Liebe Jura-Welt Community,
ich hätte eine leistungstörungsrechtliche Wertungsfrage.
Folgende Situation: §275 IV BGB verweist auf die Schadensersatz - und Rücktrittsnormen.
Diese Rechtsgrundsverweisung bezieht sich - systematisch - auch auf §275 III BGB.
Dabei handelt es sich denjenigen Absatz des §275 BGB, der die persönliche Unzumtbarkeit normiert.
Problematisch ist jedoch, dass in den meisten Lehrbuchbeispielen (Risiko einer Strafe bei Militärdienstverweigerung als ausländischer Betriebsarbeiter, alleinerziehende Opernsängerin, die sich um ihr schwerkrankes Kind zu kümmern hat, Wahrnehmung eines verpflichtenden Gerichtstermins, usw.) der "moralisch reine" Schuldner Adressat eines Schadensersatzanspruches wird.
Einerseits soll also der Schuldner aufgrund Unzumutbarkeit von der Leistungspflicht befreit werden aber anderseits auch im Nachhinein geahndet werden.
Ergibt sich hier kein Wertungswiderspruch ? Oder besteht eine Korreturmöglichkeit durch §242 BGB ?
Mit freundlichen Grüßen.
Wertungsfrage: Bestehen eines Schadenersatzanspruches trotz persönlicher Unzumutbarkeit ?
Moderator: Verwaltung
- Ambitiosus_Advocatus
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Wertungsfrage: Bestehen eines Schadenersatzanspruches trotz persönlicher Unzumutbarkeit ?
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Re: Wertungsfrage: Bestehen eines Schadenersatzanspruches trotz persönlicher Unzumutbarkeit ?
Die Irritation ist zwar nicht völlig abwegig. Allerdings ist die Frage, warum denn der Gläubiger, der nichts damit zu tun hat, plötzlich einen Schaden tragen muss wegen eines Umstandes, der allein im Risikobereich der Schuldnerin liegt?
Im Beispiel der Opernsängerin mit dem erkrankten Kind: Die Oper wird regelmäßig die Opernsängerin für eine Veranstaltung gebucht haben, für die Tickets verkauft wurden, ggf. Werbekampagnen betrieben wurden und etwas Räumlichkeiten angemietet oder eigene Räumlichkeiten dafür vorgesehen wurden. Wenn die Opernsängerin jetzt am Veranstaltungstag kurzfristig mitteilt, dass sie wegen des erkrankten Kindes nicht leisten könne/werde, dann sind dem Veranstalter trotzdem die Kosten für Räumlichkeiten, Werbung etc. entstanden. Außerdem wird der Veranstalter selbst Rückzahlungsansprüchen der Ticketerwerber ausgesetzt sein.
Im Beispiel der Opernsängerin mit dem erkrankten Kind: Die Oper wird regelmäßig die Opernsängerin für eine Veranstaltung gebucht haben, für die Tickets verkauft wurden, ggf. Werbekampagnen betrieben wurden und etwas Räumlichkeiten angemietet oder eigene Räumlichkeiten dafür vorgesehen wurden. Wenn die Opernsängerin jetzt am Veranstaltungstag kurzfristig mitteilt, dass sie wegen des erkrankten Kindes nicht leisten könne/werde, dann sind dem Veranstalter trotzdem die Kosten für Räumlichkeiten, Werbung etc. entstanden. Außerdem wird der Veranstalter selbst Rückzahlungsansprüchen der Ticketerwerber ausgesetzt sein.
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Re: Wertungsfrage: Bestehen eines Schadenersatzanspruches trotz persönlicher Unzumutbarkeit ?
Kein Wertungswiderspruch, denn nur weil die eigen Pflichterfüllung unmöglich wird, ist man ja nicht automatisch der "good guy". Stell dir vor, der Schuldner der unmöglichen Pflicht hat diese Unmöglichkeit zu vertreten, währe da eine "Ahndung" wie du es formulierst nicht sogar wertungsmäßig zwingend nötig?
Und dafür gibt es § 275 IV BGB.
Hope that helps.
Liebe Grüße,
TK
Und dafür gibt es § 275 IV BGB.
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TK