Einordnung des Prüfungspunktes der Fälligkeit in zivilrechtlichen Anspruchsprüfungen

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Ambitiosus_Advocatus
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Einordnung des Prüfungspunktes der Fälligkeit in zivilrechtlichen Anspruchsprüfungen

Beitrag von Ambitiosus_Advocatus »

Liebe Jurawelt-Community,

ich bearbeite gerade einen werkvertraglichen Fall, wo es um die Streitigkeit hinsichtlich der Vergütung nach §631 I BGB geht.

Im Rahmen dieser Bearbeitung hat sich mir - erneut - eine Problemstellung aufgedrängt: wo wird grundsätzlich der Prüfungspunkt der Fälligkeit geprüft ?

Einerseits erscheint eine Prüfung im Rahmen der rechtshemmenden Einreden - d.h. als eine dilatorische Einrede - sinnvoll. Dies lasst sich damit begründen, dass der Schuldner (hier: Werkbesteller) sich auf die Rechtstatsache der Fälligkeit stützen kann, um einen Anspruch nicht mit sofortiger Wirkung nachzukommen.

Anderseits ist die Fälligkeit eine Entstehungsfrage. Denn wo ein werkvertraglicher Vergütungsanspruch nach §631 I BGB noch gar nicht fällig ist, so ist er noch nicht vollständig entstanden.

Für etwaige, nicht dem Gebot der juristischen Präzision entsprechende Begrifflichkeiten oder Außagen bitte ich um Verständnis.

Ich wollte - der Verständlichkeits halber - die Frage so einfach wie möglich stellen.
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jona7317
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Re: Einordnung des Prüfungspunktes der Fälligkeit in zivilrechtlichen Anspruchsprüfungen

Beitrag von jona7317 »

Fälligkeit ist eine Frage der Durchsetzbarkeit, ist also auch dort - nach der Anspruchsentstehung - zu prüfen.
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Schnitte
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Re: Einordnung des Prüfungspunktes der Fälligkeit in zivilrechtlichen Anspruchsprüfungen

Beitrag von Schnitte »

Ja, Durchsetzbarkeit. Entstehung wäre falsch, denn der noch nicht fällige Anspruch ist durchaus bereits entstanden (sonst wäre er ja bspw. nicht abtretbar, was er aber ist).
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen…verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

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Re: Einordnung des Prüfungspunktes der Fälligkeit in zivilrechtlichen Anspruchsprüfungen

Beitrag von Schnitte »

Da muss ich bei meinem Argument teilweise zurückrudern. Da auch zukünftige und bedingte Forderungen abtretbar sind, ist die Abtretbarkeit einer noch nicht fälligen Forderung kein zwingendes Argument. Trotzdem bleibt es im Ergebnis dabei: Eine Forderung kann durchaus bereits entstanden, aber noch nicht fällig sein; die Fälligkeit ist eine Frage der Durchsetzbarkeit.
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Re: Einordnung des Prüfungspunktes der Fälligkeit in zivilrechtlichen Anspruchsprüfungen

Beitrag von Torsten Kaiser »

Ein Blick in den Kommentar vermag viel, wenn er ernstlich ist.

MüKo § 271 BGB Rn. 38:

Dem Schuldner obliegt die Darlegungs- und Beweislast für alle die Umstände, die dem in Abs. 1 geregelten Grundsatz der sofortigen Fälligkeit entgegenstehen.
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Re: Einordnung des Prüfungspunktes der Fälligkeit in zivilrechtlichen Anspruchsprüfungen

Beitrag von Schnitte »

Das stimmt natürlich, beantwortet aber die Frage nicht. Bei den die Durchsetzbarkeit des Anspruchs betreffenden Einreden hat der Schuldner die Beweislast für das Bestehen der Einrede, ebenso bei den (unter dem Prüfungspunkt Erloschen anzusprechenden) rechtsvernichtenden Einwendungen (Bsp.: Erfüllung).
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Strich
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Re: Einordnung des Prüfungspunktes der Fälligkeit in zivilrechtlichen Anspruchsprüfungen

Beitrag von Strich »

Richtig, denn prozessual gibt es keinen Unterschied zwischen Einwendungen und Einreden ;-)
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
- Daria -

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