foxyloxy hat geschrieben: ↑Dienstag 1. Oktober 2024, 13:34
Hallo zusammen,
ist eine Entwidmung eines Schlüssel gegeben, wenn der Tod der berechtigten Person vermutet wird? Bspw.: Ich erhalte einen Reserveschlüssel von meinem Bruder. Sein Tod wird nur vermutet. Würde ich mich wegen Hausfriedensbruch strafbar machen, wenn ich mir mit dem Schlüssel Zutritt verschaffe? (wenn seine Frau nichts von dem Reserveschlüssel weiß)
Also wäre der Schlüssel dann ein falscher?
Ich wurde bei meiner Recherche leider nicht fündig. Wie würdet ihr das werten?
Hi, vielleicht ein bissl spät, aber hier mal meine Gedanken dazu:
Ob ein Hausfriedensbruch gem. § 123 I StGB vorliegt, ist davon abhängig, ob ein widerrechtliches Eindringen vorliegt. Hier muss man schauen, dass ggf. zwei getrennt voneinander bestehende Hausrechte bestehen. Für ein Eindringen, ob nun mit gewidmeten Schlüssel oder nicht, ist lediglich relevant, ob der Täter körperlich in das Tatobjekt - hier Wohnung - hineingelangt. Das Wie des Eindringens ist damit nicht maßgeblich.
Das Merkmal der Widerrechtlichkeit ist strittig. Hier kommt es drauf an, ob ohne den Willen des Berechtigten (Hausrechtsinhabers) eingedrungen worden ist (eA) oder gegen dessen Willen. Die herrschende Meinung stellt auf den mutmaßlichen Willen des Berechtigten ab. Damit ergibt sich hier folgendes Problem:
Stellst du auf die Überlassung (vom Bruder) des hier "richtigen Schlüssels" ab, der ist auch nicht entwidmet worden (darauf kommt es an; sein Verschollensein ändert nichts an der Widmung), und damit auf den mutmaßlichen Willen, (kenne den SV nicht genau) würde man die Widerrechtlichkeit wohl verneinen (Was hätte er wohl gesagt?)
Nun ist aber folgendes zu beachten: Du könntest aber das Hausrecht der Frau verletzt haben. Für die Frage des Hausrechts kommt es nicht darauf an, wer Eigentümer oder Mietpartei ist, insofern hätte die Frau auch dann ein Hausrecht, wenn sie nicht selbst Mietpartei ist (Ehewohnung). Ggf. würde sie aber ohnehin gem. § 563 I BGB zur Mietpartei werden, wenn der Ehemann tot ist. Da er nicht tot ist, könnte man diskutieren, wenn der jetzt aber tatsächlich im Rechtssinne als verschollen gilt, ob das dem gleich steht. So gilt aber gem. § 10 VerschG die Vermutung, dass solange der nicht für tot erklärt worden ist, die Person noch lebt.
Damit bliebe die Frage, wie es sich auswirkt, dass der Bruder ggf. zustimmte und es somit an der Widerrechtlichkeit fehlte und die Frau dies nun nicht weiß. Ich würde jetzt aus dem Bauch heraus sagen, da der Bruder ja verschollen ist, dass das einer räumlichen Trennung quasi entspricht. Damit hätte sie das alleinige Hausrecht über die Wohnung und somit wäre für die Bejahung der Widerrechtlichkeit nur ihr Wille und oder mutmaßlicher Wille maßgeblich. Eine mutmaßliche Einwilligung seinerseits wäre damit auf jeden Fall unbeachtlich.
Jedenfalls haben beide separat ein eigenes Hausrecht.
Das OLG Hamm sieht das ähnlich und meint, dass es darauf ankommt, ob dem anderen einen Teil die Gestattung quasi zuzumuten ist (OLG Hamm, Urteil vom 20. 1. 1955 - (2) Ss 1554/54). Ich würde sagen, dass wenn der Bruder erkennbar verschollen war, dass diese Schlüsselüberlassung ihr gegenüber nicht zu einer Duldungspflicht führt.
Tatbestandlich kommt es natürlich drauf an, was du gedacht hast. Das ist eine komplexe Rechtsfrage, insofern kannst du dich in einem Tatbestandsirrtum gem. § 16 I 1 StGB befunden haben. Hier ist aber zu schauen, ob ein unbeachtlicher Subsumtionsirrtum vorlag oder ein normativer Tatbestandsirrtum. Ein solcher liegt vor, wenn die Vorstellung des Täters vom Merkmal der Widerrechtlichkeit in seiner Laienssphäre falsch war. Dann ist er beachtlich. Es kommt nur darauf an, ob der Täter den sozialen Bedeutungsgehalt richtig erfasst hat. Ansonsten ist das ein unbeachtlicher Subsumtionsirrtum. Beispiel hier: Wenn du gedacht hättest, dass die Überlassung des Schlüssels dich dazu berechtigt, das ggf. für möglich gehaltene bestehende Hausrecht der Ehefrau zu brechen, so wäre das rechtlich falsch. Du hättest ja den Bedeutungsgehalt richtig erfasst, es nur falsch gewertet (Subsumtionsirrtum: Wertungsfehler über das Erlaubtsein).
(3) Weder eine tatsächliche Einwilligung oder mutmaßliche Einwilligung der Frau läge vor.
(4) Hier kannst du fragen, ob ein Erlaubnistatbestandsirrtum vorlag, ist aber nicht der Fall, ggf. war es ein Verbotsirrtum. Der Verbotsirrtum beruht im Kern auf Fahrlässigkeit. Aus meiner Sicht ist so eine Situation vermeidbar gem. § 17 Satz 2 StGB.
Also ich würde wohl eine Strafbarkeit bejahen. Es kommt aber auf einen Strafantrag nach § 123 II StGB an.
Naja, ist das jetzt ein Klausurfall? Oder wo kommt der her?