...) relevant sein. Alles was über die bloße Identitätsfeststellung hinausgeht, sind Angaben zur Sache. Das ist außerhalb dieses Threads auch denke ich in der Praxis unstreitig.Schnitte hat geschrieben: ↑Donnerstag 29. August 2024, 16:16 Dass im Einzelfall der Beruf für die Schuldfrage von Bedeutung sein kann und dann auch dem Verweigerungsrecht wegen nemo tenetur unterliegt, mag sein. Aber zwangsläufig oder auch nur „regelmäßig“ ist das doch nicht der Fall. Wenn der Verwaltungsbeamte in seiner Freizeit besoffen Auto fährt, welche Bedeutung soll dann sein Beruf für die Schuldfrage nach § 316 StGB haben?
Der BGH dazu zum Beispiel:
BGH (5. Strafsenat), Urteil vom 24.10.2018 - 5 StR 229/18 hat geschrieben:Denn über die bloße Identitätsfeststellung hinausgehende Angaben eines Angeklagten zu seinem Werdegang, seinem Vorleben oder seinen wirtschaftlichen Verhältnissen sowie zu sonstigen Umständen, die für die Beurteilung der Tat und den Rechtsfolgenausspruch von Bedeutung sein können, gehören zu der von der Aussagefreiheit erfassten Vernehmung zur Sache im Sinne des § 243 Abs. 5 Satz 2 StPO und nicht - wie dies der Wortlaut des § 243 Abs. 2 Satz 2 StPO auf den ersten Blick nahezulegen scheint - zur Vernehmung des Angeklagten über seine persönlichen Verhältnisse
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: In einer MiStra nach Nummer 16 Arbeitgeber Info?
Klar geht Verfassungsrecht vor, aber ist § 111 OWiG nicht eine innerhalb des gesetzgeberischen Beurteilungsspielraums bleibende und daher legitime Konkretisierung dessen, was nach Ansicht des Gesetzgebers zur Identifikation einer natürlichen Person dazugehört? Der Gesetzgeber darf auch entscheiden, welche Daten in den Personalausweis und Reisepass einzutragen sind und welche nicht. Auch da fangen wir jetzt nicht an, im Einzelfall zu hinterfragen, welche dieser Daten zur Identifizierung nötig sind und welche nicht. Es geht hier um die Ausgestaltung von Verfahren vor staatlichen Behörden, da steht dem Gesetzgeber ein zwar nicht unbegrenzter, aber doch weiter Beurteilungsspielraum zu. Wenn er dabei meint, dass zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person auch der Beruf gehört, und deswegen in § 111 OWiG hineinschreibt, dass die Behörde daher auch nach dem Beruf fragen darf, dann ist das m.E. nicht unverhältnismäßig (ungeeignet/nicht erforderlich/unverhältnismäßig i.e.S.), dass daraus eine Verfassungswidrigkeit folgt.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."
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Re: In einer MiStra nach Nummer 16 Arbeitgeber Info?
Dieses Argument setzt voraus, dass der Beruf für die Strafzumessung relevant ist. Das mag er im Einzelfall sein, aber dass das immer zutreffen soll, geht dann doch zu weit und geht m.E. auch nicht aus dem zitierten BGH-Urteil hervor (weil der BGH in seiner Argumentation die Rechtsfolgenrelevanz voraussetzt, anstatt sie zu konstatieren). Wird der Bäcker bei der Strafzumessung wegen eines Verkehrsdelikts anders behandelt als der Friseur oder der Verwaltungsinspektor?Ara hat geschrieben: ↑Donnerstag 29. August 2024, 22:30 Nemo-Tenetur betrifft ja auch die Strafzumessung und zwar egal ob man sie wie in Deutschland aus der Menschenwürde ableitet oder wie der EGMR als Prozessgrundsatz einstuft. Der Beruf kann daher immer für die Strafzumessung (Bewährung ja/nein, Höhe der Tagessätze usw...) relevant sein.
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Re: In einer MiStra nach Nummer 16 Arbeitgeber Info?
Schnitte hat geschrieben: ↑Freitag 30. August 2024, 11:00Klar geht Verfassungsrecht vor, aber ist § 111 OWiG nicht eine innerhalb des gesetzgeberischen Beurteilungsspielraums bleibende und daher legitime Konkretisierung dessen, was nach Ansicht des Gesetzgebers zur Identifikation einer natürlichen Person dazugehört? Der Gesetzgeber darf auch entscheiden, welche Daten in den Personalausweis und Reisepass einzutragen sind und welche nicht. Auch da fangen wir jetzt nicht an, im Einzelfall zu hinterfragen, welche dieser Daten zur Identifizierung nötig sind und welche nicht. Es geht hier um die Ausgestaltung von Verfahren vor staatlichen Behörden, da steht dem Gesetzgeber ein zwar nicht unbegrenzter, aber doch weiter Beurteilungsspielraum zu. Wenn er dabei meint, dass zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person auch der Beruf gehört, und deswegen in § 111 OWiG hineinschreibt, dass die Behörde daher auch nach dem Beruf fragen darf, dann ist das m.E. nicht unverhältnismäßig (ungeeignet/nicht erforderlich/unverhältnismäßig i.e.S.), dass daraus eine Verfassungswidrigkeit folgt.
Kann man sicherlich vertreten, ist aber gegen h.M. und Rechtsprechung, die zumindest sagt, es fehlt an der verfassungsrechtlich geboten Erforderlichkeit, wenn die Daten für den Zweck der Norm nicht benötigt werden. Überzeugt mE auch, weil es dann reine Förmelei ist.
Die Schätzung der Tagessatzhöhe fällt bei einem Friseur anders aus als bei einem Verwaltungsinspektor. Auch für die Frage der Bewährung oder nicht, wird es relevant sein, ob jemand einen Beruf hat oder nicht.Schnitte hat geschrieben: ↑Freitag 30. August 2024, 11:09Dieses Argument setzt voraus, dass der Beruf für die Strafzumessung relevant ist. Das mag er im Einzelfall sein, aber dass das immer zutreffen soll, geht dann doch zu weit und geht m.E. auch nicht aus dem zitierten BGH-Urteil hervor (weil der BGH in seiner Argumentation die Rechtsfolgenrelevanz voraussetzt, anstatt sie zu konstatieren). Wird der Bäcker bei der Strafzumessung wegen eines Verkehrsdelikts anders behandelt als der Friseur oder der Verwaltungsinspektor?Ara hat geschrieben: ↑Donnerstag 29. August 2024, 22:30 Nemo-Tenetur betrifft ja auch die Strafzumessung und zwar egal ob man sie wie in Deutschland aus der Menschenwürde ableitet oder wie der EGMR als Prozessgrundsatz einstuft. Der Beruf kann daher immer für die Strafzumessung (Bewährung ja/nein, Höhe der Tagessätze usw...) relevant sein.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11